Ein Parcerie-Vertrag. Gerstäcker Friedrich

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ein Parcerie-Vertrag - Gerstäcker Friedrich страница 3

Ein Parcerie-Vertrag - Gerstäcker Friedrich

Скачать книгу

werde hier wohl nicht mehr arbeiten, Herr Frommann,« sagte der Tagelöhner, indem er achtungsvoll den Hut zog und neben dem Reiter stehen blieb.

      »Nicht mehr arbeiten?« rief der Pachter erstaunt. »Habt Ihr eine Erbschaft gemacht, Behrens, und seid Ihr ein reicher Mann geworden, daß Ihr ohne Arbeit leben könnt?«

      »Ohne Arbeit möcht' ich gar nicht leben, Herr Frommann,« sagte der Mann freundlich, »wenn ich auch wirklich so viel Geld hätte, daß ich alle Tage Braten essen könnte, aber – da wir nicht einmal alle Tage satt Kartoffeln haben, so muß ich doch sehen wie ich das ändern kann, denn der Jammer daheim frißt mir das Herz ab.«

      »Eure Frau ist noch krank?«

      »Krank nicht mehr, Herr Frommann, Gott sei Dank, aber doch noch so schwach, daß sie auf Wochen, ja vielleicht auf Monate lang, nicht daran denken darf schwere Arbeit zu thun. Das Kleinste macht ihr ohnedies genug zu schaffen.«

      »Und da versäumt Ihr auch noch Euren Tagelohn?«

      Der Mann schwieg einen Augenblick. Er hatte augenscheinlich etwas auf den Lippen, was ihm schwer wurde auszusprechen, – endlich sagte er mit leiser Stimme: »Ich will nach Amerika, Herr Frommann.«

      »Nach Amerika?« rief dieser erstaunt, »seid Ihr toll?«

      »Nach Brasilien.«

      »Nach Brasilien? Und mit Eurer ganzen Familie? Wo wollt Ihr das viele Geld dazu hernehmen?«

      »Da haben Sie Recht, Herr Frommann,« nickte traurig der Mann, »wenn ich die Reise bezahlen müßte, käm' ich nicht einmal mit den Meinen in die nächste Seestadt, viel weniger über das weite Meer hinüber, – aber vorige Woche war ein Herr aus der Stadt hier, der uns versprochen hat daß wir frei hinübergeschafft werden sollen, und es nachher dort drüben abverdienen können. Da will ich es denn in Gottes Namen einmal versuchen – und auf der Reise erholt sich auch vielleicht meine Frau wieder, denn sie hat hier zu viel schaffen müssen und ist dadurch nur immer mehr herunter gekommen.«

      Der Pachter schüttelte mit dem Kopf und während sein Pferd langsam auf der Straße hinging, schritt der Mann neben ihm her.

      »Behrens, Behrens,« sagte er endlich, »ich fürchte, Ihr steht da im Begriff, einen recht raschen und unüberlegten Schritt zu thun, denn hier zu Lande hört man nicht viel Gutes über solche Verträge, und wenn Ihr da drüben zwischen die Fremden kommt, deren Sprache Ihr nicht einmal kennt, so seid Ihr so gut wie verrathen und verkauft, und müßt Alles mit Euch geschehen lassen.«

      »Wir haben aber einen Contract, Herr Frommann,« sagte der Arbeiter, indem er in die Tasche griff und ein Papier herausholte, »da steht Alles darauf und ich brauche ihn nur zu unterschreiben, und dann sollen wir uns um gar nichts mehr bekümmern, sondern werden frei hinüber in das Land geschafft, wo so herrlicher Boden ist, daß die kostbarsten Früchte draußen frei im Walde wachsen. Auch haben wir dort immer Sommer und so viel Holz, daß man sich holen kann was man mag, ohne einen rothen Heller dafür zu bezahlen. Mein Bruder ist ja auch seit langer Zeit dort hinübergegangen und hat mir schon vor zwei Jahren geschrieben ich sollte nur hinüber kommen, denn es ginge ihnen sehr gut, und er wollte mich dort schon einrichten. Ja, aber du lieber Gott, von unserem Tagelohn hier hätt' ich ja im ganzen Leben nicht das Reisegeld erschwingen können.«

      »Und wo ist Euer Bruder?«

      »In der Colonie Blumenau.«

      »Und dorthin wollt Ihr auch?«

      »Ja das weiß ich noch nicht,« erwiderte der Mann, »ich denke ja, denn so weit werden die Plätze doch nicht von einander sein.«

      »Zeigt einmal das Papier, Behrens,« sagte der Pachter und streckte die Hand darnach aus.

