Ein Parcerie-Vertrag. Gerstäcker Friedrich

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Ein Parcerie-Vertrag - Gerstäcker Friedrich

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ist noch ein fremdes Wort, was ich nicht verstehe – solidarisch –.«

      »Nun, das heißt weiter nichts, als daß Ihr für Eure Frau und Kinder einsteht, damit die auch helfen die Schuld abzutragen.«

      »Nun, das versteht sich ja doch von selbst,« sagte Behrens.

      »Aber wißt Ihr was mir auffällt,« bemerkte der Schulmeister. »Erstlich steht hier kein Wort davon, daß Ihr die Sonntage frei bekommt, und wenn das auch bei uns Sitte ist, so weiß man doch nicht wie sie es drüben machen, und jedenfalls gehört das mit in den Contract. Dann aber ist auch noch das Wichtigste vergessen, und das könnte einen Haken haben.«

      »Das Wichtigste, Schulmeister?«

      »Jedenfalls eine Hauptsache, und die muß auch noch mit hinein, sonst unterschriebe ich wenigstens den Contract nicht. Ein Haus werdet Ihr natürlich kriegen, denn eine Wohnung gehört dazu, wenn man irgendwo arbeiten soll; die erhält bei uns selbst ein Schulmeister, dem sie doch alles Mögliche abzwacken, aber von einem Garten steht kein Wort darin. Das vergeßt nicht, – den macht Euch noch vorher aus, denn ein Garten ist die Hauptsache – und wenn er noch so klein wäre, wo Ihr Euch ein paar Kaffeebäume und Palmen und Zuckerrohr, und ein bischen Indigo vielleicht, pflanzen könnt. Den geben sie Euch auch. – Und dann noch eins, Behrens,« fuhr der Schulmeister fort, »schreibt mir einmal, wie es Euch geht, und was Ihr treibt, hört Ihr wohl, das müßt Ihr mir versprechen.«

      »Recht gern, Schulmeister, recht von Herzen gern,« erwiderte Behrens, »wenn's auch bei mir nicht gerade vom besten mit Schreiben geht, denn Sie wissen wohl, in unserer Zeit wurde noch nicht viel darauf gehalten, so kann mein Mädel, die Johanna Marie, doch prächtig damit fertig werden, und die soll schon einen Brief schreiben.«

      »Gut, Behrens, und vergeßt nur den Garten nicht; ein Stück Land müssen sie Euch geben, das Ihr selber nur für Euch bauen könnt, – wenn nicht so viel übrig ist, wäre es auch nicht der Mühe werth daß Ihr hinüber ginget.«

      »Ich will's nicht vergessen, Schulmeister, und ich dank Ihnen auch vielmals für den Wink. – Ich wußte wohl, daß ich mich bei Ihnen an den rechten Mann wandte. Nichts für ungut, Frau Peters, daß ich gestört habe, – ich wollt's eigentlich nicht.«

      »Recht gern geschehen, Behrens,« sagte die Frau Schulmeisterin, die ganz stolz darauf war was ihr Mann sagte. »Mein Schulmeister hilft ja recht gern, wo er irgend kann, mit Rath und That.«

      »Werd's ihm nicht vergessen, – und nun leben Sie wohl; ich will jetzt gleich nach der Stadt hinein, daß ich heute Abend noch was abmachen kann, und im schlimmsten Fall bleib ich dort über Nacht bei dem Andres, dem Steffen seinem Jungen, der Kutscher ist und mir die Wohnung angegeben hat. Recht vergnügten Abend allerseits,« – und damit nahm er seinen Hut, griff seinen Stock auf und wanderte mit rüstigen Schritten, das eben Gehörte dabei wieder und wieder überlegend, die Straße hinab, die nach der Stadt zu führte. Drüben im Feld arbeiteten die Leute, um ihn her flogen und zwitscherten die Lerchen, die vaterländische Sonne schien hell und warm auf seinen Pfad, aber er sah und hörte weder Kameraden, noch Sonnenschein, noch wirbelndes Lerchengeschmetter, denn Auge und Ohr weilte bei anderen Bildern und sein Herz war in Brasilien.

      Zweites Capitel.

      Verschiedene Auskunft

      Die Stadt – eine kleine Residenz in Thüringen – lag ungefähr zwei Stunden Wegs von Groß-Emmen entfernt, und Behrens, mit seinen Gedanken beschäftigt, konnte sich nicht erinnern jemals so rasch hineingekommen zu sein, wie heute. Er sah sich ordentlich erstaunt um, als er sich zwischen den ersten Häusern fand, und doch erfaßte ihn auch wieder ein ganz eigenes und beklemmendes Gefühl, das etwas Fremdes und Unbehagliches für ihn hatte.

