Der Waldläufer. Gabriel Ferry
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Arechiza zog die Augenbrauen zusammen, und sein schwarzer Schnurrbart sträubte sich auf seiner Oberlippe.
Cuchillo beendete seinen Satz nicht; er hatte vielmehr begriffen, daß er das, was er wissen konnte, verschweigen mußte, und diese Art von Mitschuld gab ihm seine natürliche Sicherheit wieder. »Ein Name ist in meinen Augen wie ein Schlachtpferd«, sagte er unverschämt; »man wechselt, sobald es unter einem getötet ist.«
Cuchillo gehörte wirklich zu jenen Leuten, die den unglückbringenden Vorzug haben, den Namen, die sie tragen, eine schnelle und traurige Berühmtheit zu geben; und Cuchillo wechselte oft damit.
»Herr Senator«, sagte Arechiza, indem er sich an seinen Reisegefährten wandte, »scheint Euch diese Stelle nicht günstig, um hier haltzumachen und Siesta zu halten, bis die größte Hitze des Tages vorüber ist?«
»Señor Tragaduros y Despilfarro wird Schatten in einer Hütte finden, die er nur zu wählen braucht, um dort Mittagsruhe zu halten«, sagte Cuchillo, der den Senator von Arizpe schon kannte. Er wußte, daß dieser sich dem Glück Don Estévans aus dem verzweifelten Grund angeschlossen hatte, um durch einen neuen Glückswurf sein Vermögen wiederherzustellen, das er schon längst durchgebracht hatte. Trotz des schlechten Zustands seiner Finanzen hatte doch der Senator nichtsdestoweniger im Kongreß der Provinz Sonora einen bedeutenden Einfluß, den Don Estévan schon genützt hatte.
»Ich stimme von ganzem Herzen Euren Wünschen bei«, antwortete Tragaduros; »um so mehr, als wir schon den Ritt von fünf Stunden Wegs in den Beinen fühlen.«
Zwei Diener stiegen ab, um die Zügel der Pferde ihrer Herren in Empfang zu nehmen; die beiden anderen luden die Maultiere ab. Darauf bereiteten sie in denjenigen Hütten des Dorfes, die die reinlichsten schienen, ein Lager für den Senator und eines für Don Estévan.
Wir wollen den Senator, der sich ganz angekleidet auf seine Matratze geworfen hatte, dem tiefen Schlaf überlassen, den nur die Gerechten und Reisenden besitzen, um Arechiza in die Hütte zu begleiten, die er in einiger Entfernung von der Tragaduros gewählt hatte.
Cuchillo trat auf eine Einladung Don Estévans gleich nach ihm ein und verschloß sorgfältig ein Flechtwerk von Bambus, das die Stelle der Tür vertrat, als ob er das geringste Geräusch, das nach draußen dringen könnte, gefürchtet hätte; dann wartete er, bis der Spanier das Wort an ihn richtete.
Dieser setzte sich auf das eiserne Feldbett, das man eben aufgeschlagen hatte; Cuchillo nahm Platz auf einem Ochsenschädel, der sich dort statt eines Fußschemels fand, ganz nach der Sitte dieser Landstriche, wo der Luxus der Stühle – wenigstens für die armen Klassen – beinahe bei dieser Erfindung stehengeblieben ist.
»Ich setze voraus«, sagte Arechiza, indem er das Schweigen unterbrach, »daß Ihr tausend Ursachen habt, um zu wünschen, ich möchte Euch nur unter Eurem jetzigen Namen Cuchillo kennen. Ich selbst – ohne Zweifel aus anderen Beweggründen als Ihr – will hier nur Don Estévan Arechiza sein und nichts weiter. Wohlan denn, Señor Cuchillo«, fuhr er mit einer gewissen spöttischen Geziertheit fort, »laßt Ihr uns nun dieses wichtige Geheimnis wissen, das Euer und mein Glück gründen soll?«
»Einen Augenblick Geduld noch, und Ihr sollt es erfahren, Don Estévan de Arechiza«, antwortete Cuchillo fast in demselben Ton.
»Ich höre Euch – aber vor allem keinen Rückfall, keine Treulosigkeiten; wir sind hier in einem Land, wo es nicht an Bäumen fehlt!« sagte der Spanier ernst. »Und Ihr wißt, wie ich die Verräter bestrafe.«
Bei dieser Anspielung auf eine Vergangenheit, die sich ohne Zweifel wieder an irgendeine geheimnisvolle Erinnerung knüpfte, bedeckte sich das Antlitz des Banditen mit einer bleiernen Farbe. »Ja, ich erinnere mich«, sagte er, »daß es nicht Euer Fehler ist, wenn ich nicht an einen Baum gehängt bin. Vielleicht würde es viel klüger sein, mich nicht an eine alte Beleidigung denken zu lassen und Euch zu erinnern, daß Ihr nicht mehr in einem eroberten Land seid und daß, wie Ihr sagtet, wir von Wäldern, aber von düsteren … und besonders von stummen Wäldern umgeben sind.«
In dieser Antwort Cuchillos, verbunden mit seinem Anblick und seiner unheilschwangeren Vergangenheit, lag ein so drohender Ton, daß es einer gewissen Festigkeit des Herzens bedurfte, um nicht zu bedauern, eine Erinnerung solcher Art hervorgerufen zu haben.
