La San Felice. Александр Дюма
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Der König von Neapel als Jäger
»Eine solche Erziehung mußte ein Ungeheuer, einen Caligula hervorbringen. Die Neapolitaner waren darauf gefaßt, die angeborene Herzensgüte des jungen Monarchen triumphierte aber dennoch über den Einfluß einer so verwerflichen Leitung. Ganz gewiß wäre er noch ein vortrefflicher Fürst geworden, wenn es ihm gelungen wäre, sich seines Hanges zur Jagd und zum Fischfange zu entwöhnen, der ihm viele Stunden raubte, die er mit Nutzen den öffentlichen Geschäften hätte widmen können. Die Furcht aber, einen seinem liebsten Zeitvertreibe günstigen Morgen zu versäumen, ist im Stande, ihm die wichtigste Staatsangelegenheit aus den Augen verlieren zu lassen, und die Königin und die Minister wissen sich diese Schwäche recht wohl zu Nutzen zu machen.
»Im Monat Januar 1788 hielt Ferdinand im Palast von Caserta einen Staatsrath, welchem die Königin, der Minister Acton, Caracciolo und einige Andere beiwohnten. Es handelte sich um eine Sache von der größten Wichtigkeit. Mitten in der Discussion hörte man an die Thüre pochen. Diese Unterbrechung überraschte Alle und man konnte sich nicht denken, wer der Verwegene sei, der einen solchen Augenblick wähle. Der König eilte sofort nach der Thür, öffnete dieselbe und ging hinaus. Es dauerte nicht lange, so trat er mit der Miene und Geberde der lebhaftesten Freude wieder ein und bat, daß man die Berathung möglichst schnell beenden möchte, weil er ein Geschäft von weit größerer Wichtigkeit vorhabe, als das sei, um welches es sich hier handle. Man hob die Sitzung auf und der König zog sich in sein Zimmer zurück, um sich zeitig schlafen zu legen, damit er den nächstfolgenden Morgen vor Tagesanbruch auf den Füßen sein könnte. Diese Angelegenheit, mit welcher keine andere einen Vergleich aushielt, war ein Stelldichein zur Jagd. Das an der Thür des Berathungszimmers erfolgte Anpochen war ein zwischen dem König und seinem Piqueur verabredetes Signal, welches ihn seinem Befehle gemäß benachrichtigte, daß ein Rudel Wildschweine bei Tagesanbruch in dem Walde gesehen worden und daß sie sich jeden Morgen an demselben Ort versammelten. Es ist klar, daß die Staatsrathssitzung aufgehoben werden mußte, damit der König zeitig genug schlafen gehen und in den Stand gesetzt sein konnte, die Wildschweine zu überrumpeln. Wären dieselben entronnen, was wäre dann aus Ferdinands Ruhm geworden?
»Ein andermal ließ an demselben Ort und unter denselben Umständen ein dreimaliges Pfeifen sich hören. Es war dies abermals ein Signal zwischen dem König und seinem Piqueur. Die Königin und die übrigen Mitglieder des Cabinetsraths nahmen diesen Scherz nicht gut auf, der König eilte aber sofort an ein Fenster, öffnete dasselbe und gab seinem Piqueur Audienz, der ihm meldete, daß da und da so eben ein Schwarm Vögel sich niedergelassen und daß Seine Majestät keinen Augenblick zu verlieren habe, wenn sie sich das Vergnügen machen wolle, einen glücklichen Schuß zu thun. Nachdem Ferdinand diese Meldung vernommen, kehrte er schnell von dem Fenster zurück und sagte zu der Königin:
»Liebe Freundin, präsidiere an meiner Stelle und beende diese Angelegenheit nach deinem Dafürhalten.«
Der königliche Fischfang
»Man glaubt ein zum Scherze erdichtetes Märchen zu hören, wenn man vernimmt, daß der König von Neapel nicht blos fischt, sondern daß er auch die gefangenen Fische selbst verkauft. Dennoch ist dies vollkommen wahr. Ich selbst habe diesem belustigenden und in seiner Art einzigen Schauspiel beigewohnt und will dasselbe zu schildern versuchen.
»In der Regel fischt der König in dem Theile des Meeres, welcher sich in der Nähe des Berges Pausilippo drei oder vier Meilen von Neapel befindet. Nachdem er einem ergiebigen Fang gemacht hat, kehrt er ans Land zurück. Sobald er ausgestiegen ist, genießt er das lebhafteste Vergnügen, welches dieser Zeitvertreib für ihn hat. Man legt nämlich das ganze Ergebniß des Fischfanges auf dem Gestade zur Schau und dann kommen die Käufer und schließen ihren Handel mit dem Monarchen selbst ab. Ferdinand gibt dabei nichts auf Credit, sondern streicht das Geld selbst ein, ehe er seine Waare aushändigt, und legt dabei das größte Mißtrauen an den Tag. Es kann dann Jedermann sich dem König nähern und ganz besonders genießen die Lazzaroni dieses Vorrecht, denn der König beweist diesen mehr Freundschaft als allen anderen Zuschauern.
