Salvator. Александр Дюма

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Salvator - Александр Дюма

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wandte er sich gegen den Advocaten und sagte zu ihm:

      »Maitre Emanuel Richard, ich entziehe Ihnen das Wort.«

      »Wenig liegt mir zu dieser Stunde hieran,« antwortete der Advocat, »ich habe das Mandat, mit dem ich betraut worden bin, erfüllt, ich habe Alles gesagt, was ich zu sagen hatte.«

      Sodann sich gegen Herrn Sarranti umdrehend:

      »Sind Sie zufrieden, mein Herr, und sind es wirklich Ihre Worte, die ich wiederholt habe?«

      Statt jeder Antwort warf sich Herr Sarranti in die Arme seines Vertheidigers.

      Die Gendarmen hielten sich bereit, den Befehl des Präsidenten zu vollziehen: doch es durchlief sogleich ein solches Gebrüll die Menge, daß der Präsident einsah, er unternehme ein nicht nur schwieriges, sondern sogar gefährliches Werk. Ein Aufruhr konnte zum Ausbruche kommen, und während des Aufruhrs konnte Herr Sarranti entführt werden.

      Einer von den Richtern neigte sich gegen den Präsidenten und sprach ihm leise ein paar Worte ins Ohr.

      »Gendarmen,« sagte dieser, »nehmen Sie Ihre Plätze wieder ein. Der Gerichtshof appelliert an die Würde des Auditoriums.«

      »Stille!« rief eine Stimme mitten aus der Menge.

      Und die Menge, als wäre sie gewohnt, dieser Stimme zu gehorchen, schwieg.

      Von da an war die Frage scharf herausgestellt’: einerseits die Verschwörung, die sich, in ihren kaiserlichen Glauben, in die Religion ihres Eides verschanzt, nicht einen Schild, sondern eine Palme aus ihrem Verbrechen machte: andererseits die öffentliche Behörde10 entschlossen, in Herrn Sarranti nicht den Verbrecher des Hochverrates, den Schuldigen der Majestätsbeleidigung, sondern den Dieb von hunderttausend Thalern, den Entführer der Kinder, den Mörder von Orsola zu verfolgen.

      Sieh wegen dieser Anklagen vertheidigen hieß sie zugeben: sie Schritt für Schritt, eine um die andere, zurückweisen hieß ihre Existenz zugeben.

      Aus Befehl von Herrn Sarranti hatte sich also Emanuel Richard nicht einen Augenblick der dreifachen Anklage, die der Staatsanwalt verfolgte, entgegengestellt: er ließ das Publikum Richter dieser seltsamen Lage eines Angeklagten sein, der ein Verbrechen gestand, welches man ihn nicht wollte gestehen machen, und das nicht eine Erleichterung, sondern eine Erschwerung der Strafe für das, dessen er angeklagt war, nach sich zog.

      Das Urtheil war auch im Publikum gesprochen. Bei jedem anderen Umstande wäre nach dem Plaidoyer des Advocaten vom Angeklagten die Sitzung unterbrochen worden, um den Richtern und den Geschworenen einen Augenblick Ruhe zu gewähren; doch nach dem, was im Auditorium vorgegangen, war jeder Halt auf dem Abhange, den man hinabstieg, gefährlich, und die öffentliche Behörde dachte, es sei besser ein Ende zu machen, und müßte man auch unter einem Sturme endigen.

      Der Herr Staatsanwalt erhob sich also; unter der tiefen Stille, die sich über das Meer zwischen zwei Sturmwinden verbreitet, nahm er das Wort.

      Von den ersten Worten an begriff das ganze Publikum, daß man von den poetischen, blitzenden Höhen eines politischen Sinai wieder in die Niederungen einer Criminalchicane hinabgefallen war.

      Als ob der erschreckliche Ausfall des Advocaten von Herrn Sarranti nicht stattgefunden hätte; als ob dieser halb niedergeschmetterte Titan nicht auf seinem Throne den Jupiter der Tuilerien wanken gemacht hätte; als ob der Blick nicht noch geblendet wäre von den Blitzen, die der kaiserliche Adler, durch den höchsten Aether hinziehend, über der Menge flammen gemacht hatte, drückte sich der Herr Staatsanwalt also aus:

      »Meine Herren, seit einigen Monaten haben mehrere Verbrechen die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, während sie zugleich die thätige Sorgfalt und die Ueberwachung der Behörden rege machten. Aus der Anhäufung einer stets zunehmender Bevölkerung, vielleicht auch aus der Unterbrechung einer Arbeit oder aus der Theurung der Lebensmittel entstehend, waren diese Verbrechen sicherlich nicht zahlreicher, als die, über welche wir gewöhnlich zu seufzen haben, und die der kretische Tribut sind, den die Gesellschaft jedes Jahr dem Müßiggang und den Lastern bezahlt, welche, wie der Minotaurus des Alterthums, eine gewisse Anzahl von Opfern haben wollen.«

      Offenbar hegte der Staatsanwalt eine Werthschätzung für diese Periode, denn er machte eine Pause und schaute im Kreise aus dieser Menge umher, welche in ihren Abgründen vielleicht um so mehr aufgeregt, als sie an ihrer Oberfläche stumm war.