Don Estévan hatte nur ein kaltes Lächeln für den Banditen. »Ich würde diesmal auch niemand mit der Hinrichtung eines Verräters beauftragen«, sagte er und schleuderte Cuchillo einen Blick zu, der dessen Auge sich zu Boden senken ließ. »Was Eure Drohungen betrifft, so spart sie für Leute Eurer Art, und vergeßt nicht, daß zwischen meiner Brust und Eurem Dolch immer ein unüberschreitbarer Raum bleiben wird!«
»Wer weiß?« murmelte Cuchillo, indem er jedoch den Zorn, der sich in ihm regte, unterdrückte. Darauf nahm er wieder in besänftigtem Ton das Wort. »Aber ich bin kein Verräter, Don Estévan, und was ich Euch vorschlagen will, ist durchaus ehrlich.«
»Sehen wir denn!«
»Ihr wißt«, begann Cuchillo, »daß ich schon vor einigen Jahren das Gewerbe eines Gambusino betrieben habe; ich habe darum auch viele Landstriche zwischen den vier Hauptpunkten durchlaufen, und ich habe gesehen, gnädiger Herr, was vielleicht noch kein menschliches Auge von einem Goldlager gesehen hat.«
»Ihr habt gesehen und nichts mitgenommen?« fragte der Spanier mit spöttischer Miene.
»Spottet nicht, Don Estévan«, erwiderte feierlich Cuchillo; »ich habe eine Goldader gesehen, reich genug, um ihren Besitzer über alle Zufälle des Glücks zu heben, reich genug, um den unersättlichsten Ehrgeiz zu befriedigen, endlich reich genug, um ein ganzes Königreich zu kaufen.«
Don Estévan konnte bei diesen Worten, die vielleicht irgendeinem Wunsch entsprachen, den er tief in seinem Herzen verbergen mußte, eine gewisse Bewegung nicht unterdrücken.
»So reich«, fuhr der Bandit mit aufgeregter Miene fort, »daß ich keinen Anstand genommen hätte, meine Seele dafür dem Teufel zu verschreiben …«
»Der Teufel wird nicht so dumm sein, eine Seele so hoch anzuschlagen, die er immer umsonst bekommen wird; aber wie habt Ihr diese Goldstelle entdeckt?«
»Es gab einen in der ganzen Provinz Sonora berühmten Gambusino. Er nannte sich bei seinen Lebzeiten Marcos Arellanos. Er hatte diese Bonanza mit noch einem anderen Gambusino wie er zusammen entdeckt. Aber in dem Augenblick, wo sie diese ausbeuten wollten – einem Teil nach wenigstens —, griffen die Indianer sie an; der Gefährte Arellanos wurde getötet, Marcos entkam unter tausend Gefahren. Er kehrte gerade wieder von seiner Heimat zurück, als der Zufall uns Bekanntschaft in Tubac machen ließ. Dort schlug er mir eine zweite Unternehmung vor; ich nahm an, und wir brachen auf. Wir kamen zum Val d‘Or, wie er es nannte. Hilf Himmel!« schrie Cuchillo plötzlich. »Man mußte diese Goldblöcke in der Sonne funkeln sehen und sich tausend glänzende Gestalten vor das Auge zaubern lassen! Unglücklicherweise konnten wir nur unsere Augen sättigen; wir mußten ebenfalls fliehen; ich kam allein zurück … Armer Arellanos, ich habe ihn … sehr bedauert! Wohlan – dieses Geheimnis des Val d‘Or will ich Euch verkaufen.«
»Mir wollt Ihr es verkaufen? Und wer bürgt mir für Eure Treue?«
»Mein eigener Vorteil. Ich verkaufe Euch das Geheimnis, aber ich veräußere meine Rechte auf diese Goldgrube nicht. Ich habe vergeblich versucht, eine Expedition wie die Eure zustande zu bringen – es ist mir nicht gelungen; aber Eure achtzig Mann – und das ist der Grund, warum ich mich an Euch allein gewandt habe – sichern Euch den Erfolg. Wenn wir Euren Anteil, das Fünftel, das Euch von