Im Lande des Mahdi III. Karl May

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Im Lande des Mahdi III - Karl May

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Ich mag nichts hören.«

      »Du mußt es hören. Du hast mir nicht Schweigen zu gebieten. Wenn ich sprechen will, so spreche ich, und dabei ist es meine Sache, wovon ich reden will. Gerade weil ich weiß, daß es dich quält und peinigt, werde ich dir sagen, wie man es macht, wenn man Sklaven fangen will.«

      Ich gab ihm natürlich keine Antwort. Er fuhr fort:

      »Du weißt, daß alle diese Negerdörfer von hohen Stachelzäunen umgeben sind. Die Dornen sind meist vertrocknet und brennen außerordentlich gut. Sobald man am Abende das Dorf umzingelt hat, brennt man den Zaun an verschiedenen Stellen an. In der Zeit von einigen Minuten brennt er überall; die Funken fliegen auf die Negerhütten, deren Dächer aus Schilf bestehen und sofort auch in Brand geraten. Die Schwarzen erwachen und wollen sich retten. Die kleinen Kinder und die Alten sind zu schwach dazu; sie müssen verbrennen. Den Starken aber, und gerade diese sind es, die man haben will, gelingt es, in kräftigen Sprüngen durch den brennenden Zaun zu brechen. Draußen ist es dunkel; sie sind geblendet und sehen nicht, wen und was sie vor sich haben; sie werden ergriffen und gefesselt. Wer von ihnen sich wehrt, wird niedergestochen, erschossen oder erschlagen!«

      »Schweig mit deiner Beschreibung!« sagte Ben Nil. »Ihr seid keine Menschen, sondern wahre Teufel!«

      »Da hast du recht,« lachte der andere. »Daß wir Teufel sind, werdet auch ihr sehr bald erfahren. Euch wird es noch viel schlimmer ergehen als den Negern, die wir soeben fangen. Sie haben nicht zu klagen. Wird einer erschossen, erschlagen, oder ins Feuer geworfen, so ist er schnell tot. Und wer Sklave wird, der braucht nicht mehr zu sorgen, denn sein Herr sorgt für ihn.«

      »Ins Feuer geworfen?« fragte Ben Nil entsetzt. »Kommt das auch vor?«

      »Sehr häufig! Alte Weiber mit kleinen Kindern, denen es gelungen ist, sich aus dem Brande zu retten, treibt man einfach in das Feuer zurück. Wer unter fünf und über dreißig Jahre alt ist, den können wir nicht brauchen, da niemand einen solchen Sklaven kauft. Und indem man solche unbrauchbare Schwarze in das Feuer zurücktreibt, erspart man das Pulver, welches sie nicht wert sind.«

      In dieser Weise sprach der Kerl weiter und weiter. Ich konnte ihn nicht zum Schweigen bringen. Im Süden wurde es immer heller; der Himmel glühte; das Dorf brannte. Das Feuer warf seine Helle sogar bis her zu uns, woraus ich schloß, daß Foguda ein ungewöhnlich großes Dorf sei.

      Wieder vergingen einige Stunden. Es war nach Mitternacht. Da kamen zwei weiße Asaker und meldeten den dreien, welche uns bewachten:

      »Ibn Asl will diesen gefangenen Hunden zeigen, welchen Fang wir gemacht haben. Folgt uns mit ihnen nach Foguda!«

      Man nahm uns die Riemen von den Füßen; wir mußten gehorchen, mußten mit fort. Der Feuerschein war jetzt nicht mehr so hell wie vorher, erleuchtete die Gegend aber doch noch so, daß wir sehr gut sehen konnten. Wir gingen erst zwischen Büschen hin, dann über offenes Land. Nach einer halben Stunde kamen wir an Feldern vorüber, deren Besitzer die kommende Ernte nun wohl nicht einzuheimsen vermochten. Dann erreichten wir das Dorf. Es brannte nicht mehr; es bildete nur noch einen rauchenden Aschenhaufen. Aber außerhalb des frühern Dornenzaunes hatten die Sklavenjäger einige große Feuer angebrannt, in deren Nähe sie ihre Beute umzingelt hielten. Diese letztere bestand aus Menschen und Tieren.

      Die Neger haben nämlich ihre Herden stets außerhalb der Dörfer auf einem zwar eingefriedigten sonst aber freien Platze. Daher kommt es, daß bei einem Ueberfalle die Rinder, Schafe usw. niemals mit verbrennen, sondern dem Sieger in die Hände fallen. Diese Herden sind dem Sklavenjäger noch weit lieber als die erbeuteten Schwarzen, da hier im Lande eine Kuh wenigstens doppelt soviel wert ist, als selbst ein junger und kräftiger Sklave.

      Ibn Asl hatte reiche Beute gemacht. Ich sah über hundert Rinder beisammenstehen, und die Zahl der Schafe schätzte ich wenigstens auf das vierfache, soweit ich nämlich in dem Helldunkel eine ungefähre Schätzung vornehmen konnte.

