Die Sklavenkarawane. Karl May
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Sklavenkarawane - Karl May страница 21
Der Schech kam wirklich langsam herbei. Er trat zu den Kamelen, als ob er nach ihnen habe sehen wollen, und blieb da eine kleine Weile stehen. Er lauschte nach den Dschelabi herüber. Als keiner derselben sich bewegte, sagte er, zu ihnen gewendet:
»Die Dschimahl fürchten sich noch immer. Wollen wir nicht die Leichen des Löwen und seiner Sultana fortschaffen?«
Er fragte das natürlich nur, um zu erfahren, ob die Dschelabi fest schliefen. Als er keine Antwort bekam, trat er leise näher und bückte sich zu ihnen nieder. Um ganz sicher zu sein, berührte er den Arm des Deutschen. Als auch darauf nichts erfolgte, war er seiner Sache sicher und schlich weiter, um den Felsen wie vorhin Schwarz.
Dieser richtete sich nach einiger Zeit auf und kroch ihm nach. Er sah ihn in westlicher Richtung davonschreiten und dann im Dunkel der Nacht verschwinden. Zu den Dschemali[Dschelabi] zurückgekehrt, forderte er diese auf:
»Jetzt ist es Zeit. Kommt mit fort, aber leise, damit die Homr es nicht hören!«
Er führte sie bis dahin, wo das Dickicht zu Ende war und sich in einzelne Büsche auflöste. Es war vorauszusehen, daß die Angreifenden da vorüberkommen würden. Jeder steckte sich hinter einen Busch.
Sie warteten wohl eine halbe Stunde und noch länger. Dann hörten sie leise Schritte, und zugleich erkannten sie die Gestalten, welche, eine hinter der andern, langsam herbeikamen. Als sie sich so weit genähert hatten, daß man die einzelnen Personen unterscheiden konnte, sah Schwarz den Schech als Führer an der Spitze. Die lange, schmale Gestalt Abu el Mots schwankte, sich herüber- und hinüberwiegend, am Ende des kleinen Zuges. Sie blieben an der Felswand stehen. Wäre es hier so hell gewesen wie draußen außer dem Bereiche des Schattens, den der Fels warf, so hätten sie die unmittelbar neben ihnen hinter den Büschen kauernden Dschelabi sehen müssen, denn die Sträucher waren nicht dicht und breit genug, einen Mann vollständig zu verbergen.
Schwarz befand sich dem verlassenen Lagerplatze am nächsten. Die Feinde waren nicht bis zu ihm herangekommen. Der Ungar, der am entgegengesetzten Ende kauerte, hatte sie gerade vor sich. Er hörte, daß der Schech sagte:
»So! Bis hieher habe ich euch geführt. Gleich um die Ecke rechts liegen sie im tiefen Schlafe; sie werden sterben ohne zu erwachen. Ich gehe jetzt zu meinen Männern, um ihnen zu sagen, daß der Augenblick gekommen ist.« Er entfernte sich, indem er einige Schritte zurückging, und verschwand an der Westseite des Felsens, an dessen Ostseite die Lagerstelle sich befand.
»Nun vorwärts!« gebot die Grabesstimme Abu el Mots. »Allah möge euern Messern sichern Stoß verleihen!«
Schwarz wollte natürlich warten, bis sie ihn erreicht hatten; aber der kleine Slowak fühlte sich von solcher Kampfeslust ergriffen, daß er den vorteilhaftesten Augenblick nicht erwartete.
»Rauwidschu – schnell, drauf!« rief er aus, indem er aufsprang. Sein Gewehr umkehrend, holte er aus und führte nach dem Nächststehenden einen so gewaltigen Kolbenhieb, daß der Getroffene sofort zusammenbrach und aber auch er selbst niederstürzte.
Die andern brachen auch hervor. Schwarz als der Entfernteste hatte wohl acht oder neun Schritte zurückzulegen, um an die Feinde zu kommen. Er hatte es auf Abu el Mot abgesehen gehabt, welche Absicht aber nun nicht auszuführen war.
Die Männer der Gum waren so erschrocken, daß sie sich für den ersten Augenblick nicht von der Stelle bewegten. Sie wären verloren gewesen, wenn der überhitzige Ungar nur noch drei oder vier Minuten gewartet hätte. So aber fanden sie Zeit, sich einigermaßen zu fassen, doch nicht hinreichend genug, ihre Waffen zu gebrauchen. Einige von ihnen empfingen die ihnen zugedachten Hiebe; andern gelang es, dieselben von sich abzuwehren.
