Salvator. Александр Дюма
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Das Resumé des Präsidenten trennte allein den Angeklagten vom Spruche. Es war vier Uhr Morgens. Man begriff, das Resumé werde kurz sein, und an der Art, wie der ehrenwerthe Herr Präsident die Debatten geleitet hatte, erkannte man, er werde unparteiisch sein.
Sobald er den Mund aufthat, hatten die Huissiers auch nicht nöthig, Stillschweigen aufzuerlegen: die Menge schwieg von selbst.
»Meine Herren Geschworenen,« sprach der Präsident mit einer Stimme, aus der er die Aufregung zu verbannen nicht im Stande gewesen war, »ich habe so eben die Debatten geschlossen, deren Länge zugleich peinlich für Ihr Herz, ermüdend für Ihren Geist ist.
»Ermüdend für Ihren Geist: denn sie dauern seit sechzig Stunden.
»Peinlich für Ihr Herz: denn wer wäre nicht bewegt, wenn er als klagende Partei einen Greis sieht, ein Muster der Tugend und der Menschenliebe, die Ehre seiner Mitbürger, und ihm gegenüber, von ihm eines dreifachen Verbrechens angeklagt, einen Mann, den seine Erziehung dazu berief, eine ehrenhafte und sogar glänzende Laufbahn zu verfolgen, und der durch seine Stimme und durch die seines Sohnes, eines würdigen Mönches, gegen die dreifache Anklage, deren Gegenstand er ist, protestiert.
»Mein Herren Geschworenen, Sie sind noch wie ich unter dem Eindrucke der Plaidoyers, die Sie gehört haben. Wir müssen uns also Gewalt anthun, in die Tiefe von uns selbst hinabsteigen, uns mit Ruhe in diesem feierlichen Augenblicke sammeln, und mit kaltem Blute das Ganze dieser langen Debatten wiederaufnehmen.«
Dieser Eingang brachte eine tiefe Bewegung im Gemüthe der Zuhörer hervor, und die Menge folgte, stumm und keuchend, mit einer glühenden Aufmerksamkeit der Analyse des Präsidenten.
Nachdem er mit gewissenhafter Treue alle Mittel der Anklage hatte die Revue passieren lassen, nachdem er hervorgehoben, was der Mangel der Vertheidigung Nachtheiliges für den Angeklagten hatte, schloß der ehrenwerthe Gerichtsbeamte seine Rede mit folgenden Worten:
»Meine Herren Geschworenen, ich habe vor Ihnen so gewissenhaft und so rasch, als es mir möglich war, das Ganze der Sache auseinandergesetzt. Es kommt nun Ihnen, es kommt Ihrem hohen Scharfsinne, Ihrer erhabenen Weisheit zu, das Gerechte vom Ungerechten zu unterscheiden und zu beschließen.
»Während Sie diese Prüfung vollführen, werden Sie jeden Augenblick erschüttert sein durch die tiefen, heftigen Gemüthsbewegungen, welche das Herz des redlichen Mannes in dem Augenblicke ergreifen, wo er ein Urtheil über seines Gleichen fällen und eine entsetzliche Wahrheit verkündigen soll; doch es wird Ihnen weder an der Erleuchtung, noch am Muthe fehlen, und was auch Ihr Urtheil sein mag, es wird der souverainen Gerechtigkeit entfließen, besonders wenn Sie zum Führer den einzigen unfehlbaren Führer nehmen: das Gewissen!
»Im Vertrauen auf dieses Gewissen, an dem sich alle Leidenschaften gebrochen haben, – denn es ist taub für Worte, taub für die Freundschaft, taub für den Haß, – bekleidet Sie das Gesetz mit Ihren furchtbaren Functionen, überträgt Ihnen die Gesellschaft ihre Vollmachten, und beauftragt Sie mit ihren gewichtigsten und theuersten Interessen. Die Familien mögen, Ihnen wie Gott selbst vertrauend, sich unter Ihren Schutz stellen, und die Angeklagten, welche das Gefühl ihrer Unschuld haben, mögen in Ihre Hände ihr Leben mit voller Sicherheit legen und Sie, ohne zu zittern, als Richter annehmen.«
Dieses scharfe, präcise, kurze Resumé, das vom ersten bis zum letzten Worte das Gepräge der gewissenhaftesten Unparteilichkeit an sich trug, wurde beständig mit der religiösesten Stille angehört.
