Im Lande des Mahdi I. Karl May
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»Werden Sie es heilen können?« fragte Nassyr.
»Ich hoffe es. Wahrscheinlich wird die Zierde dieses Hauptes schon in einigen Wochen wieder erschienen sein.«
»Allah gebe es! Und ich werde es Ihnen danken. Wie heißt das Mittel, welches man anzuwenden hat?‹,
»Sie finden es hier in Kairo in jeder Apotheke. Man nennt es da EI Milh el hamid, und für einen halben Piaster wird für die ganze Kur ausreichen. Man löst es in einer Flasche voll Wasser auf und betupft damit täglich einmal die kahle Stelle. Das Mittel hat schon vielen geholfen, ist aber bei einem vollständigen Kahlkopfe freilich ohne Wirkung.«
Diese Worte erregten die Freude der Dame in der Weise, daß sie jetzt ihre Stimme vernehmen ließ.
»Meinen Dank; ich danke Ihnen!« hörte ich sie leise sagen; dann erhob sie sich und verließ mit Bewegungen, welche die Bezeichnung elegant freilich nicht verdienten, das Zimmer.
Der verbeugungssüchtige Haushofmeister erhielt, als wir wieder nach unten kamen, den Befehl, da er nach dem Hafen mußte, das Mittel gleich mitzubringen, und einige Zeit später wurde uns das Abendessen aufgetragen. Es bestand aus einer großen Platte mit einem ellenhohen Berg von fettem Pillaw und aus einer zweiten Platte mit Kebab, an Hölzern gebratenen Fleischstückchen. Ich schätzte diese Bratenstücke auf gewiß sechs Pfund und dachte dabei der orientalischen Sitte, daß die Diener bekommen, was die Herren übrig lassen. Das Ganze sah höchst appetitlich aus und war jedenfalls von den weißen Händchen Letafas, der »Liebenswürdigen«, zubereitet worden. Das erhöhte meinen Appetit; ja, ich hatte beinahe Hunger, da mir vorher nur ein Hühnerbein zu teil geworden war. Man kann sich also denken, daß ich mich gar nicht nötigen ließ. Gabeln gab es nicht und Löffeln noch viel weniger. Wir aßen also orientalisch; das heißt, wir langten mit den Händen in den Haufen, ballten den Reis zu Kugeln und führten diese in den Mund. »Führten«, das kann ich allerdings nur auf mich beziehen, denn der Dicke führte nicht, sondern er warf. So oft er eine Kugel geformt hatte, öffnete er den Mund, warf sie hinein, klappte ihn zu, ein Druck, ein Schluck, und sie war hinunter. Ich war neugierig, zu sehen, daß er das Ziel einmal verfehlen werde, mußte aber einsehen, daß seine Geschicklichkeit eine viel zu große sei; er traf die Öffnung stets auf das genaueste. Zum öfteren Reinigen der Hände waren an Stelle der Servietten halb aus einander geschnittene Citronen vorhanden. Ich beeilte mich so sehr wie möglich, konnte es aber meinem Partner nicht gleichthun. Wenn ich eine Reiskugel überwältigt hatte, waren bei ihm vier oder fünf verschwunden. Glücklicherweise bin ich kein starker Esser und hatte also bei der Größe des Reisberges die gerechteste Hoffnung, satt zu werden. Eben nahm ich wieder eine halbvolle Hand davon, fühlte aber, daß ich Widerstand fand. Ich zog und zog – — ein, zwei, drei, vier lange, dunkle Frauenhaare aus dem Pillaw. Dabei mochte sich mein Gesicht auch etwas in die Länge ziehen, denn Nassyr wurde aufmerksam und fragte:
»Was ist‘s? Haben Sie sich die Lippen verbrannt?«
»Nein. Ich habe eine wichtige Entdeckung gemacht.«
Ich zeigte ihm die Haare hin. Er zog sie mir aus der Hand, betrachtete sie mit freundlicher Hingebung und meinte:
»Was ist‘s weiter? Allah läßt beides wachsen, den Reis und auch die Haare. Aus seiner Hand kommt alles.«
»Aber er läßt den Reis zum Essen und das Haar zum Schmucke wachsen! Gedenken Sie der kahlen Stellen vieler Köpfe! Bedeuten dieselben ein Wunder, wenn man das, was auf den Kopf gehört, im Pillaw findet? Soll ich die Haare essen, gegen deren Verschwinden ich EI Milh el hamid verordnet habe?«
