Das Mädchen Der Verbotenen Regenbögen. Rosette

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Das Mädchen Der Verbotenen Regenbögen - Rosette

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Abend, Mister Mc Laine. Mein Name ist Melisande Bruno, ich komme aus London und...”

      „Ersparen Sie mir die Liste Ihrer Kenntnisse, Miss Bruno. Unter anderem eine recht bescheidene.“ Die Stimme klang jetzt gelangweilt.

      Mein Blick hob sich, endlich dazu bereit, den meines Gesprächspartners zu treffen. Und als dies geschah, dankte ich dem Himmel ihn zuerst begrüßt zu haben. Denn jetzt hätte ich ernsthafte Schwierigkeiten gehabt, mich sogar an meinen eigenen Namen zu erinnern.

      Er saß auf der anderen Seite des Schreibtischs, im Rollstuhl, eine Hand

      stützte sich auf den Rand und berührte das Holz, mit der anderen spielte er mit einem Füllhalter, die dunklen unergründlichen Augen starr auf mich gerichtet. Und zum x-ten Male bedauerte ich es nicht in der Lage zu sein, Farben zu erkennen. Ich hätte ein Jahr meines Lebens dafür gegeben, um die Farben seines Gesichts und seines Haares zu unterscheiden. Aber diese Freude war mir nicht gegönnt. Ohne Widerruf. In einem Anflug von klarem Denken dachte ich, dass es auch so schön ist: das Gesicht mit einer unnatürlichen Blässe, schwarze Augen im Schatten von langen Wimpern, schwarze wellige dichte Haare.

      „Sind Sie vielleicht stumm? Oder taub?”

      Ich prallte nach einem Fall aus luftiger Höhe wieder auf der Erde auf. Ich konnte fast den Aufprall meiner Glieder auf dem Boden hören. Ein tosendes und bedrohliches Getöse, gefolgt von einem unheimlichen und verheerendem Knirschen.

      „Entschuldigung, ich war etwas abgelenkt“, murmelte ich und errötete sofort.

      Er sah mich mit einer für meinen Geschmack übertriebenen Aufmerksamkeit an. Es schien als würde er sich jede einzelne Linie meines Gesichtes einprägen, sein Blick blieb auf meinem Hals ruhen. Ich errötete noch mehr. Zum ersten Mal wünschte ich mir inständig, dass ich meinen Geburtsfehler mit einem anderen menschlichen Wesen teilen könnte. Es wäre weniger peinlich gewesen zu wissen, dass Herr Mc Laine, in seiner aristokratischen und triumphierenden Schönheit, die Röte, die sich in Windeseile auf jedem Zentimeter bloßer Haut ausbreitete, nicht wahrnehmen könnte.

      Ich wippte vor lauter Unbehagen mit den Füßen angesichts dieser unverschämten Sichtprüfung. Er setzte seine Analyse fort, um zu meinem Haare zu kommen.

      „Sie sollten sich ihre Haare färben. Oder Sie werden am Ende für Feuer gehalten. Ich würde nicht unter dem Ansturm von hundert Feuerwehrmännern enden wollen.“ Sein unergründlicher Ausdruck hellte sich ein wenig auf, und ein Funken Belustigung glänzte in seinen Augen.

      „Ich habe diese Farbe nicht gewählt” sagte ich, indem ich all meine Würde aufbrachte, zu der ich fähig war. „Aber der Schöpfer.“

      Er hob eine Augenbraue. „Sind Sie religiös, Miss Bruno?”

      „Und Sie, Sir?”

      Er legte den Füller auf den Schreibtisch, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. „Es gibt keine Beweise, dass Gott existiert”.

      „Aber auch keine, dass er nicht existiert” antwortete ich herausfordernd und überraschte mich selbst am meisten über die Vehemenz meiner Worte.

      Seine Lippen verzogen sich in ein spöttisches Lächeln, dann zeigte er auf einen kleinen Polstersessel. „Setzen Sie sich.” Es war mehr ein Befehl als eine Einladung. Dennoch gehorchte ich ohne zu zögern.

      „Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Miss Bruno. Sind Sie religiös?”

      „Ich bin gläubig, Mister Mc Laine” bestätige ich mit leiser Stimme. „Aber ich bin nicht sehr praktizierend. Besser gesagt, ich bin es überhaupt nicht.”

