Old Surehand II. Karl May
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Old Surehand II - Karl May страница 18
Als die Herrschaft der Priester durch die mexikanische Centralregierung im Jahre 1823 gestürzt wurde, weigerten sich die Missionäre zum großen Teile, diese Regierung anzuerkennen, und verließen das Land. Die wenigen, welche blieben, hatten ihren Einfluß verloren, fristeten ein kümmerliches Leben und verschwanden auch nach und nach.
Nicht weit von Sacramento lag ein mehrere Stockwerke hohes, mächtiges Gebäude, welches einen großen Hof umschloß, dessen nach der Stadt zu gelegene Seite von der altertümlichen, aus ungebrannten Backsteinen aufgeführten Kirche begrenzt wurde.
Das Gebäude war die Mission »Santa Lucia«, deren ganze, kasernenartige Räumlichkeiten in der letzten Zeit nur von drei Personen bewohnt waren: einem alten, ehrwürdigen Geistlichen, seiner noch älteren Wirtschafterin und einem Deutschen, welcher eigentlich Karl Werner hieß, von denen, die mit ihm verkehrten, aber nach seinem Vornamen nicht anders als Sennor Carlos genannt wurde, und das Faktotum des Pfarrers war.
Da wurden die Goldfelder Kaliforniens entdeckt, und die Nachricht von den in den Bergen liegenden fabelhaften Schätzen rief eine Einwanderung hervor, welche zunächst aus dem benachbarten Mexiko und den Vereinigten Staaten ihre Scharen herübersandte, bald aber mit den Kindern aller Weltteile das Land überschwemmte. Den zunächst herbeieilenden Abkömmlingen der alten spanischen Conquistadoren folgten Sandwich-Insulaner, dann Australier und Europäer, und selbst Chinesen und Kulis schwärmten herüber, um ihren Teil von dem Golde zu holen und reiche Leute zu werden.
San Francisco war der Hauptsammelpunkt der Fremden, von wo aus sie —weiter nach Norden oder in das Innere des Landes gingen. Sacramento war einer der hervorragendsten Nebenpunkte.
Natürlich führte nicht jeder ein Zelt oder eine sonstige Wohnung mit sich. Die Zahl der Menschen wuchs von Tag zu Tag, und da die einsetzenden Regen ein Lagern im Freien nicht gestatteten, so wurde alles, was zur Herberge dienen konnte, in Anspruch genommen.
Auch die alte Mission »Santa Lucia« erlitt ein solches Schicksal, welches mit ihrer ursprünglichen Bestimmung wenig Aehnlichkeit hatte.
Ein Franzose aus dem Elsaß errichtete unten in einem der Flügel eine Brauerei, mauerte einen riesigen Kessel ein und fing an, ein Getränk zu kochen, welches er die Verwegenheit hatte, Bier zu nennen. In der vorderen Flanke, gerade neben der Kirche, setzte sich ein Amerikaner fest und errichtete eine Restauration, wobei er es für außerordentlich zweckmäßig fand, einen Teil des Kirchenschiffes in einen Tanzsalon umzuwandeln, in dem allwöchentlich einige »Reels, Hornpipers« oder Fandangos abgehalten werden konnten. Dadurch wurde ein unternehmender Irishman aufmerksam gemacht, an die andere Seite der Kirche eine Branntweinkneipe setzen zu lassen.
Von dem untern Teile des andern Seitenflügels nahm ein Engländer Besitz, der sich mit einem schlauen New-Hamshiremann vereinigte, Chinesen herbeizuschaffen, ein Geschäft, bei dem sich die beiden Gentlemen, wie sich bald zeigte, sehr gut standen. So ging es fort, und nicht lange dauerte es, so war die alte Mission außer dem obersten Bodenraume des einen Flügels vollständig in Anspruch genommen.
Der alte Pfarrer konnte nichts dagegen thun. Anfangs hatte er, nicht imstande, Gewalt anzuwenden, eine Anzahl Prozesse angestrengt, um die Lästigen aus dem frommen Hause abzuhalten, aber nur zu bald sollte er die traurigen Folgen kennen lernen, denn er fiel dadurch einer ganzen Schar von Geirn in die Hände, die alle Zahlung von ihm wollten, ohne daß sie aber das geringste für ihn ausgerichtet hätten.
Dadurch wurde ihm die heilige »Santa Lucia« verleidet, und eines schönen Morgens war er mitsamt seiner Wirtschafterin spurlos verschwunden. Es hatte auch niemand Lust, nach ihm zu forschen, und so blieb von den ursprünglichen Bewohnern nur Sennor Carlos zurück, der mit seiner Frau und Anitta, seiner Tochter, ein paar kleine Stuben des Erdgeschosses neben der Brauerei bewohnte.
