Frühlings Erwachen. Франк Ведекинд
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Ich habe den Kleinen Meyer von A bis Z durchgenommen. Worte – nichts als Worte und Worte! Nicht eine einzige schlichte Erklärung. O dieses Schamgefühl! – Was soll mir ein Konversationslexikon, das auf die nächstliegende Lebensfrage nicht antwortet.
Hast du schon einmal zwei Hunde über die Straße laufen sehen?
Nein! – — Sag mir heute lieber noch nichts, Melchior. Ich habe noch Mittelamerika und Ludwig den Fünfzehnten vor mir. Dazu die sechzig Verse Homer, die sieben Gleichungen, der lateinische Aufsatz – ich würde morgen wieder überall abblitzen. Um mit Erfolg büffeln zu können, muß ich stumpfsinnig wie ein Ochse sein.
Komm doch mit auf mein Zimmer. In dreiviertel Stunden habe ich den Homer, die Gleichungen und zwei Aufsätze. Ich korrigiere dir einige harmlose Schnitzer hinein, so ist die Sache im Blei. Mama braut uns wieder eine Limonade, und wir plaudern gemütlich über die Fortpflanzung.
Ich kann nicht. – Ich kann nicht gemütlich über die Fortpflanzung plaudern! Wenn du mir einen Gefallen tun willst, dann gib mir deine Unterweisungen schriftlich. Schreib mir auf, was du weißt. Schreib es möglichst kurz und klar und steck es mir morgen während der Turnstunde zwischen die Bücher. Ich werde es nach Hause tragen, ohne zu wissen, daß ich es habe. Ich werde es unverhofft einmal wiederfinden. Ich werde nicht umhin können, es müden Auges zu durchfliegen … falls es unumgänglich notwendig ist, magst du ja auch einzelne Randzeichnungen anbringen.
Du bist wie ein Mädchen. – Übrigens wie du willst! Es ist mir das eine ganz interessante Arbeit. – — Eine Frage, Moritz.
Hm?
– Hast du schon einmal ein Mädchen gesehen?
Ja!
Aber ganz?!
Vollständig!
Ich nämlich auch! – Dann werden keine Illustrationen nötig sein.
Während des Schützenfestes, in Leilichs anatomischem Museum! Wenn es aufgekommen wäre, hätte man mich aus der Schule gejagt. – Schön wie der lichte Tag, und – o so naturgetreu!
Ich war letzten Sommer mit Mama in Frankfurt – — Du willst schon gehen, Moritz?
Arbeiten machen. – Gute Nacht.
Auf Wiedersehen.
Dritte Szene
Thea, Wendla und Martha kommen Arm in Arm die Straße herauf
Wie einem das Wasser ins Schuhwerk dringt!
Wie einem der Wind um die Wangen saust!
Wie einem das Herz hämmert!
Geh′n wir zur Brücke hinaus! Ilse sagte der Fluß führe Sträucher und Bäume. Die Jungens haben ein Floß auf dem Wasser. Melchi Gabor soll gestern abend beinah ertrunken sein.
O der kann schwimmen!
Das will ich meinen, Kind!
Wenn er nicht hätte schwimmen können, wäre er wohl sicher ertrunken!
Dein Zopf geht auf, Martha; dein Zopf geht auf!
Puh – laß ihn aufgehn! Er ärgert mich so Tag und Nacht. Kurze Haare tragen wie du darf ich nicht, das Haar offen tragen wie Wendla darf ich nicht, Ponyhaare tragen darf ich nicht, und zu Hause muß ich mir gar die Frisur machen – alles der Tanten wegen!
Ich bringe morgen eine Schere mit in die Religionsstunde. Während du „Wohl dem, der nicht wandelt“ rezitierst, werd′ ich ihn abschneiden.
Um Gotteswillen, Wendla! Papa schlägt mich krumm, und Mama sperrt mich drei Nächte ins Kohlenloch.
Womit schlägt er dich, Martha?
Manchmal ist es mir, es müßte ihnen doch etwas abgehen, wenn sie keinen so schlechtgearteten Balg hätten wie ich.
Aber Mädchen!
Hast du dir nicht auch ein himmelblaues Band durch die Hemdpasse ziehen dürfen?
Rosa Atlas! Mama behauptet, Rosa stehe mir bei meinen pechschwarzen Augen.
Mir stand Blau reizend! – Mama riß mich am Zopf zum Bett heraus. So – fiel ich mit den Händen voraus auf die Diele. – Mama betet nämlich Abend für Abend mit uns....
Ich an deiner Stelle wäre ihnen längst in die Welt hinausgelaufen.
… Da habe man′s, worauf ich ausgehe! – Da habe man′s ja! – Aber sie wolle schon sehen – o sie wolle noch sehen! – Meiner Mutter wenigstens solle ich einmal keine Vorwürfe machen können....
Hu – Hu —
Kannst du dir denken, Thea, was Mama damit meinte?
Ich nicht. – Du, Wendla?
Ich hätte sie einfach gefragt.
Ich lag auf der Erde und schrie und heulte. Da kommt Papa. Ritsch – das Hemd herunter. Ich zur Türe hinaus. Da habe man′s! Ich wolle nun wohl so auf die Straße hinunter....
Das ist doch gar nicht wahr, Martha.
Ich fror. Ich schloß auf. Ich habe die ganze Nacht im Sack schlafen müssen.
Ich könnte meiner Lebtag in keinem Sack schlafen!
Ich möchte ganz gern mal für dich in deinem Sack schlafen.
Wenn man nur nicht geschlagen wird.
Aber man erstickt doch darin!
Der Kopf bleibt frei. Unter dem Kinn wird zugebunden.
Und dann schlagen sie dich?
Nein. Nur wenn etwas Besonderes vorliegt.
Womit schlägt man dich, Martha?
Ach was – mit allerhand. – Hält es deine Mutter auch für