Die Sklavenkarawane. Karl May
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Читать онлайн книгу Die Sklavenkarawane - Karl May страница 17
»Mythologie ist Bewußtsein, gelehrtes, von Salben und Pflaster, von Silber, schwefelsaurem, und Rheumatismusketten, Geldbergerige, auch von Schweizerpillen, Richardt Brandtige, und Brechweintestein.«
»Das ist wieder eine Verwechselung. Die Mythologie oder Götterlehre ist es, welche uns über den Olymp und dessen Bewohner unterrichtet, und die Pharmakologie lehrt uns in streng wissenschaftlicher Weise die Arzneimittel kennen.«
»So habe ich nur vertauschte Jupiter mit Geist, salmiakigem, was ihm nicht gereichten wird zu Schaden, großartigem.«
»Darüber können Sie sich allerdings beruhigen. Zeus lebt schon längst nicht mehr. Aber wollen Sie sich Ihr halbes Löwenfell nicht auch so präparieren, wie der ‚Vater des Gelächters‘ es mit dem seinigen thut? Es ist das notwendig, wenn es nicht verderben soll.«
»Ja, ich werde Fell auch schabte ab von Fleisch und reibte ein mit Asche. Fell Ihriges ist auch schon in Arbeit.«
Diese letzteren Worte bezogen sich auf die Dschelabi, welche aus Dankbarkeit dafür, daß Schwarz sie von dem Löwen errettet hatte, die Haut desselben in der angegebenen Weise bearbeiteten, um sie für die eigentliche, spätere Präparation vorzubereiten.
Während dieser Arbeit sprachen sie von der Gefahr, in welcher sie sich befunden hatten, und von dem Mute der drei Männer, welche den Raubtieren so kühn entgegengetreten waren. Da gab es viel über die Person und die Eigenheiten des »Herrn mit dem dicken Kopfe« zu hören. Der Bewohner jener Länder umgibt kein Tier mit einem solchen Nimbus wie den Löwen.
»Glaubt doch nicht solche Dinge!« sagte der Ungar. »Der Löwe ist ein Tier wie jedes andre. Wenn er Hunger hat, so frißt er; dürstet ihn, so säuft er, und ist er satt, so schläft er. In ihm wohnt nicht die Seele eines verstorbenen Menschen. Er hat zwar sehr scharfe Sinne, aber was in stundenweiter Entfernung von ihm gesprochen wird, das kann er nicht hören. Und wenn er die Worte auch wirklich hörte, so könnte er sie doch nicht verstehen. Ich kenne das; ich muß das besser wissen als ihr, ich, der ich sogar Latein sprechen kann!«
Sie ließen sich aber nicht irre machen und fuhren fort, sich allerlei haarsträubende Geschichten zu erzählen, in denen natürlich der Löwe die Hauptrolle spielte. Schwarz hörte eifrig zu. Diese Geschichten waren, obgleich die Erzähler selbst an sie glaubten, nur Märchen, aber der Volkscharakter sprach sich in denselben aus. Dies hielt ihn jedoch nicht ab, seine Aufmerksamkeit zu gleicher Zeit auch auf die Homraraber zu richten, welche sich auch sehr eifrig, doch mit leiser Stimme unterhielten.
Er wußte, daß jeder Beduine ein geborener Räuber ist, ferner daß er durch sein kräftiges Auftreten gegen den Schech sich die Feindschaft dieser Leute zugezogen hatte, und konnte endlich den Gedanken an die Hedj nicht los werden, welche er hinter sich hatte fliegen sehen. Selbst der Schech hatte zugeben müssen, daß diese Vögel ein sichres Zeichen von der Anwesenheit einer Karawane seien. Wo befand sich nun dieselbe? Sie hätte schon längst hier an der Quelle eingetroffen sein müssen. Warum kam sie nicht heran, sondern hielt fern von derselben Rast? Etwa weil die zu ihr gehörigen Leute die »Quelle des Löwen« nicht kannten? Dies war nicht anzunehmen. Und selbst wenn es der Fall gewesen wäre, so hätten die Kamele sich geweigert, sich niederzulegen. Diese Tiere riechen das Wasser oder vielmehr die Feuchtigkeit, welche eine Quelle in der Luft verbreitet, aus stundenweiter Entfernung. Sie sind dann nicht anzuhalten und eilen im Galopp, welche Gangart ihnen sonst streng verboten ist, auf den Brunnen zu. Es war anzunehmen, daß die Männer, aus denen die Karawane bestand, ihre Tiere mit Anwendung von Gewalt zurückgehalten hatten. Und warum? Doch nur, weil sie nichts Gutes beabsichtigten. Der Schluß, daß diese Karawane eine Gum sei, lag sehr nahe.