»Wallah, Tallah! Ich hoffe nicht, daß Sie die Absicht haben, das Haupt meiner Schwester zu beleidigen! Diese Haare waren nicht von ihr, sondern von Fatma, der vorzüglichsten Köchin des ganzen großen Sultanreiches.«
»Wer ist diese Fatma?«
»Die Lieblingsdienerin meiner Schwester. Sie ist Meisterin in allen feinen Speisen, und der Wohlgeschmack ihrer Limonaden kommt demjenigen der Paradiesesquelle gleich. Sie werden während der Reise täglich von ihren Speisen essen und also reichlich Gelegenheit finden, ihre Kunst zu preisen.«
0 weh! Von dieser Fatma essen, deren erster Pillaw mich so vollständig um meinen schönen Hunger gebracht hatte. Das war eine Aussicht, für welche ich mich nicht zu begeistern vermochte. Natürlich brachte ich meine Zunge nicht wieder mit diesem Reise in Berührung; ich hielt mich an den Kebab und mußte da aber sehr behend sein, da der Dicke es für eine Ehrenpflicht zu halten schien, mich nicht an einer Magenüberfüllung ersticken zu lassen. War er in anderer Beziehung ebenso auf seinen Vorteil bedacht, so hatte ich es später sicher zu bereuen, ihm meine Zusage zur Mitreise gegeben zu haben. Damit es meinen kleinen Negern nicht ebenso wie mir ergehen möge, warf ich ihnen einige Fleischstücke zu und formte fleißig Reisklöße, welche sie mit großer Geschicklichkeit auffingen und ebenso geschickt sich einverleibten. Wahrhaftig, die Platten wurden leer! Was der Dicke nicht zu bemächtigen vermochte, das verzehrten die Kinder, welche sich seit langer Zeit nicht ordentlich satt gegessen hatten und deren Augen mir aus Dankbarkeit für meine Fürsorge freudig entgegenstrahlten. Ich sah es ihnen an, daß ich ihre vollste Liebe gewonnen hatte. Sie waren des Arabischen zwar noch nicht sehr mächtig, hatten aber von meinem Gespräch mit dem Polizisten genug verstanden, um zu wissen, wie sehr ich mich geweigert hatte, sie ihrem grausamen Herrn zurückbringen zu lassen.
Nach dem Essen hob Nassyr den Zeigefinger, machte zu dieser Pantomime ein sehr geheimnisvolles Gesicht und sagte:
»Jetzt kommt das Allerbeste. So lange ich mich noch in Kahira befinde, werde ich mir diesen Wohlgeschmack so oft wie möglich gönnen, da ich später auf denselben verzichten muß.«
Er klatschte in die Hände, und der Schwarze brachte vier Flaschen Bier, welche der Dicke ohne mein Wissen hatte holen lassen. Nun, wenigstens dieser heimatliche Trank sollte mir nicht zu Wasser werden. Ich goß mir also fleißig in die Schale und war infolgedessen ebenso schnell mit zwei Flaschen fertig wie mein Türke.
Dieser begann jetzt, an das heutige Erscheinen des Gespenstes zu denken, oder vielmehr an dessen Nichterscheinen; denn er war wirklich überzeugt, daß es sich durch die Anwesenheit eines Ungläubigen abschrecken lassen werde. Von ihm um eine Meinung befragt, erklärte ich:
»Auch ich glaube nicht, daß der Geist kommen wird, denn er fürchtet sich vor mir.«
»Fürchten? 0 nein! Ein Geist kennt keine Furcht. Er wird nicht kommen, weil Sie als Christ ihm für unrein gelten.«
»Dann rate ich ihm freilich, sich nicht an mir zu besudeln, denn ich würde ihn und sein Andenken so verunreinigen, daß sein Name für alle Moslemirn zum Gelächter würde. Es könnte ihm niemals einfallen, wiederzukommen.«
»Sie scheinen wirklich keine Angst zu haben?«
»Nein. Ich habe mich schon, als ich ihn zum erstenmale sah, nicht vor ihm gefürchtet.«
»Wie? Sie haben ihn bereits gesehen?«
»Ja. Wenigstens vermute ich es. Entweder er oder sein Obergespenst ist mir schon einmal hier in Kahira erschienen.«
»Allah! Und wann denn?«
»Davon später. Sie würden es mir doch nicht glauben.«
»Ich glaube es sofort. Er ist ja mir auch erschienen. Warum sollten ihn