Die Sklavenkarawane. Karl May

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Die Sklavenkarawane - Karl May

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mag diese Namen gar nicht wissen, da sie die Augen so sehr trüben, daß man diesen Effendi für einen Räuber hält. Du hast noch niemals einen so großen Beweis deiner Klugheit gegeben wie vorhin, da du ihn fast erschlugst.«

      »Haltet Frieden!« gebot der vor ihnen her schreitende Deutsche. »Auch du, Ibn el Dschidri, hast eine große Dummheit begangen.«

      »Ich?« fragte der Slowak verwundert.

      »Ja. Ihr habt nichts voreinander voraus.«

      »Welche Dummheit sollte das gewesen sein?«

      »Ich wollte Abu el Mot ergreifen; aber dadurch, daß du nicht auf meinen Befehl wartetest, sondern zu zeitig losbrachest, hast du es unmöglich gemacht. Du hättest die Leute noch einige Schritte weitergehen lassen sollen.«

      »Mein Mut war zu groß, Effendi. Er ließ sich nicht mehr zügeln!«

      »Nur derjenige Mut ist lobenswert, welcher sich mit Klugheit und Überlegung paart. Der Fehler Hadschi Alis hat nur mich getroffen, der deinige aber wird weit mehr Menschen schädigen. Viele Reisende und Hunderte von Sklaven werden deine Übereilung zu büßen haben. Hätte ich diesen Abu el Mot in meine Hände gebracht, so stand mit Gewißheit zu erwarten, daß der Mudir von Faschodah ihn für immer unschädlich machen werde.«

      »Das ist freilich wahr, Effendi,« gestand der Kleine. »Meine Seele ist von Wehmut erfüllt und mein Herz von Reue über meine Ungeduld. Doch hoffe ich, daß du sie mir verzeihen werdest!«

      »Das werde ich. Dafür erwarte ich aber, daß du nicht andern dann Vorwürfe machst, wenn du selbst welche verdienst.«

      »O, diese Vorwürfe haben nicht viel zu bedeuten. Hadschi Ali ist mein bester Freund. Wir lieben uns innig; aber diese Liebe ist gerade dann am größten, wenn wir uns zanken und einander ärgern. Nicht wahr, du guter Vater des Gelächters?«

      »Ja,« bestätigte Ali in vollstem Ernste, wobei er jedoch eine höchst lächerliche Grimasse zog. »Allah hat unsre Herzen verbunden, so daß sie wie ein einziges schlagen. Aber unsre Kenntnisse sind zu verschiedener Natur. Es gelingt uns nie, sie zu vereinigen. Bitten wir den Propheten, daß er es bald verbessere!«

      Als die drei beim Lagerplatze erschienen, mußte den Gefangenen der letzte Rest ihrer Hoffnung auf Befreiung schwinden. Sie hatten die Schüsse gehört, und da sie den Deutschen mit seinen Begleitern so ruhig und unverletzt zurückkehren sahen, mußten sie dieselben für die Sieger in dem stattgefundenen Gefechte halten.

      Schwarz stellte noch eine zweite Wache aus, obgleich er überzeugt war, daß Abu el Mot seinen Versuch nicht wiederholen werde. Die beiden Wachen hatten kein Opfer zu bringen, da nach der großen Aufregung, welche der Angriff erst der Löwen und dann der Gum hervorgerufen hatte, vom Schlafe gar keine Rede sein konnte. Übrigens war der Morgen nicht mehr fern, und man nahm sich vor, ihn unter Gesprächen und Erzählungen zu erwarten.

      Da die Gefangenen nicht zu hören brauchten, was von ihnen gesprochen wurde, so schaffte man sie zur Seite, wo sie lautlos lagen wie bisher. Nur der Verwundete ließ zuweilen ein schmerzliches Stöhnen hören und dann sorgte Schwarz stets dafür, daß ihm das Bein mit Wasser gekühlt wurde.

      Bei einer solchen Gelegenheit konnte der »Vater der vordern Löwenhälfte« es nicht unterlassen, dem Gelehrten einen neuen Beweis von der Größe seiner Kenntnisse zu geben, indem er in deutscher Sprache erzählte, und zwar auf die Verletzung des Gefangenen anspielend:

      »So ein Bruch, beiniger, seinte gar nicht schlimm. Er wernte geheilt in Zeit, sehr kurze. Auch ich hab‘ schon einmal heilte einen solchente.«

      »So? Wer war der Patient?« fragte Schwarz.

