Akte. Александр Дюма

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Akte - Александр Дюма

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Schönheit, und es gibt keine Herrschaft, die sanfter und zugleich unwiderstehlicher wäre.

      Akte griff nach ihrem Schleier, aber Lucius hielt ihre Hand zurück. Die Korintherin erbebte, hatte jedoch nicht den Mut, sie zurückzuziehen. Sie fühlte, wie eine leichte Wolke sich vor ihre Augen legte, ihre Kniee wankten, und sie lehnte sich an den Stamm des Maulbeerbaumes, um sich zu stützen.

      Es war jene liebliche Abendstunde, wo die Herrschaft des Tages gebrochen ist, aber die Nacht noch nicht völlig gesiegt hat. Die Dämmerung, die über dem östlichen Horizont lag, hüllte den Archipel und Attika in Schatten, während auf der entgegengesetzten Seite das Jonische Meer mit seinen feuerfarbenen Wogen und der goldglänzende Himmel ineinanderflossen und nur durch die Sonne getrennt schienen, die jetzt wie ein großer, in der Esse erglühter Schild aussah, dessen unteres Ende im Wasser zu verlöschen begann. Von fernher drang gedämpft der Lärm der Stadt, wie das Summen eines Bienenschwarms. Jedes Geräusch verstummte nach und nach in Berg und Tal. Nur hier und da ertönte noch der eintönige Gesang eines Hirten vom Cytheron oder der Ruf eines Schiffers, der im Saronischen Meer oder im Golf von Crissa seine Barke ans Land zog. Die Insekten begannen leise im Grase zu summen, und Tausende von Leuchtkäfern schwärmten wie glitzernde Funken durch die weiche Abendluft. Man fühlte, daß die Natur, von ihrem Tagewerk erschöpft, nach und nach in Schlummer sank, und daß in wenigen Augenblicken alles still sein werde, um ihre wohlige Ruhe nicht zu stören.

      Auch die jungen Leute überließen sich dieser ihren eigenen Gefühlen entsprechenden Stimmung und waren in Stillschweigen versunken, als plötzlich vom Hafen von Lesche her ein so eigentümlicher Schrei die Luft durchdrang, daß Akte erzitterte. Der Römer wandte rasch den Kopf und blickte zum Strande hinab, wo sein Schiff wie eine goldene Nußschale auf den Wellen schaukelte. Von Angstgefühl ergriffen, raffte sich das junge Mädchen auf und wollte zur Stadt zurückfliehen. Aber Lucius hielt sie auf. Wortlos fügte sie sich und wie von einer höheren Macht besiegt, stützte sie sich wieder auf den Baum oder vielmehr auf seinen Arm, den er, ohne daß sie es bemerkt, um ihre Taille gelegt hatte, ließ den Kopf nach rückwärts sinken und starrte unter den halbgeschlossenen Lidern zum Himmel empor, während ihre Lippen leicht geöffnet blieben.

      Lucius betrachtete entzückt die reizende Gestalt, die in seinem Arm ruhte, und obwohl sie fühlte, wie die Augen des Römers sie mit versengenden Strahlen umfingen, hatte sie doch nicht die Kraft, sich ihnen zu entziehen, bis ein zweiter Schrei, viel näher und schrecklicher als vorher, die süße Abendstille durchschnitt und Akte zum Bewußtsein zurückrief.

      Laß uns fliehen, Lucius! rief sie entsetzt, irgend ein wildes Tier irrt in den Bergen umher. Laß uns fliehen, wir brauchen nur den heiligen Hain zu durchschreiten, dann sind wir im Tempel der Venus oder in der Burg. Komm, Lucius, komm!

      Lucius lächelte.

      Fürchtet sich Akte, wenn ich bei ihr bin? Ich fühle nur, daß ich für Akte mit all den Ungeheuern ringen möchte, die Theseus und Herkules und Kadmus bekämpft haben.

      So weißt du, was für ein Geräusch das ist? fragte das junge Mädchen zitternd.

      Ja, antwortete Lucius lächelnd, es ist das Brüllen eines Tigers.

      Jupiter! schrie Akte und flüchtete in die Arme des Römers. Jupiter, beschütze uns!

      In der Tat erschütterte ein noch schrecklicherer dritter Schrei ganz aus der Nähe die Luft. Lucius antwortete mit einem ähnlichen Ruf, gleich darauf brach eine Tigerin aus dem Gehölz hervor, hielt einen Augenblick an, indem sie sich auf den Hinterpfoten aufrichtete wie unschlüssig, welchen Weg sie nehmen sollte; Lucius ließ ein leises Pfeifen hören. Das mächtige Tier zerteilte das Myrten- und Oleandergebüsch wie ein Hund den Nebel und stürzte mit einem Freudengeheul auf ihn zu. In demselben Augenblick fühlte der Römer die Last der jungen Korintherin auf seinem Arm, sie war, ohnmächtig und halb tot vor Schrecken, umgesunken.