      Das Publikum blieb unempfindlich.

      »Meine Herren,« fuhr der Staatsanwalt fort, »es hatte sich indessen die Frechheit mehrerer Schuldigen eine neue Laufbahn eröffnet, auf welcher sie zu treffen und zu verfolgen man weniger gewohnt war, und sie beunruhigte mehr durch die Neuheit und die Vermessenheit ihrer Attentate: doch ich sage es mit Freude, meine Herren, das Uebel, über das wir zu seufzen haben, ist nicht so groß, als man glauben will: man hat sich nur darin gefallen, zu übertreiben. Tausend lügenhafte Gerüchte sind absichtlich verbreitet worden: die Böswilligkeit schuf sie selbst: kaum von ihr geschaffen, empfing man sie mit Gierde, und jeden Tag brachte die Erzählung von den angeblichen Verbrechen der Nacht den Schrecken in die einfältigen Gemüther, die Bestürzung in die leichtgläubigen Geister . . . «

      Das Auditorium schaute sich an, da es nicht wußte, worauf der Staatsanwalt abzielte . . . Nur die Stammgäste der Assisenhöfe, diejenigen, welche hier holen, was ihnen im Winter fehlt, nämlich eine warme Atmosphäre und ein Schauspiel, welches wegen der Gewohnheit für sie neu und erregend zu sein aufhört, das aber gerade der Gewohnheit wegen für dieselben nothwendig ist; diese Stammgäste allein, gewohnt an die Phraseologien der Herren Berard und Marchangy, bekümmerten sich wenig darum, welchen Weg der Staatsanwalt einschlug, da sie wußten, daß man, wie man im Volksstyle sagt: »Jeder Weg führt nach Rom,« unter gewissen Regierungen und in gewissen Epochen im Style des Justizpalastes sagen kann: »Jeder Weg führt zur Todesstrafe!«

      Hatte man nicht diesen Weg Didien in Grenoble; Pleignies, Cotteron und Carbonea in Paris, Bérton in Saumur, Raoulx, Bories, Goubin und Pommier in la Rochelle geführt?«

      Der Staatsanwalt fuhr mit einer majestätischen Miene und einer erhabenen Protection fort:

      »Beruhigen Sie sich, meine Herren, die gerichtliche Polizei hat die hundert Augen des Argus; sie wachte, sie holte die modernen Cacus aus ihren verborgensten Zufluchtsorten, aus ihren tiefsten Höhlen; denn nichts ist für sie undurchdringlich, und die Behörden antworteten auf das lügnerische Geschrei, das im Umlaufe war, dadurch, daß sie ihre Pflicht strenger als je übten.

      »Ja, – wir sind weit davon entfernt, es zu leugnen, große Verbrechen sind begangen worden, und, das unbeugsame Organ des Gesetzes, haben wir gegen diese verschiedenen Verbrechen die verschiedenen Strafen gefordert, die sie verdient hatten; denn Niemand, meine Herren, seien sie hiervon überzeugt, entgeht dem rächenden Schwerte des Gesetzes. Es beruhige sich also fortan die Gesellschaft: die verwegensten Ruhestörer sind schon in den Händen der Justiz, und diejenigen, welche sie noch nicht festhält, werden bald vor ihr die Strafe ihrer Attentate finden.

      »So versuchen es diejenigen, welche, in der Gegend des Saint-Martin-Canals verborgen, seine öden User zum Schauplatze ihrer nächtlichen Angriffe gemacht hatten, zu dieser Stunde in die Kerker geworfen, vergebens die Beweise zu entkräften, die die Untersuchung gegen sie gesammelt hat.

      »Der Sieux Ferrantes, ein Spanier: der Sieux Aristolos, ein Grieche: der Sieux Walter, ein Baier: der Sieux Coquerillat, ein Auvergnat, sind vorgestern in der Dunkelheit der Nacht verhaftet worden. Es offenbarte indessen keine Spur ihre Gegenwart: doch kein Obdach konnte sie vor den wachsamen Augen der Justiz schützen, und die Macht der Wahrheit hat diesen

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<p>10</p>

Der Staatsanwalt.