Kaum hatte der Präsident zu sprechen aufgehört, als sich das ganze Auditorium aus innerem Antriebe wie ein einziger Mensch erhob und die lebhaftesten Zeichen von Billigung von sich gab, in die sich der laute Beifall der Advocaten mischte.
Herr Gérard hatte den Präsidenten, die Blässe der Angst auf der Stirne, angehört: er fühlte, daß in der Seele des gerechten Mannes, der gesprochen hatte, nicht die Anklage, sondern der Zweifel war.
Es war beinahe vier Uhr, als sich die Jury in den Berathungssaal zurückzog.
Man führte den Angeklagten weg, und, – unerhörtes Factum in den gerichtlichen Annalen! – nicht eine von den seit dem Morgen anwesenden Personen dachte daran, ihren Platz zu verlassen, welche Zeit auch die Beratschlagung sich verlängern sollte.
Es war also von diesem Augenblicke an im Saale ein ungeheures, äußerst belebtes Gespräch, das sich über die verschiedenen Umstände der Debatten entwickelte, während sich zugleich eine entsetzliche Bangigkeit aller Herzen bemächtigte.
Herr Gérard hatte gefragt, ob er sich entfernen könne. Seine Kraft reichte aus, um die Todesstrafe beantragen zu hören: sie ging aber nicht so weit, daß er diese Strafe aussprechen zu hören vermochte.
Er stand auf, um wegzugehen.
Die Menge war, wie gesagt, sehr gedrängt, und dennoch bildete sich sogleich eine Passage auf seinem Wege: Jeder trat auf die Seite, als wollte er einem unreinen oder garstigen Thiere Platz machen: der Zerlumpteste, der Aermste, der Schmutzigste der Zuhörer hätte sich durch die Berührung dieses Menschen befleckt geglaubt.
Gegen halb fünf Uhr hörte man den Ton einer Klingel.
Vom Inneren des Saales ausgegangen, theilte sich ein Schauer beim Klange dieses Glöckchens nach außen mit. Sogleich, wie eine steigende Fluth, schlug die Woge den Saal, und Jeder beeilte sich, sich niederzusetzen. Doch das war eine vergebliche Aufregung: der Ches der Jury ließ ein Actenstück vom Processe verlangen.
Indessen drangen die ersten Strahlen eines bleichen, grauen Tages durch die Fenster ein und singen an das Licht der Kerzen und der Lampen zu vermischen. Das war die Stunde, wo die stärksten Organisationen die Müdigkeit fühlen: es war die Stunde, wo die heitersten Geister die Traurigkeit begreifen: es war die Stunde, wo man friert.
Gegen sechs Uhr wurde das Glöckchen aufs Neue hörbar.
Diesmal konnte keine Täuschung mehr stattfinden: es war wohl die Freisprechung oder das Todesurtheil, was nach einer zweistündigen Berathung verkündigt werden sollte.
Eine elektrische Bewegung theilte sich der ganzen Versammlung mit, deren Schauer man, so zu sagen, aus der Oberfläche sah. Die Stille trat wie durch einen Zauber bei diesem eine Secunde vorher so geräuschvollen und so bewegten Auditorium wieder ein.
Die Verbindungsthüre zwischen dem Audienzsaale und dem Berathungssaale öffnete sich, die Mitglieder der Jury erschienen, und Jeder strengte sich an, zum Voraus aus ihrem Gesichte den Spruch, der verkündigt werden sollte, zu lesen: die Züge von einigen derselben deuteten die lebhafteste Gemüthsbewegung an.
Der Gerichtshof kam einige Augenblicke nachher.
Der Ches der Jury trat vor, und, die Hand aus der Brust, aber mit schwacher Stimme, begann er die Lesung des Wahrspruches.
Fünf Fragen waren der Entscheidung der Jury unterworfen worden.
Sie waren also abgefaßt:
»1. Ist Herr Sarranti schuldig, mit Vorbedacht einen Mord an Orsola begangen zu haben?
»2. Ist dieses Verbrechen anderen hiernach specificirten Verbrechen vorangegangen?
»3. War der Zweck desselben, die Vollbringung dieser Verbrechen zu erleichtern oder vorzubereiten?
»4. Hat Herr Sarranti am Tage des 19. August oder in der Nacht vom 19. aus den 20. einen Diebstahl mit Einbruch in der Wohnung von Herrn Gérard begangen?
»5.