      »Das seinte freilich kein Geschöpf, menschliches, sondern nur ein Kranker, voglicher, gewesente. Herrrr Wagner hatt geschießte ein Abu miah, hatt gelahmte Flügel, und Schroot gingte auch in Bein, linkiges, so daß Bein war vorzwei. Hab ich genommte Storch, verwundeten, gebundelnte fest mit Schnur, damit er sich nicht können bewegente, und ihm dann machte Schiene an Bein, mitleidiges. Dann hatt Storch immer stehente auf Bein andres, bis seinte geheilt Bein, trauriges. Herrrr Wagner hatte mich lobente dafür sehr und mich genannt einen Dramaturg, großartigen.«

      »Wohl Chirurg?«

      »Nein, Dramaturg!«

      »Dann befinde ich mich im Irrtume. Was ist ein Dramaturg?«

      »Das Wort ist aus Sprache, lateiniger, in der ich seinte Meister, unbestreitlichbarer, und heißt soviel wie ein Arzt, studiumtierter, welcher kann wieder machte zusammen alle Brüche, knochige.«

      »So! Und was ist ein Chirurg?«

      »Unter Chirurg verstehente man Leute, künstlerige, welche hatten gespielt und gesungte ‚Preziosa dir, dir folgen wir‘ oder auch ‚Leise, leise, frommte Weise, schwingte auf zum Sterntekreise‘. Wird geblaste Musik dazu und gegeigte Violin.«

      »Und das thun wirklich die Chirurgen?«

      »Ja. Ich selbst hatt es gesehen im Theater, Olmütziges, auf Wanderschaft, meiniger. Es seinte gewesen die Opern Preziosa, das Mädchen, zigeuneriges, und Freischütz oder Samiel, teuflischer.«

      »Dann habe ich abermals eine Verwechselung zu konstatieren. Chirurg ist der Arzt dann, wenn er äußere Schäden, also auch Beinbrüche, durch äußere Mittel heilt. Ein Dramaturg aber ist ein Gelehrter, dessen Arbeiten sich zwar auf das Theater beziehen, der aber niemals selbst auftritt, wenigstens nicht in seiner Eigenschaft als Dramaturg; er ist Schauspiellehrer. Sie verwechseln die Bühne mit dem Krankenbette.«

      »Das seinte doch kein Umtausch, irriger! Warum soll Bett, krankes, nicht auch vorkommte einmal auf Bühne, theateriger? Warum soll stets ich es sein geweste, welcher hatt gemacht Verwechstelung? Ich hab tragte im Kopf sehr viel Bildung, kenntnisserige!«

      »Ja, wie der ‚Vater des Gelächters‘ seine Länder, Völker, Städte und Dörfer!«

      »O nein! Dummheiten, seinige, sind nicht zu vergleichte mit Kenntnis meiniger. Ich habe auf Reisen, vielfältigen, sogar kennen lernte Nautik und Anthropologie.«

      »So! Wirklich? Was verstehen Sie denn da unter Anthropologie?«

      »Das seinte die Lehre von Meerwasser, salziges, und Schiffahrt, gesegelte und gedampfte.«

      »Schön! Und was ist Nautik?«

      »Nautik sein gewesente stets die Kenntnis von Mensch, zahmer und wilder, von Eskimo, thrangetrunkener, und Neger, menschengefressener.«

      »Das ist schon wieder ein Versehen. Anthropologie ist Menschenkunde, und Nautik heißt Schiffahrtskunde.«

      »So hab ich mich beschuldigente nur einer Umgetauschterung, kleiner und verzeihlicher. Das hat konnte leicht geschehente, weil Anthropologie also fährt auf Nautik, in Kajüte oder Zwischendeck, schiffiges. Sind gefahrte Sie schon auch auf Nilschiff, hiesigem?«

      »Ja, sowohl auf Dahabiën als auch auf Sandals.«

      »Aber wohl noch nicht auf Noqer, hier gebräuchlichter?«

      »Nein.«

      »So werdente Sie sehen Noqer in Faschodah, sobald wir seinte morgen dort ankommen.«

      »Sind Sie dort bekannt?«

      »Sehrrer, außerordlichente sehrrer! Ich bin gewesente dort schon oft!«

      »Haben

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