Briefe an Ludwig Tieck 4. Various

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Briefe an Ludwig Tieck 4 - Various

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Leidenschaft poetisch sei, und daß alle Kunst darin bestehe, diesen Strom von seinem Ursprunge an bis an das Meer zu verfolgen, indem man weder die Blumen am Ufer noch die künstlichen Hemmungen vergißt, welche des Stromes Gewalt vergrößern, indem sie ihn aufhalten, so daß er in Diamanten stäuben und in Strahlen schäumen muß. Jetzt verstehe ich Romeo und Julie, Werther, Coriolan u. a. Meisterwerke erst. Sie werden vielleicht über den jungen Menschen lächeln, der eine Ihnen sicher längst geläufige Idee so prahlend hervorhebt, aber solche Gedanken entscheiden mehr als alles, das fühl ich, über die Richtung, die ein strebender Geist einschlägt; oder sie ersparen wenigstens ein langwieriges Tappen auf gut Glück. – Wenn doch das Schicksal mir den einen stolzen Wunsch gewährte, einem Manne in der Litteratur, bevor er vom Leben scheidet Freude zu machen, einem verehrten Manne, bei dem man sich eben nicht auf die honetteste Weise eingeführt hat.

      Ich will Sie nicht mit zu langem Geschwätz ermüden, zumal auch meine Schwester sich’s nicht nehmen läßt an Sie zu schreiben. Gott schenke Ihnen noch lange Gesundheit und heitern Muth, damit auch ich noch lange von einem Auge weiß, das auf mir ruhend mich zu Thaten anspornt.

      Mit vollkommner Hochachtung

Ihr ergebensterOtto v. Skepsgardh.

      II

Berlin, d. 31sten August 1843.Hochverehrter Herr Geheimrath!

      Ich bin so frei Ihnen wieder ein Werkchen zu schicken, diesesmal jedoch nur mit der Bitte um Ihr Urtheil darüber. Es ist in vier Tagen aufgefaßt und niedergeschrieben, als Ableitung einer peinigenden Ungeduld. Um den dritten Akt bin ich etwas besorgt, da ich ihn gleich gestern Abend in’s Reine geschrieben. Noch keine meiner Arbeiten hat mir jedoch unmittelbar nach der Vollendung so im Ganzen gefallen, als dieser melankolische Scherz und ich nehme das für ein gutes Zeichen. Freuen würd’ es mich, wenn das Stück sich Ihre Zufriedenheit erwürbe, da ich als Dramatiker nicht wohl bei Ihnen zum ersten Male bestanden. Ist es wohl werth aufgeführt zu werden? Welchen Weg hätte ich da einzuschlagen. Ein bloßes Hinsenden an eine Direktion ist langwierig und mir wäre es lieb wegen meiner Schwester, je eher desto lieber einen kleinen Einfluß auf die Bretterwelt zu erlangen. Werden Sie mich auch nicht für unleidlich zudringlich ansehn müssen? Aber setzen Sie sich in meine Lage, die in diesem Augenblick nicht die beste ist, wäre nicht noch das Bißchen Hoffnung, so müßte man verzweifeln. Alle meine Schritte für uns das Nothwendige zu besorgen, sind bis heute fruchtlos im Wesentlichen geblieben. Nun faßte ich den Plan, meine Vorreden an einen kunstliebenden, mir bekannten hiesigen Bankier, der mir in frühern Zeiten manchmal geholfen, zu schicken mit einer Art von Zueignung an ihn und der beiläufigen Bitte um einen Vorschuß von 30 Thlr., bis das Werk gedruckt ist. Ich würde wie ich den Mann kenne nicht schlecht spekuliren, wenn er um Ihre Vorrede wüßte, aber auch nur in diesem Falle dürfte ich hoffen, denn der Mann hat kein selbstständiges Urtheil. So unangenehm das ganze Verfahren mich auch berühren möchte, so thäte ich’s doch, wenn Sie mir die Erlaubniß dazu gäben, denn was unternimmt man nicht in der Noth. Meiner Schwester Engagement nach Strahlsund ist fest und hat sich so verzögern lassen, daß wir erst zum 15ten Sept. dazusein brauchen. Da wäre nun wieder Raum zu spekuliren und zu hoffen.

      Ich habe in diesen Tagen auf der Folter gelegen; allerlei Vermuthungen, wie sie mir bald die Furcht, bald die Hoffnung eingab, gingen mir durch den Kopf. Ich konnte es nicht unterlassen, mich auf der Post zu erkundigen, ob Briefe an Sie auch sicher bestellt seien? Die Antwort war beruhigend und ich schrieb an meinem Drama. Nun es fertig ist, erwache ich aus einem Traume und sehe besorgt um mich. Verzeihen Sie meiner Ungeduld, stets schwebe ich in Angst, Sie möchten unsrer schon überdrüssig sein oder es doch alle Augenblicke werden. Meine Schwester nimmt sich die Freiheit selbst an Sie zu schreiben und auch ich hätte Sie noch nicht belästigt, wüßte ich nicht, daß ich in einem meiner Briefe Ihnen geschrieben, wir könnten schon zum 1sten Sept. fort sein. Nun fiel es mir ein, daß Sie dann nicht wissen würden, wo wir eigentlich stecken, falls Sie uns mit einigen Worten beglücken wollten. Bei den Karten sucht’ ich nach alter Angewöhnung auch schon Trost, fand aber keinen sonderlichen, denn sie sprechen in der letzten Zeit nur von Unwohlsein und Fehlschlägen, die Sie in Gedanken führen sollen.