Schwarz hatte die angegebene Entfernung springend zurückgelegt. Er schlug einen Araber mit dem Gewehrkolben nieder und im nächsten Augenblicke einen zweiten. Zornige Flüche er schallten.
»Wer sind diese Teufel?« schrie Abu el Mot. »Drauf auf sie!«
»Rettet euch!« schrie ein andrer. »Wir sind vom Schech verraten!«
Er drängte zurück. Eben wollte Schwarz den dritten niederschlagen, um dann an den Anführer zu kommen. Zu gleicher Zeit holte der »Vater des Gelächters« gegen einen andern aus, welcher an Schwarz vorüberfloh. Er drang hinter diesem drein, glaubte, ihn mit dem Hiebe noch zu erreichen, erhielt aber dabei von einem weiteren Flüchtling einen Stoß und – — schlug dem Deutschen mit seinem halben Lanzenschaft so gegen das Ohr und die Schläfe, daß Schwarz zur Seite taumelte und fast ohne Besinnung niederfiel.
»Allah!« schrie der erschrockene Kleine. »Habe ich dich ermordet, Effendi?«
»Beinahe!« antwortete der Gefragte, indem er sich langsam und nur schwer erhob. »Laßt sie fliehen! Wir dürfen wegen den Homr nicht von hier fort!«
Es funkelte ihm vor den Augen, doch sah er die Leute der Gum fliehen. Er legte an und sandte ihnen zwei Kugeln nach. Dann konnte er nicht widerstehen. Es brauste ihm wie eine Brandung um die Ohren. Er lehnte sich an den Felsen und schloß die Augen.
Kein Dschelabi folgte den Fliehenden. Aber der Ungar rief, als er die Schüsse des Deutschen hörte:
»So ist‘s recht! Gebt ihnen eure Kugeln! Die meinige sollen sie auch haben.«
Er erhob seinen schweren Katil elfil und zielte auf den Flüchtling. Sein Schuß krachte, und der Mann stürzte nieder.
Die Dschelabi standen bei Schwarz, laut klagend über ihn.
»Was ist geschehen?« fragte der Slowak.
»Ich habe den Effendi erschlagen!« jammerte der »Vater des Gelächters«, indem er aus Verzweiflung das lustigste Gesicht der Welt machte.
»Bist du toll?«
»Nein. Ich wurde gestoßen.«
»Dummkopf! Du hast vor lauter Völkern und Dörfern, welche unter deinem Schädel stecken, nicht gesehen, wohin du schlugst! Effendi, Effendi, bist du tot?«
»Nein,« antwortete Schwarz, indem er die ihn überkommene Ohnmacht mit Anstrengung von sich abschüttelte und sein Gewehr, welches ihm entfallen war, aufhob.
»Allah sei Dank! Dieser ‚Vater der hintern Löwenhälfte‘ ist mit Blindheit geschlagen gewesen, und wir müssen – — —«
»Still!« gebot ihm der Deutsche. »Wir haben mehr zu thun. Ich sehe vier Teilnehmer der Gum hier liegen. Das ist weniger als ich dachte. Bindet sie! Wahrscheinlich sind sie nur betäubt.«
Er trat zur Felsenecke, von welcher aus er das Feuer sehen konnte. An demselben standen die Homr, welche nicht wußten, was sie denken sollten. Er nahm an, daß sie dort bleiben würden, bis sie von irgend einer Seite Aufklärung erhielten. Darum fuhr er fort:
»Bleibt hier! Vielleicht kann ich ein Kamel oder mehrere erbeuten.«
Er rannte fort, in der Richtung, in welcher die Araber geflohen waren. Er wußte, wo sie gelagert hatten. Auch ihre Kamele waren gefesselt gewesen, und da diese Tiere nicht schnell zum Aufstehen zu bringen sind, so mußten die Flüchtigen dort jedenfalls länger verweilen, als ihnen lieb war, da sie doch anzunehmen hatten, daß man sie verfolgen werde.
Sein zweites Gewehr hatte er über dem Rücken hängen; das erste lud er im Laufen. Dabei kam er an der Stelle vorüber, wo der von der Kugel des Slowaken Getroffene lag. Dieser