      Und Menschen, Gefangene? Nun, ich sage, wenn ich meine Hände frei gehabt hätte, so wäre es jetzt um Ibn Asl geschehen gewesen. Es ist verboten, Menschenblut zu vergießen; aber bei dem Anblicke, den ich jetzt hatte, wäre es eine Wonne für mich gewesen, dem Sklavenjäger eine gute Klinge in das Leben zu stoßen.

      Zwischen zwei der größten Feuer lagen sie, die unglücklichen Menschen, welche vor kurzer Zeit noch so ruhig, so ahnungslos geschlafen hatten. Sie lagen lang ausgestreckt, in Reihen eng nebeneinander. Die Männer waren von den Frauen und Mädchen, diese wieder von den Kindern getrennt. Zwischen diesen Reihen gingen Wächter auf und ab, mit Peitschen in den Händen. Die Gefangenen waren alle gebunden; wenn sich trotzdem einer von ihnen nur einigermaßen bewegte, bekam er Hiebe, daß, wie ich bei einem deutlich sah, sofort die Haut aufplatzte. Ich wendete mich von dieser Scene ab; Ben Nil und Selim thaten desgleichen.

      Ibn Asl stand bei den Kindern. Er befühlte ihre Gliedmaßen, um die Beschaffenheit derselben zu untersuchen. Er hatte uns kommen sehen; er sah auch, daß wir uns abwendeten. Da kam er herbei, deutete auf einige starke Pfähle, welche den Negern zum Anbinden der Schlachtochsen gedient hatten, und befahl:

      »Die Hunde wollen nicht sehen, was sie sehen sollen! Bindet sie an die Pfähle, so daß ihre Blicke auf die Neger gerichtet sein müssen, und wenn sie etwa die Augen schließen, so gebt ihnen die Peitsche solange, bis sie dieselben wieder öffnen!«

      Dieser Befehl wurde ausgeführt. Man band uns in der Weise an, daß wir die ganze grauenhafte Scene vor uns hatten. Zu meiner Rechten lag das niedergebrannte Dorf. Ich sah zwischen den glimmenden und qualmenden Trümmern zahlreiche Ueberreste halbverkohlter Menschen liegen. Links hielten die Herden, von einer Anzahl Djangeh zusammengehalten und bewacht. Und gerade vor mir lagen die Reihen der Neger, zwischen denen sich die Wächter mit ihren drohenden Peitschen bewegten.

      Ibn Asl war zu den Kindern zurückgekehrt. Er setzte seine Untersuchung fort. Diejenigen von ihnen, die er für kräftig genug fand, den weiten Transport auszuhalten, blieben liegen; die andern, die er mit einem verächtlichen Winke seiner Hand bezeichnete, wurden zur Seite getragen und dort niedergeworfen. Noch ahnte ich nicht, was er mit diesen Unglücklichen vornehmen werde. Da sie ihm als unbrauchbar erschienen, so war ich überzeugt, daß er sie ihrer Fesseln entledigen und einfach laufen lassen werde. Aber wie hatte ich mich da geirrt!

      Als seine Untersuchung zu Ende war, hörte ich ihn einen Befehl aussprechen, und sogleich eilten mehrere seiner Leute zu den ausgeschiedenen Kindern – die Messer dieser Unmenschen blitzten – ich schrie laut auf und schloß die Augen – mehrere Peitschenhiebe zwangen mich, sie wieder zu öffnen – — als ich dort hinübersah, lebte keines von den Kindern mehr.

      Die Mütter und Väter der Ermordeten schrieen und heulten vor Schmerz; sie sträubten sich gegen ihre Fesseln; sie wollten auf, um den Tod ihrer Kinder zu rächen. Die Armen! Man brachte sie durch Peitschenhiebe zum Schweigen, und einige, bei denen dieses Mittel nicht fruchten wollte, wurden einfach erschossen.

      Ich fühlte eine Wut in mir, welche gar nicht zu beschreiben ist. Meine Glieder zitterten förmlich, nicht aus Schwäche, sondern infolge des inneren Grimmes. Wie oft hatte ich Ibn Asl und mehrere, ja alle seiner Mitschuldigen geschont! In diesem Augenblicke bereute ich dies auf das bitterste. Ich machte mir die schwersten Vorwürfe und nahm mir fest und heilig vor, nun nicht wieder so schwach und nachsichtig zu sein, falls ich in die Lage kommen Sollte, diesen Massenkindermord zu rächen.

      Leider hatte ich noch nicht alles gesehen; es sollte, wenn auch nicht noch schlimmer, aber doch auch nicht besser kommen. Es ging nämlich jetzt an die Untersuchung der Erwachsenen. Dabei wurden die als untauglich erscheinenden gar nicht erst entfernt, sondern an Ort und Stelle getötet. Um nicht aufzubrüllen, preßte ich die Zähne zusammen; aber ich behielt die Augen offen, jetzt nicht aus Furcht vor der Peitsche, sondern ich wollte nun Augenzeuge dieser Schlächterei bis

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