      Gott wende alles zum Besten, erwerbe oder erhalte mir Ihr Wohlwollen.

HochachtungsvollIhrergebensterv. Skepsgardh.

      III

Berlin, d. 12ten Septbr. 1843.Hoch-Wohlgeborner Herr,Sehr geehrter Herr Geheimrath

      Ihr geneigtes Schreiben vom 11. d. M. habe ich so eben durch Ihren Herrn Bruder erhalten, und das Unerwartete hat mich, ich muß es gestehn, mit Trauer und Verzweiflung erfüllt. Als Sie mir das Manuskript, über dessen ersten Theil Sie sich selbst lobend ausgesprochen, immer noch nicht zurückschickten, mußte ich glauben, der 2te Theil, den ich ganz nach Ihren Anweisungen umgeändert, habe Ihnen auch gefallen und Sie seyen geneigt, dem Lebensgange eines Sie in Ihren Schriften so sehr verehrenden Dichters auf Kosten einer bagatellen Unbequemlichkeit Ihrerseits, einen plötzlichen Schwung zu geben. Denn wenn Sie schon einigen Ihrer Freunde ähnliche Bitten abgeschlagen, so sind Freunde eines Dichters nicht immer auch Dichter. Meine Hoffnung wuchs, je längere Zeit Sie mir durch Ihr Schweigen ließen die Gründe zu überdenken, die Sie meinen Wünschen gemäß stimmen mußten. – Ich bedachte, daß Sie meiner Schwester hilflose Lage kennten, daß ich in meinem Schreiben Sie gebeten, im Nichtgewährungsfalle mich nicht lange in Ungewißheit zu lassen. Demungeachtet schwiegen Sie. Meine Schwester hatte ein Engagement bekommen; und ich verhehlte Ihnen nicht, wie ich Ihre Vorrede und das Manuskript benutzen wolle, um ihr die Mittel zur Hinreise nach ihrem Bestimmungsorte und die erste dortige Existenz zu sichern. Sie schwiegen. Da glaubte ich Sie hätten mein Manuskript an einen befreundeten Buchhändler geschickt und warteten auf Antwort, die uns aus der Noth helfen sollte. Ich schickte Ihnen noch ein in ¼ Stunde durchlesbares Werkchen und bat um Antwort. Sie schwiegen. Der Tag an dem meine Schwester abreisen soll, rückte immer näher, da ging ich zu Ihrem Herrn Bruder, um mich zu erkundigen. So bin ich endlich so glücklich von Ihnen einen Brief zu erhalten und lese: Sie haben nicht Zeit u. s. w. Das auf alle meine, meiner Schwester vertrauungsvolle Briefe eine Antwort! Hätte ich doch mein Werkchen damals gleich an einen Buchhändler ohne weiteres geschickt; ich hätte jetzt schon eine Antwort, die mir Aussichten eröffnete; hätt’ ich es mit der Widmung an den Bankier geschickt, ich hätte nun die für meine Schwester nöthigen Mittel. Jetzt ist die Zeit zu allem zu kurz; meiner Schwester Kontrakt geht den 15ten d. M. an; sie kann ihn nicht halten, das mühsam errungene Engagement ist verloren und sie mit mir dem bittersten Elende Preis gegeben. Hätte ich Sie niemals kennen gelernt, so wäre nun mein Glaube an Göttliches auf Erden fester. Ich bitte nun sehr, mir das Schauspiel recht bald zurückzuschicken, denn trotz der Hölle will ich allein meinen Weg gehn und Werke hinstellen die so lang es eine deutsche Literatur giebt, mich und mein Schicksal in der Menschen Gedächtniß erhalten sollen. Wenn Sie mir durch Ihren Einfluß das erste Auftreten nicht erschweren wollen, so bin ich von dem Edelsinn eines verehrten Dichters hinlänglich überzeugt und werde muthiger mit dem Leben kämpfen. Da ich die Sage, die auch in Ihrer Akkorombona steht, nicht wohl missen kann, so muß ich schon sehn was ich mache, um dem Roman einen Schluß zu geben, der für Sie nicht nachtheilig zurückwirkt. Mit der Bitte um baldige Zurückgabe meines Schauspiels habe ich die Ehre mich zu zeichnen als

Ew. Hoch-Wohlgeborenergebensterv. Skepsgardh.

      Ich bitte es für keine absichtliche Ungezogenheit anzusehn, daß ich den Brief nicht frankire, in diesem Augenblick bin ich es durchaus nicht im Stande. Haben Ew. Hochwohlgeb. die Güte mir mein Manuskribt unfrankirt zuzuschicken.

      Solger, Karl Wilhelm Ferdinand

      Geb. am 28. Nov. 1780 zu Schwedt, gest. am 20. Oct. 1819 als Professor an der Universität zu Berlin.

      Tieck schreibt: „Im Herbst (1810) hatte T. in Frankfurt a. O. Solger aufgesucht; dafür kam in diesem Jahr (1811) in den Pfingsttagen

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