Frühlings Erwachen. Франк Ведекинд

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Frühlings Erwachen - Франк Ведекинд

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wie ein Handtuch.

      (Moritz kommt in äußerster Aufregung.)

Lämmermeier

      Moritz, Moritz, was du getan hast!

Moritz

      – — Nichts – — nichts – — —

Robert

      Du fieberst!

Moritz

      – Vor Glück – vor Seligkeit – vor Herzensjubel —

Otto

      Du bist erwischt worden?!

Moritz

      Ich bin promoviert! – Melchior, ich bin promoviert! – O jetzt kann die Welt untergehn! – Ich bin promoviert! – Wer hätte geglaubt, daß ich promoviert werde! – Ich fass′ es noch nicht! – Zwanzigmal hab′ ich′s gelesen! – Ich kann′s nicht glauben – du großer Gott, es blieb! – Es blieb! Ich bin promoviert! – (lächelnd) Ich weiß nicht – so sonderbar ist mir – der Boden dreht sich … Melchior, Melchior, wüßtest du, was ich durchgemacht!

Hänschen Rilow

      Ich gratuliere, Moritz. – Sei nur froh, daß du so weggekommen!

Moritz

      Du weißt nicht, Hänschen, du ahnst nicht, was auf dem Spiel stand. Seit drei Wochen schleiche ich an der Tür vorbei wie am Höllenschlund. Da sehe ich heute, sie ist angelehnt. Ich glaube, wenn man mir eine Million geboten hätte – nichts, o nichts hätte mich zu halten vermocht! – Ich stehe mitten im Zimmer – ich schlage das Protokoll auf – blättere – finde – — und während all der Zeit … Mir schaudert —

Melchior

      … während all der Zeit?

Moritz

      Während all der Zeit steht die Tür hinter mir sperrangelweit offen. – Wie ich heraus … wie ich die Treppe heruntergekommen, weiß ich nicht.

Hänschen Rilow

      – Wird Ernst Röbel auch promoviert?

Moritz

      O gewiß, Hänschen, gewiß! – Ernst Röbel wird gleichfalls promoviert.

Robert

      Dann mußt du schon nicht richtig gelesen haben. Die Eselsbank abgerechnet zählen wir mit dir und Röbel zusammen einundsechzig, während oben das Klassenzimmer mehr als sechzig nicht fassen kann.

Moritz

      Ich habe vollkommen richtig gelesen. Ernst Röbel wird so gut versetzt wie ich – beide allerdings vorläufig nur provisorisch. Während des ersten Quartals soll es sich dann herausstellen, wer dem andern Platz zu machen hat. – Armer Röbel! – Weiß der Himmel, mir ist um mich nicht mehr bange. Dazu habe ich diesmal zu tief hinuntergeblickt.

Otto

      Ich wette fünf Mark, daß du Platz machst.

Moritz

      Du hast ja nichts. Ich will dich nicht ausrauben. – Herrgott, werd′ ich büffeln von heute an! – Jetzt kann ich′s ja sagen – mögt ihr daran glauben oder nicht – jetzt ist ja alles gleichgültig – ich – ich weiß, wie wahr es ist: Wenn ich nicht promoviert worden wäre, hätte ich mich erschossen.

Robert

      Prahlhans!

Georg

      Der Hasenfuß!

Otto

      Dich hätte ich schießen sehen mögen!

Lämmermeier

      Eine Maulschelle drauf!

Melchior

      (gibt ihm eine)

      – — Komm, Moritz. Gehn wir zum Försterhaus!

Georg

      Glaubst du vielleicht an den Schnack?

Melchior

      Schert dich das? – — Laß sie schwatzen, Moritz! Fort, nur fort, zur Stadt hinaus!

      (Die Professoren Hungergurt und Knochenbruch gehen vorüber.)

Knochenbruch

      Mir unbegreiflich, verehrter Herr Kollega, wie sich der beste meiner Schüler gerade zum allerschlechtesten so hingezogen fühlen kann.

Hungergurt

      Mir auch, verehrter Herr Kollega.

      Fünfte Szene

      Sonniger Nachmittag. – Melchior und Wendla begegnen einander im Wald.

Melchior

      Bist du′s wirklich, Wendla? – Was tust denn du so allein hier oben? – Seit drei Stunden durchstreife ich den Wald die Kreuz und Quer, ohne daß mir eine Seele begegnet, und nun plötzlich trittst du mir aus dem dichtesten Dickicht entgegen!

Wendla

      Ja, ich bin′s.

Melchior

      Wenn ich dich nicht als Wendla Bergmann kennte, ich hielte dich für eine Dryade, die aus den Zweigen gefallen.

Wendla

      Nein, nein, ich bin Wendla Bergmann. – Wo kommst denn du her?

Melchior

      Ich gehe meinen Gedanken nach.

Wendla

      Ich suche Waldmeister. Mama will Maitrank bereiten. Anfangs wollte sie selbst mitgehn, aber im letzten Augenblick kam Tante Bauer noch, und die steigt nicht gern. – So bin ich denn allein heraufgekommen.

Melchior

      Hast du deinen Waldmeister schon?

Wendla

      Den ganzen Korb voll. Drüben unter den Buchen steht er dicht wie Mattenklee. – Jetzt sehe ich mich nämlich nach einem Ausweg um. Ich scheine mich verirrt zu haben. Kannst du mir vielleicht sagen, wie viel Uhr es ist?

Melchior

      Eben halb vier vorbei. – Wann erwartet man dich?

Wendla

      Ich glaubte, es wäre später. Ich lag eine ganze Weile am Goldbach im Moose und habe geträumt. Die Zeit verging mir so rasch; ich fürchtete, es wolle schon Abend werden.

Melchior

      Wenn man dich noch nicht erwartet, dann laß uns hier noch ein wenig lagern. Unter der Eiche dort ist mein Lieblingsplätzchen. Wenn man den Kopf an den Stamm zurücklehnt und durch die Äste in den Himmel starrt, wird man hypnotisiert. Der Boden ist noch warm von der Morgensonne. – Schon seit Wochen wollte ich dich etwas fragen, Wendla.

Wendla

      Aber vor fünf muß ich zu Hause sein.

Melchior

      Wir gehen dann zusammen. Ich nehme den Korb und wir schlagen den Weg durch die Runse ein, so sind wir in zehn Minuten schon auf der Brücke! – Wenn man so daliegt, die Stirn in die Hand gestützt, kommen einem die sonderbarsten Gedanken …

      (Beide lagern sich unter der Eiche.)

Wendla

      Was wolltest du mich fragen, Melchior?

Melchior

      Ich habe gehört, Wendla, du gehest häufig zu armen Leuten. Du brächtest ihnen Essen, auch Kleider und Geld. Tust du das aus eigenem Antriebe oder schickt deine Mutter dich?

Wendla

      Meistens schickt mich die Mutter. Es sind arme Taglöhnerfamilien, die eine Unmenge Kinder haben. Oft findet der Mann keine Arbeit, dann frieren und hungern sie. Bei uns liegt aus früherer Zeit noch so mancherlei in Schränken und Kommoden, das nicht mehr gebraucht wird. – Aber

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