      Als Akte wieder zur Besinnung kam, befand sie sich in Lucius' Armen; die Tigerin ruhte zu ihren Füßen und schmiegte ihren schrecklichen Kopf, dessen Augen wie Karfunkelsteine blitzten, schmeichelnd an die Kniee ihres Herrn. Bei diesem Anblick verbarg das Mädchen ihr Gesicht an der Schulter ihres Geliebten, halb aus Schreck, halb aus Scham, und streckte die Hand nach dem entfallenen Gürtel aus, der wenige Schritte entfernt am Boden lag. Lucius verstand diese Regung der Keuschheit, löste den schweren Goldreif vom Halse der Tigerin, woran sich noch ein Glied der Kette befand, die sie zerrissen hatte, und legte ihn um die zarte, biegsame Gestalt seiner jungen Freundin.

      Dann hob er den Gürtel auf, befestigte das eine Ende des Bandes um den Hals des Tieres und gab das andere dem Mädchen in die zitternde Hand. Darauf erhoben sich beide und gingen schweigend in die Stadt zurück. Akte stützte sich mit der einen Hand auf Lucius' Schulter, mit der anderen führte sie die sanfte, gelehrige Tigerin, die ihr so große Furcht eingeflößt hatte.

      Beim Eingang in die Stadt begegneten sie dem nubischen Sklaven, dem befohlen war, über die Tigerin zu wachen; er war ihr an das Land gefolgt, hatte sie aber in dem Augenblick aus dem Gesicht verloren, wo das Tier die Fährte seines Herrn wiederfand und in der Richtung nach der Burg davonrannte. Als er Lucius erblickte, warf er sich vor ihm auf die Kniee und neigte sein Haupt, um die Strafe zu empfangen, die er verdient zu haben glaubte. Aber Lucius war in diesem Augenblicke zu glücklich, um grausam zu sein; auch blickte Akte mit flehend erhobenen Händen zu ihm auf.

      Erhebe dich, Lybikus, sagte der Römer, für dieses Mal sei dir verziehen, doch wache in Zukunft besser über Phoebe. Du bist schuld, daß diese schöne Nymphe sich so sehr geängstigt hat, daß sie zu sterben meinte. Nun, meine Ariadne, übergib deine Tigerin ihrem Wächter. Ich werde dir ein Paar vor einen Wagen aus Gold und Elfenbein spannen, und so will ich dich durch das Land führen, und man soll dich wie eine Göttin verehren.

      Geh, Phoebe, geh, es ist gut.

      Aber die Tigerin wollte durchaus nicht fort, sie blieb vor Lucius stehen, richtete sich an ihm empor, legte ihre Tatzen auf die Schultern und leckte ihn mit der Zunge, indem sie dabei leise zärtliche Laute hervorbrachte.

      Ja, ja, sagte Lucius halblaut, du bist ein edles Tier. Wenn wir wieder in Rom sind, will ich dir eine schöne Christensklavin mit ihren Kindern zu verzehren geben. Geh, Phoebe, geh!

      Die Tigerin gehorchte, wie wenn sie das blutige Versprechen verstanden hätte, und folgte Lybikus, doch nicht ohne noch zwanzigmal den Kopf nach ihrem Herrn umzuwenden. Erst als dieser mit der bleichen, zitternden Akte hinter dem Stadttore verschwunden war, entschloß sie sich ohne Widerstand, den goldenen Käfig aufzusuchen, den sie an Bord des Schiffes bewohnte.

      In der Vorhalle seines Wirtes traf Lucius den Haussklaven, der ihn erwartete, um ihn in sein Gemach zu führen. Der junge Römer drückte Akte die Hand und folgte dem Sklaven, der mit der Lampe voranleuchtete. Die schöne Korintherin ging, nach ihrer Gewohnheit ihrem Vater »Gute Nacht« zu sagen. Als dieser sie so blaß und erregt sah, fragte er, welche Angst sie quäle.

      Da erzählte sie, welchen Schrecken ihr Phoebe verursacht habe, und wie gehorsam dieses furchtbare Tier dem leisesten Winke des Lucius gewesen sei. Der Greis war einen Augenblick nachdenklich, dann wurde er unruhig und sagte:

      Was ist das für ein Mensch, der mit Tigern spielt, Prokonsuln Befehle vorschreibt und die Götter lästert?

      Akte neigte ihre kühlen, blassen Lippen auf die Stirn ihres Vaters, sie wagte kaum die weißen Haare des Greises zu berühren; dann zog sie sich in ihr Zimmer zurück. Ganz hingerissen von dem Erlebnis des Tages, wußte sie nicht mehr, ob es Wahrheit oder Traum gewesen, und griff mit ihren Händen nach ihrem Körper, um sich zu überzeugen, daß sie ganz wach sei. Da fühlte sie unter ihren Fingern den goldenen Reif, der ihren jungfräulichen Gürtel ersetzte. Als sie ihn der Lampe näherte, las sie darauf die Worte, die ihr ganzes Denken

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