      „Schottland ist eine der wenigen englischsprachigen Nationen, wo der Katholizismus mit Inbrunst und unvergleichlicher Hingabe praktiziert wird.“ Seine Ironie war unverkennbar. „Ich bin die Ausnahme, die die Regel bestätigt ... Sagt man das nicht so? Sagen wir, ich glaube nur an mich selbst und an alles was ich berühren kann.“

      Er lehnte sich erschöpft in seinen Rollstuhl zurück und trommelte mit den Fingerspitzen auf die Armlehnen. Doch ich glaubte nicht, nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde, dass er verletzlich oder zerbrechlich wäre. Sein Gesichtsausdruck war einer von denen, die durch Flammen gegangen sind, und keine Angst haben sich noch einmal in sie zu stürzen, wenn sie es für erforderlich hielten. Oder einfach, wenn sie Lust dazu hatten. Mit Mühe löste ich meinen Blick von seinem Gesicht. Es war hell, fast perlfarben, eine glänzendes und strahlendes Weiß, anders als die üblichen Gesichter um mich herum. Es war anstrengend, ihn zu betrachten, und seiner hypnotischen Stimme zuzuhören. Ein Schlangenbeschwörer, und jede Frau würde sich erfreut seinem Zauber hingeben, dem geheimnisvollen Bann, der von ihm, seinem perfekten Antlitz, seinem spöttischen Blick ausging.

      „Also Sie sind meine neue Sekretärin, Miss Bruno.”

      „Wenn Sie meine Anstellung bestätigen, Mr. Mc Laine“ stellte ich klar und hob meinen Blick.

      Er lächelte zweideutig. „Warum sollte ich Sie nicht anstellen? Weil Sie nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen? Sie halten mich für sehr oberflächlich, wenn Sie denken, dass ich jetzt in der Lage wäre, sie wegzuschicken oder ... hier zu behalten, nur auf Grund einer Plauderei.“

      „Auch ich kenne Sie noch nicht genug, um ein so wenig schmeichelhaftes Urteil ihnen gegenüber abzugeben“, stimmte ich lächelnd zu. „Aber ich bin mir durchaus bewusst, dass eine fruchtbare Arbeitsbeziehung auch von einer unmittelbaren Sympathie, von einem guten ersten Eindruck abhängt.“

      Sein Lachen war so unerwartet, dass ich zusammenzuckte. Genau so abrupt, wie es eingesetzt hatte, hörte es auf. Er starrte mich kalt und eisig an.

      „Glauben Sie wirklich, dass es einfach ist jemanden zu finden, der bereit ist in dieses von Gott und der Welt verlassene Dorf zu ziehen, weit weg von jeder Art der Unterhaltung, von jedem Einkaufszentrum oder Diskothek? Sie waren die Einzige, die auf die Anzeige geantwortet hat, Miss Bruno.“

      Der Spaß lauerte im Hinterhalt, hinter der Kälte seiner Augen. Eine schwarze Eisplatte, durchzogen von einem dünnen Riss guter Stimmung, die meine Seele erwärmte.

      „Dann muss ich mir wohl wegen der Konkurrenz keine Sorgen machen“, sagte ich und rieb die Hände nervös im Schoß.

      Er musterte mich weiterhin, mit der gleichen irritierenden Neugier, mit der man ein seltenes Tier beobachtet.

      Ich schluckte, um eine fiktive und gefährlich wacklige Leichtigkeit zur Schau zu stellen. Für einen Moment, der gerade dazu ausreichte, den Gedanken zu formulieren, sagte ich mir, dass ich von diesem Haus, diesem mit Büchern vollgestopften Zimmer, diesem beunruhigenden und schönem Mann weglaufen müsste. Ich fühlte mich wie ein hilfloses Kätzchen nur wenige Zentimeter vom Rachen des Löwen entfernt. Grausames Raubtier, hilflose Beute. Dann war das Gefühl wie weggeblasen, und ich betrachtete mich selbst wie eine Närrin. Vor mir war ein Mann von überwältigender Persönlichkeit, arrogant und anmaßend, aber seit langer Zeit in einen Rollstuhl gefesselt. Ich war das aktuelle Opfer, ein schüchternes Mädchen, ängstlich und Änderungen gegenüber misstrauisch. Warum sollte ich ihn nicht einfach tun lassen? Wenn es ihm Freude bereitet, sich über mich lustig zu machen, warum sollte ich ihn an der einzigen Gelegenheit an Unterhaltung und Abwechslung, die er hatte, hindern? In gewissem Sinn war es eine edle Geste von mir.

      „Was denken Sie von mir, Miss Bruno?”

      Erneut zwang ich ihn dazu eine Frage zu wiederholen,

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