»Dabei aber nehmen die Lazzaroni bereitwillig Rücksicht auf die Fremden, welche den Monarchen in der Nähe sehen wollen.
»Wenn der Verkauf beginnt, wird das Schauspiel außerordentlich komisch. Der König verkauft so theuer als möglich. Er nimmt seinen Fisch selbst in seine königlichen Hände und sagt davon Alles, was nach seiner Meinung geeignet ist, den Käufern Lust zu machen. Die Neapolitaner, welche in der Regel sehr vertraulich und dreist sind, begegnen dem König bei diesen Gelegenheiten mit der größten Freiheit und sagen ihm Beleidigungen, als ob er ein ganz gewöhnlicher Fischhändler wäre, der die Käufer übertheuern wolle. Der König findet an diesen Schmähungen großes Vergnügen und lacht aus vollem Halse darüber. Dann sucht er die Königin auf und erzählt ihr Alles, was bei dem Fangen und Verkaufe der Fische vorgefallen ist und was ihm Stoff zu allerhand Späßen liefert.
»Während der ganzen Zeit aber, wo der König sich mit der Jagd und dem Fischfang beschäftigt, regieren, wie wir bereits gesagt haben, die Königin und die Minister nach ihrem Gutdünken, und man kann sich denken, wie dann die Geschäfte gehen.«
König Ferdinand der Vierte soll uns aber auch noch unter einer neuen Gestalt erscheinen. Diesmal befragen wir nicht mehr Gorani, den Reisenden, der ihn einen Augenblick lang als Fischverkäufer sieht oder wenn er im Galopp vorüberreitet, um sich auf den Sammelplatz zu einer Jagd zu begeben. Wir wenden uns vielmehr jetzt an einen Vertrauten des Hauses, nämlich am Palmieri de Miceiche, Marquis von Villalba, Liebhaber der Maitresse des Königs, welcher uns diesen in dem ganzen Cynismus seiner Feigheit zeigt. Es ist also der Marquis von Villalba, welcher spricht.
»Nicht wahr, Sie kennen die näheren Umstände des Rücktritts Ferdinands und seiner Flucht oder, um richtiger zu sprechen, der Ereignisse in Unteritalien gegen Ende des Jahres 1798? Ich will dieselben mit zwei Worten zurückrufen.
»Sechzigtausend Mann Neapolitaner, von dem österreichischen General Mack commandiert und durch die Anwesenheit des Königs ermuthigt, rückten siegreich vor bis Rom, als Championnet und Macdonald ihre schwachen Corps vereinigten, sich auf diese Arme stürzten und dieselbe in die Flucht schlugen. Ferdinand befand sich in Albano, als er diese furchtbare Niederlage erfuhr.
»Fuimmo! Fuimmo!« fing er an zu rufen. Und er floh in der That.
»Ehe er jedoch in seinen Wagen stieg, sagte er zu seinem Begleiter:
»Mein lieber Ascoli, Du weißt, wie es jetzt überall von Jacobinern wimmelt. Diese Strolche haben nichts Anderes im Sinne, als mich zu ermorden. Laß uns deshalb die Kleider wechseln. Auf der Reise bist Du der König und ich bin der Herzog von Ascoli. Auf diese Weise wird die Gefahr für mich geringer sein!«
»Gesagt, gethan. Der Herzog von Ascoli geht mit Freuden auf diesen unglaublichen Vorschlag ein. Er beeilt sich die Uniform des Königs anzulegen, gibt diesem dafür die einige, setzt sich dann in dem Wagen oben an und nun heißt es: Fahr zu, Kutscher!
»Der Herzog spielt auf der ganzen Fahrt bis Neapel seine Rolle ausgezeichnet und auch Ferdinand, den die Furcht inspiriert, versteht den unterwürfigsten Höfling auf eine Weise zu spielen, daß man glauben sollte, er sei in seinem Leben nie etwas Anderes gewesen.
»Der König vergaß dem Herzog von Ascoli diesen selten vorkommenden Beweis von Anhänglichkeit an die Sache der Monarchie nie wieder und hörte, so lange er lebte nicht auf ihm seine Gunst auf die eclatanteste Weise zu erkennen zu geben. In Folge einer Eigenthümlichkeit aber, welche sich nur aus dem Charakter dieses Fürsten erklären läßt, geschah es, daß er den Herzog oft mit seiner Selbstverläugnung aufzog, während er zugleich sich wegen seiner Feigheit selbst verspottete.
»Eines Tages war ich einmal