      War er bis jetzt je gewohnt gewesen selbstständig zu handeln? Nicht seit der Zeit wo er seine Frau genommen, und selbst damals hatte sie eigentlich mehr bei der Sache gethan, als er selber. Außerdem war er, seit er die Schule verlassen, nur Tagelöhner bei fremden Leuten gewesen, der die Arbeit eben that, zu der er gestellt wurde, ohne die geringste Verantwortlichkeit dafür. Morgens zur bestimmten Zeit begann er damit, – Abends eben so wurde Schicht gemacht und Sonntags gefeiert, – weiter kannte er keine Abwechselung in seinem Leben. Jetzt aber trat dieses selber an ihn heran. Aus seiner gewohnten Beschäftigung herausgerissen und dadurch von dem bisherigen und regelmäßigen Einkommen abgeschnitten, sollte er auf einmal selbstständig einen Entschluß fassen, der ihn weit hinweg vom Vaterland über das große Weltmeer führte, und einer ungewissen Zukunft in die Arme warf. Allerdings erfüllten ihn dabei die größten Hoffnungen, – aber wenn es mißlang? wenn er dann mit Frau und Kindern unter fremden Leuten im Elend saß, und nicht wieder zurück konnte in die alten Verhältnisse? Wer trug nachher die Schuld an seinem Unglück und dem der Seinen? Nur er selber, und welche Vorwürfe hätte er sich nachher machen müssen.

      Diese Gedanken quälten ihn unterwegs, aber sein Schritt zögerte deshalb nicht. Es war, als ob er durch eine innere, unwiderstehliche Gewalt vorwärts gedrängt würde. Wie von einem unbestimmten Etwas getrieben, wanderte er die Straße hinab, und wollte eben in den Platz einbiegen, auf welchem der Auswanderungsagent wohnte, als ihn eine Stimme von einem Wagen herab anrief, daß er stehen blieb und sich überrascht umsah.

      »Hallo, Gottlieb!« rief es, »wo kommt Ihr denn heute in die Stadt? und wie gehts daheim?«

      »Ei, Andres!« rief Behrens erfreut, wie er den Kutscher erkannte, der jetzt neben ihm am Wege hielt. »Das ist mir lieb, mein Junge, daß ich Dich finde. Wie gehts?«

      »Oh, gut geht's; aber wo wollt Ihr hin, Behrens?«

      »Nach Brasilien, Andres.«

      »Nach wohin?«

      »Nach Brasilien.«

      »Alle Wetter,« sagte der junge Bursch erstaunt, »weiter nicht?«

      »Ne, Andres; – wie wär's, wenn Du mitgingst? – Reise und Alles frei, und die Schinderei hier zu End.«

      »Hm, Behrens, kommt doch einmal mit vorn auf den Bock; ich schaffe nur den Wagen nach Haus und versorge die Pferde, und habe dann weiter nichts zu thun, daß wir noch ein Wort zusammen reden können, – heute kommt Ihr doch nicht mehr hin.«

      »Nein, Andres,« sagte Behrens, »und morgen wahrscheinlich auch nicht, aber ich fahr mit, denn es wär mir lieb, wenn Du mich nachher begleiten könntest.«

      »Und unterwegs erzählt Ihr mir die ganze Geschichte,« sagte Andres, während Behrens zu ihm auf den Bock stieg.

      So fuhren sie langsam der Wohnung des Doctor Maller, Andres' Brodherrn, zu, und der Tagelöhner theilte jetzt dem Kameraden Alles mit, was seine künftigen Pläne betraf, während dieser kein Wort dazu sagte, sondern nur manchmal mit dem Kopf nickte oder schüttelte.

      Endlich langten sie bei der Wohnung des Doctors an. Behrens half die Pferde mit ausschirren und in den Stall führen, wo ihnen Andres ihr Futter gab, während der Mann ein paar Eimer Wasser holte.

      Wie sie fertig waren sagte Andres, der indessen in einem fort gepfiffen hatte: »Hört einmal, Behrens, – Ihr habt den Contract bei Euch, wie?«

      »Ja, Andres.«

      »Schön, – mein Doctor ist zu Hause, ich habe ihn eben oben am Fenster gesehen, – der weiß Alles, ist auch schon einmal drüben in Amerika gewesen, dem wollen wir das Papier zeigen, – der kennt sich in solchen Sachen aus.«

      »Ja, aber,« sagte Behrens, »was wird sich der um unser Einen kümmern; der hat mehr zu thun.«

      »Laßt

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