Man unterscheidet nämlich mehrere Arten von Karawanen. Das Wort lautet eigentlich Karwahn oder Kerwahn und bedeutet einen Wanderzug im allgemeinen. Eine Pilgerkarawane im besondern, also ein Zug von Leuten, welche entweder in Mekka, Medina oder Jerusalem anbeten wollen, heißt Hadsch. Eine Handelskarawane wird Kaffila, und in gewissen Gegenden auch Dschelaba genannt, daher Dschelab, der Händler. Eine Karawane aber, deren Teilnehmer auf Raub ausgehen, heißt Gum. Raubzüge sind nichts Seltenes, und es kommt auch vor, daß eine Kaffila oder auch gar eine Hadsch sich gelegentlich in eine Gum verwandelt, um nach vollendetem Raube sich wieder in einen friedlichen Handels- oder Pilgerzug zu verwandeln.
Eine ganz besondere Art der Gum ist die Ghasuah, plural Ghasauaht, welche den besondern Zweck des Menschenraubes hat. Sie kommt nicht in der eigentlichen Wüste vor, sondern in den südlichen Grenzländern derselben, deren Bevölkerung aus Negern besteht, welche man raubt, um sie als Sklaven zu verkaufen. Werden diese Raubzüge zu Wasser unternommen, so heißen sie Bahara, d. i. Flußreisen. Diese letzteren kommen besonders am obern Nile vor, dessen beide Hauptarme sich in so viele Nebenarme verzweigen, daß besonders während des Charif und einige Zeit nach demselben die Gegend nur mittels Schiff bereist werden kann.
Also Schwarz hielt die Karawane, welche er in der Nähe vermuten mußte, für eine Gum. Es war also alle Veranlassung zur Vorsicht und Wachsamkeit vorhanden, zumal er allen Grund hatte, anzunehmen, daß die Homraraber sich mit den Räubern im Einverständnisse befanden. Es war zunächst nichts zu thun, als die Araber zu beobachten und die Dschelabi von der auch ihnen drohenden Gefahr zu benachrichtigen. Er that dies, indem er während einer Pause, welche in der Unterhaltung der Leute eingetreten war, den »Vater der elf Haare« fragte:
»Ihr seid durch das Land der Baggara gekommen. Waren diese Leute friedlich gesinnt?«
»Ja,« antwortete der Slowak. »Es gibt keinen Stamm, welcher uns Dschelabi feindlich behandelt. Man braucht uns ja überall, da wir allein es sind, welche den Leuten bringen, was sie brauchen. Darum sind wir überall willkommen und werden von jedem als Freunde behandelt.«
»Und doch habe ich gehört, daß auch Dschelabi angefallen und ausgeraubt worden sind.«
»Das sind sehr seltene Ausnahmen und geschieht nur von solchen Stämmen, mit denen man nicht verkehrt. Wir sind auch stets so vorsichtig, uns überall genau zu erkundigen, ob vielleicht eine Gum sich unterwegs befindet oder gar gesehen worden ist.«
»Nun, habt ihr vielleicht in letzter Zeit so etwas erfahren?«
»Nein. Die Baggara sind augenblicklich alle daheim, und mit den Schilluk, in deren Lande wir uns jetzt befinden, leben wir in Freundschaft.«
»Kommt ihr auch zu den Homrarabern?«
»Nein. Ihre Dörfer liegen uns zu weit entfernt.«
»So würdet ihr euch unter Umständen vor ihnen wohl nicht ganz sicher fühlen?«
»Wir würden ihnen, wenn es sich thun ließe, aus dem Wege gehen. Heute, da wir ihnen und dir begegneten, war dies nicht gut möglich. Sie sind allerdings nicht freundlich mit uns gewesen, aber wir haben nichts von ihnen zu befürchten.«
»Denkst du?«
»Ja. Wir stehen doch wohl unter deinem Schutze?«
»Gewiß. Aber wird dieser Schutz im gegebenen Falle sich bewähren?«
»Jedenfalls, da sie dich begleiten und also deine Freunde sind. Der Araber ist stets der Freund der Freunde seines Freundes.«
»Hast du denn nicht gesehen und gehört, daß sie sich nicht sehr freundlich zu mir benahmen?«
»Ich habe es bemerkt, aber das thut ja nichts. Sie haben dir ihr Wort gegeben, dich sicher nach Faschodah zu bringen, und müssen es halten.«
»Und dennoch traue ich ihnen nicht. Sie haben mir das Versprechen gegeben, mich und meine Sachen auf ihren Kamelen zu transportieren. Ich dagegen versprach ihnen, sie in Faschodah