      Behrens reichte ihm den »Contract« aufs Pferd hinauf und der Pachter las ihn langsam durch. Dabei schüttelte er aber den Kopf und sagte endlich: »Ja, Behrens, das ist eigentlich gar kein Contract, denn ein solcher bindet beide Theile zu verschiedenen Verpflichtungen; hier aber sehe ich nichts darin, als wozu Ihr Euch, für Euch und Eure Familie verpflichten sollt. Es steht auch weiter nichts drüber, als: Verpflichtung, und wenn Ihr es dabei mit einem ehrlichen Mann zu thun bekommt, so mag die Sache vielleicht gehen; fallt Ihr aber gewissenlosen Menschen in die Hände, dann seid Ihr auch eben in ihre Hände gegeben, und sie können mit Euch machen, was sie wollen.«

      »Aber das soll ein ehrlicher Mann sein, Herr Frommann.«

      »Wer hat Euch das gesagt?«

      »Der Herr aus der Stadt.«

      »Ein Auswanderungs-Agent wahrscheinlich,« nickte der Pachter, »der so und so viel Kopfgeld für Jeden bekommt, den er hinüber schafft. Wollt Ihr nicht erst einmal Jemanden fragen, der mit den Verhältnissen genau bekannt ist, und kein eigenes Interesse dabei hat?«

      »Ich wollte eben zum Schulmeister gehen, Herr Frommann; der muß es wissen, denn er hat erst noch in voriger Woche den Kindern von Brasilien erzählt und was es für ein herrliches Land wäre.«

      »Ob der Euch gerade in einer so wichtigen Sache einen Rath geben kann, Behrens, weiß ich nicht, und bezweifle es fast, denn was er darüber sagen könnte, liest er doch nur aus seinen Büchern. In der Stadt findet Ihr vielleicht Andere, die mehr Erfahrung darüber haben, – aber ich muß fort, denn sie brauchen draußen noch Saatkartoffeln. Das Auswandern kann Euch natürlich kein Mensch verbieten, wenn Ihr einmal fest dazu entschlossen seid, aber leid sollte es mir um Euch thun, Behrens, wenn Ihr in schlechte Hände kämt. Brasilien mag ein schönes Land sein, aber Ihr wißt nicht was Ihr dort findet. Bleibe im Lande und nähre Dich redlich! ist ein altes, braves Sprüchwort.«

      »Ja, Herr Frommann, das ist wohl wahr,« nickte Behrens, »wir wissen nicht was wir in Brasilien finden, aber wir wissen leider was wir hier haben: Jammer und Elend und schwere Arbeit, die nicht einmal so viel abwirft, um uns bei Kräften zu erhalten.«

      »Aber Euer Lohn ist erst kürzlich auf acht Groschen erhöht worden.«

      »Ja,« seufzte der Mann, »und für einen ledigen Burschen mag es ausreichen, wo aber Einer für Fünf verdienen soll, denn das Hannchen kommt jetzt gar nicht von der kranken Mutter weg, was sind da acht Groschen; sie reichen nicht einmal für's liebe Brod in den Wochentagen, und am Sonntag, wo wir nichts verdienen dürfen, wollen wir doch auch leben.«

      »Aber es giebt doch immer hie und da zu thun.«

      »Als ich neulich am Sonntag im Wirthsfeld grub,« sagte der Mann, »hat mich der Herr Pfarrer angezeigt, und ich mußte fünf Groschen Strafe bezahlen. Wir haben dafür den ganzen Montag gehungert.«

      Der Pachter seufzte, aber er erwiderte nichts darauf.

      »Na, Behrens,« sagte er nach einer Weile, »thut keinen unüberlegten Schritt. – Es sollte mir leid thun, Euch hier zu verlieren, denn Ihr seid ein braver, ordentlicher Arbeiter gewesen, die ganze Zeit, ich möchte Euch aber auch nicht abrathen, wenn ich wüßte daß es zu Eurem Glück wäre, und Ihr Eure Lage dadurch wirklich verbessertet. Das Papier da sichert Euch aber gar nichts, und ehe Ihr das unterschreibt, besinnt Euch lieber noch einmal,« und seinem Pferd die Sporen gebend, trabte er rasch in den Hof hinein, um dort die für die Feldarbeiten nöthigen Anordnungen zu treffen.

      Behrens aber faltete langsam das Papier zusammen, steckte es in die Tasche und schritt ruhig dem Hause des Schulmeisters zu, der heute Nachmittag, wo er keine Schule hatte, das warme Frühlingswetter ebenfalls benutzte, und in seinem, freilich sehr kleinen Gärtchen hackte und schaufelte.

      Auch der Schulmeister war

Скачать книгу