Old Surehand II. Karl May

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Old Surehand II - Karl May

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es mir schon sein, denn ich habe den jungen selber lieb; aber was thut ihr mit der bloßen Liebe in einem Lande, wo Weg und Steg mit blanken Dollars bepflastert sind? Sennor Edouardo ist noch jung; er kann es noch zu etwas bringen, wenn er sich nicht vorzeitig an ein Mädchen hängt. Der Doktor aber weiß schon längst, was er hat; das ist der Unterschied, Anitta; er will mit nach Deutschland gehen und —«

      »Eduard geht auch mit,« unterbrach ihn das Mädchen; »er will – —«

      »Kann er denn? Es gehört mehr dazu als der gute Wille.«

      »Sennor Carlos,« meinte Eduard jetzt, »es ist jetzt nicht der Augenblick, uns in der richtigen Weise auszusprechen. Aber sagt mir einmal aufrichtig- Würdet Ihr mir Anitta geben, wenn ich weniger arm wäre als jetzt?«

      »Ja.«

      »Und wie viel müßte ich haben?«

      »Hm, das ist schwer zu sagen! Je mehr, desto besser; wenigstens aber müßte es zulangen, um die Heimat erreichen und dort ein Gütchen oder so etwas kaufen zu können.«

      »Und werdet Ihr mir Zeit geben, so viel zu erwerben?«

      »Zeit? Wie lange meint Ihr denn?«

      »Sechs Monate!«

      »Hm, das ist nicht übermäßig lang. Was sagt Ihr dazu, Doktor?«

      »Damn it, das klingt grad wie ein trockenes, regelrechtes Geschäft; erlaubt, daß ich mit beitrete!«

      »Das sollt Ihr!«

      »So will ich Euch einen Vorschlag machen, Master Carlos!«

      »Welchen?«

      »Ihr wollt doch wohl hinauf nach den Minen, Master Edouardo?« fragte er höhnisch, sich zu dem jungen Manne wendend.

      »So ist es.«

      »Well, Sir; wir geben Euch sechs Monate Zeit. Kommt Ihr bis dahin mit dreitausend Dollars zurück, so ist Miß Anitta Euer, und ich sage kein Wort dagegen. Kommt Ihr aber nicht, oder mit weniger, so ist die Miß mein. Seid Ihr einverstanden, Master Carlos?«

      »Vollständig, vorausgesetzt, daß Eure Verhältnisse so sind, wie Ihr sie mir beschrieben habt!«

      »Sie sind so! Also wir sind einig. God bye; ich muß zu meinen Fieberkranken.« – — —

      Es vergingen Monate und wieder stieg ein junger Mann die Anhöhe nach der Mission herauf und wandte sich am Mezquitegebüsch nach der hinter ihm liegenden Landschaft um. Es war nicht Eduard, obgleich die ausbedungenen sechs Monate bis auf einige Tage vergangen waren, sondern ein anderer.

      Nachdem er sein Auge an dem sich ihm bietenden Panorama gesättigt hatte, ging er durch das Portal über den Hof und traf unter dem Eingange des Seitenflügels mit Anitta zusammen. Er fragte sie:

      »Könnt Ihr mir vielleicht sagen, Sennorita, ob hier der Doktor White zu finden ist?«

      »Er wohnt hier. Steigt hinauf bis unter das Dach; dann seid Ihr in seinem Hospital, wo Ihr ihn sicher treffen werdet!«

      Er folgte der Weisung und stieg höher und immer höher empor, bis er auf den Bodenraum gelangte, wo er zwei Reihen Betten erblickte, zwischen denen sich die Gestalt des Doktors bewegte. Der Raum war ein an und für sich nicht sehr heller, und da es draußen bereits zu dunkeln begann, so ließen sich die Gegenstände nicht genau unterscheiden.

      White bemerkte den Fremden und trat herbei.

      »Was wollt Ihr, Sennor?« fragte er.