Aber auch der Bodenraum sollte einen Besitzer finden. Angeblich von Buenos-Ayres war ein Mann nach Sacramento gekommen, der aus Cincinnati stammte und sich Doktor White titulierte; ob er in Wirklichkeit Arzt sei, danach wurde er von niemand gefragt. Er wollte in Sacramento ein Hospital gründen, fand aber keinen geeigneten Platz dazu und kam nun zur Mission geritten, wo er die Dachräume, da er keinen Menschen fand, dem er sie abmieten konnte, einfach mit Beschlag belegte. Er war ein praktischer Mann, der recht gut wußte, daß in diesem Lande das Recht des gegenwärtig Besitzenden nur schwer anzutasten war.
Schon am nächsten Tage traf eine Anzahl von Maultieren mit wollenen Decken und Matratzen ein, hinter welchen eine Schar von Mexikanern die nötigen eisernen Bettstellen herbeitrug. Noch vor Abend standen zwanzig Betten dort oben unter dem alten, defekten Ziegeldache auf dem offenen Boden, durch den der oft stürmische Wind nach allen Richtungen hin seinen Durchzug hatte und auf dem es zur Regenzeit eine ganz heillose, perennierende Ueberschwemmung gab. Das war nun das Hospital, welches seiner unglücklichen Patienten harrte.
Diese stellten sich auch nur zu bald ein.
So gesund das Klima in Kalifornien an und für sich auch ist, in den Minen giebt es doch stets der Kranken mehr als genug. Die wilde, unregelmäßige Lebensart trägt ebensoviel wie die schwere, für Tausende ungewohnte Arbeit und die vielen Regengüsse dazu bei, viele, besonders hitzige Fieber zum Ausbruch zu bringen, die für den davon Betroffenen aus Mangel an Pflege und ärztlicher Behandlung nur zu oft einen schlimmen und tödlichen Ausgang nehmen.
Da waren diejenigen noch glücklich zu preisen, welche die Krankheit nicht allein und in der Wildnis traf, sondern welche Freunde fanden, um sie aus den Bergen und Schluchten wieder in den Bereich der Civilisation und ordentlichen Pflege zu bringen. Die meisten freilich fanden bei den Minen nichts als sechs Fuß Erde über sich und einen armen Ring von Steinen um das enge Grab. Viele starben unterwegs oder lebten gerade lange genug, um mit dem letzten brechenden Blicke eine menschliche Niederlassung zu erfassen, und nur wenigen gelang es, wieder hergestellt zu werden, um mit gekräftigtem Körper ihre Arbeit aufs neue beginnen zu können.
Eines aber büßte jeder Kranke sicher ein: das mitgebrachte Gold.
In damaliger Zeit wurde die Arznei geradezu mit Gold aufgewogen, und ein tüchtiger Arzt hatte seine einträglichste Mine in den Krankheiten seiner Patienten.
Und wie viele Quacksalber gab es, die dies zu benutzen verstanden und bei denen vielleicht gar mancher Kranke nur deshalb starb, weil er Gold besaß, welches er im Falle der Genesung wieder mitgenommen hätte!« – —
Der Erzähler machte jetzt eine Kunstpause und zeigte dabei eine so verheißungsvolle Miene, daß ich im stillen annahm, er werde nun als »Schriftsteller« sein Erzählertalent leuchten lassen. Ich hatte mich auch nicht geirrt, denn er gab dem Folgenden die Form einer Novelle, welche ganz gut hatte gedruckt werden können. Er fuhr nämlich fort:
»Die Anhöhe zur Mission herauf schritt ein kräftig gebauter Jüngling, dessen lichtem Haare, regelmäßigen Gesichtszügen und von der Gesundheit roten Wangen man die germanische Abstammung sofort ansah, trotzdem er die bequeme mexikanische Kleidung trug.
An den Mezquitebüschen, welche die Mission umzogen, blieb er stehen und wandte sich nach Westen.
Der Abend nahte, und die Sonne tauchte ihre funkelnden Gluten in die strahlende Flut; vor ihm lag die Stadt, von brillantenem Lichte übergossen, und die Fenster des alten Gemäuers warfen blitzende Reflexe in die Ferne hinaus.
Er ließ sich auf den weichen Rasen nieder und versank so tief in den Anblick, daß er die leichten Schritte nicht vernahm, die sich von seitwärts her ihm näherten.
Ein kleines Händchen legte sich auf seine Schulter, und ein Köpfchen bog sich zu ihm herab. Er hörte die Worte:
»Willkommen auf der Mission, Sennor! Warum seid