      Der Gefragte horchte bei dem Klange dieser Stimme auf und fragte gespannt:

      »Ihr seid Master White, der Doktor, Sir?«

      »Ja.«

      »Ich bin Pharmaceut, habe mein Glück in Kalifornien aus der Erde graben wollen, aber nichts gefunden, und bin dann zum Vermittlungsbureau gegangen, um mir ein Placement zu suchen. Dort wurde mir gesagt, daß Ihr einen Krankenwärter braucht, und so bin ich zu Euch heraufgestiegen, um zu sehen, ob die Stelle noch offen ist.«

      »Sie ist noch unbesetzt. In welchem Orte und welcher Offizin habt Ihr gearbeitet?«

      »Hm,« antwortete der Fremde bedächtig, indem er rasch über die ersten Namen hinwegging, auf den letzten aber eine hörbar absichtliche Betonung legte. »In New-York, Pittsburg, Cincinnati und zuletzt in Norfolk, Nordkarolina, bei Master Cleveland.«

      »In Norfolk bei Master Clev – — —«

      Er trat rasch näher, um das Gesicht des Fremden besser sehen zu können, und fuhr dann erschrocken zurück:

      »Bei allen Teufeln, der verdammte Deutsch – — wollte sagen, Master Gromann, der mit mir zu gleicher Zeit dort – — aber kommt doch einmal mit herunter in meine Wohnung, Sir! Es freut mich wirklich unendlich, daß ich das Vergnügen habe, so unerwartet einen Kollegen zu finden, der mit mir an einem und demselben Platze war!«

      Er konnte das sehr zweideutige Lächeln in den Zügen des anderen nicht sehen und stieg eine Treppe tiefer, wo er ein kleines Zimmer betrat und Licht machte. Der kleine Raum bildete augenscheinlich Wohn- und Schlafzimmer mit alles in allem.

      »So, setzt Euch nieder, oder, um das Vergangene festzuhalten, setz‘ dich nieder! Wie ist es in Norfolk gegangen, nachdem ich fort war? Ich hatte einen kleinen Zwist mit dem Prinzipal, weshalb ich im Aerger ohne Kündigung und Abschied fortging. Ich hoffe, es geht dem alten Master Cleveland gut!«

      »Gut? Es hat überhaupt bei ihm aufgehört, zu gehen. Als du fort warst, hatte sich unbegreiflicherweise auch die Kasse samt sämtlichen Wertpapieren, die in besonderer Verwahrung lagen, entfernt. Der Mann war dadurch ruiniert und hat sich nicht darüber wegsetzen können. Er ist tot!«

      »Ist‘s möglich! Was du sagst! Hm, der Alte hat niemals so recht fest gestanden und niemand in seine Verhältnisse blicken lassen. Ich glaube daher sehr, daß die Entfernung der Kasse nur ein kleines Arrangement von ihm selbst gewesen ist. Daß ich hier als Arzt etabliert bin, darf dich nicht wundern. Es fragt hier kein Mensch nach dem Diplom, und die Sache ernährt ihren Mann. Also du kommst nach der Stelle?«

      »Ja; aber sag mir, Walker, wie du zu den Mitteln kamst, ein solches Etablissement zu gründen, und warum du nicht deinen richtigen Namen beibehältst!«

      »Hm, die Mittel habe ich mir droben in den Minen geholt, und der Name wurde umgeändert, weil White gelehrter klingt als Walker. Aber um wieder auf die Stelle zu kommen, so sollst du sie haben, vorausgesetzt, daß du mir keine Veranlassung zur Klage giebst. Arbeitest du dich gut ein, so ist es sogar möglich, daß ich dich mir assistiere und vielleicht gar dir die Compagnie antrage.«

      »Hast du Wohnung für mich?«

      »Es wird sich wohl Rat schaffen lassen. Also, schlägst du ein?«

      »Natürlich; topp!«

      »Topp!«

      »Sollst dich nicht über mich zu beklagen haben. Bin auch genugsam herumgeworfen worden, so daß mir nicht viel daran liegt, an die Vergangenheit zu denken.«

      Gromann wurde angestellt und nach und nach in die verschiedenen Geheimnisse der Hospitalverwaltung eingeweiht. Der Doktor war gezwungen gewesen, ihn zu engagieren, beruhigte sich aber bei der Beobachtung, daß sein Assistent

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