Abenteuer und Drangsale eines Schauspielers. Александр Дюма
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Der Todtengräber gehorchte. Eine lange Wunde war bald vom Brustbein bis zum Nabel geöffnet.
»Nun?« fragte der Todtengräber.
»Nun,« erwiederte der Vater, indem er eine Flasche aus jeder von seinen Taschen zog, »nun leere in die Brust diese zwei Flaschen Vitriol. Ich habe keine Lust, den Körper meines Sohnes von den Leichendieben, um ihn an die Schinder zu verkaufen, stehlen zu lassen.«
Der Todtengräber nahm die zwei Flaschen und leerte sie in die Brust des Kindes; er überließ es sodann der ätzenden Flüssigkeit, ihr Zerstörungswerk zu vollbringen, und schickte sich an, das Grab zu füllen.
Doch der Vater hielt schon den Spaten, schob den Todtengräber mit der Hand zurück und sagte:
»Das ist meine Sache.«
Und er füllte das Grab, auf dem er herumtrat, bis es zum Niveau des Bodens geebnet war.
Sodann entfernte er sich mit gesenktem Kopfe und die Arme gekreuzt, ohne ein Wort zu sagen.«
Einen Monat lang wachten die Douaniers der Brigade der Reihe nach auf dem Friedhofe, ans Furcht, die Leichendiebe könnten den Leib des Kindes stehlen, um ihn an die Schinder zu verkaufen.
III
>Ohne daß der Vater eine Klage von sich gab, ohne daß er eine Thräne vergoß, ohne daß sich etwas in seinem Leben geändert zu haben schien, war sein Schmerz so tief daß sich der kleine Etienne vorstellte, sein Vater wolle sich tödten; er schloß sich deshalb seinen Schritten an, folgte ihm überall, wohin er ging, und verließ ihn eben so wenig, als sein Schatten.
Er wußte nicht, daß sich ein Vater nicht den Tod gibt, so lange ihm ein Kind bleibt, dem er das Leben gegeben hat.
Erst nach sechs Wochen oder zwei Monaten beruhigte sich das Kind allmälig.
Uebrigens sprach der Vater nie von dem Abwesenden. Man würde geglaubt haben, es sei ihm nur ein einziger Sohn geboren worden, hätten sich nicht von Zeit zu Zeit seine Augen mit einem tiefen Schmerz auf das Bett, wo der kleine Adolphe den letzten Seufzer ausgehaucht, geheftet.
Doch nach und nach nahm Alles im Hause wieder den gewöhnlichen Gang an, und der kleine Etienne stellte sich vor, sein Vater fange an zu vergessen, weil er selbst vergaß.
Im folgenden Jahre war das Gras auf dem Grade gewachsen. Und welches Auge, das eines Vaters und einer Mutter ausgenommen, weiß, was unter dem Grase eines Grabes ist?
Etienne war allerdings allein geblieben; doch mit der Einsamkeit war bei ihm der Geschmack für das Lesen gekommen. Während der langen Abende des Winters von 1821 auf 1822 blieb er zu Hause und las entweder die Romane mit blauen Decken, die Jeden von uns an die ersten Tage unserer Jugend erinnern, oder die Reiseerzählungen, die man hätte belustigend machen können mit der Hälfte des Talents, das man gebraucht hat, um sie langweilig zu machen; Diese Erzählungen von Fahrten nach den neuen Welttheilen gaben ihm den Gedanken ein, Seemann zu werden; da aber die erste Bedingung, welche die Natur für das Gewerbe eines Seemanns stellt, die ist, daß er das Meer ertragen kann, so beschloß man, Etienne sollte bei der ersten Fahrt sein, die sein Vater mit dem Wachschiffe machen würde.
Von dem Augenblick, wo das Wachschiff den Fluß verließ, bis zur Minute, wo es in denselben zurückkehrte, erbrach sich der zukünftige Seemann unablässig.
Der Vater, dem es ziemlich anstand, daß der kleine Etienne Seemann würde, hielt sich nicht für geschlagen in der Person seines Sohnes. Man machte einen zweiten Versuch, doch der zweite Versuch war noch unglücklicher, als der erste. Das erste Mal hatte sich das Kind nur bis zur Galle erbrochen; das zweite Mal erbrach es sich bis zum Blute.
Diesmal beschloß man, etwas Anderes zu suchen.
Doch es war schwierig, etwas Anderes zu finden.
Die Erzählungen des Vaters, so kurz sie waren, die Reiseberichte von Laharpe, so wenig anziehend sie sind, hatten in den Geist des Kindes einen wahren Beruf für die herumschweifende Lebensart infiltrirt.
Man schlug seinem Vater vor, ihn Soldat werden zu lassen.
Er schüttelte den Kopf.
Er war der Meinung, es sei erlaubt, Soldat zu werden, wenn Krieg stattfinde: der einzige Reiz des Soldatenlebens sei die Gefahr, getödtet zu werden; in Friedenszeiten aber sei der Soldatenstand seiner Ansicht nach der letzte der Stände.
Es gab einen Stand, der den Knaben noch viel mehr anlockte, als der des Seemanns oder des Soldaten: das war der Gauklerstand.
Ah! wir müssen es sagen. der ganze Ehrgeiz des kleinen Etienne mit vierzehn Jahren war, in einem rothen Rocke die Trommel vor dem Eingange einer Bude zu schlagen, oder im Innern auf dem Seile zu tanzen oder den großen Sprung zu machen.
Der Kunstreiterstand lockte ihn auch sehr an. Es war äußerst verführerisch, den Damen Küsse zusendend auf einem Pferde zu stehen, oder durch Papierreife zu springen, um jenseits derselben mit beiden Knieen auf den Sattel zu fallen.
Mehr als Alles dies aber hätte der Knabe gewünscht, Schauspieler auf einem wahren Theater zu werden. Nur schien ihm dieser Ehrgeiz zu den übermenschlichen Aspirationen zu gehören.
Bon diesen mächtigen Hinneigungen zur Zigeunerei wagte man es indessen nicht dem Vater etwas zu sagen.
Dabei hatte der Knabe eine Art von Laufbahn begonnen, gegen welche er durchaus keinen Widerwillen hegte, obgleich sie in seiner Schätzung nach der des Seiltänzers, des Kunstreiters ’oder des Schauspielers kam.
Er hatte in der Zeichenschule der Stadt zu zeichnen angefangen.
Der Gedanke, ihn in diese Schule zu geben, war dem Vater also gekommen:
In dem Jahre, das auf den Tod des kleinen Adolphe folgte, bewohnte man im Sommer eine Baracke am Ufer des Meeres. Der Douanelieutenant hatte eine ungeheure Tabacksdose, auf deren Deckel ein kleines Bild: der Grenadier von Waterloo angebracht war.
Alle Männer meines Alters erinnern sich von 1820 bis 1825 an allen Schaufenstern der Bilderhändler eine Lithographie gesehen zu haben, die einen Grenadier vorstellte, der seine Fahne auf seiner Brust hielt und, einen Säbel über ihm ausstreckend, einen am Kopf verwundeten Kameraden vertheidigte, welcher ihn mit beiden Armen umschlang.
Dies nannte man den Grenadier von Waterloo.
Der Lieutenant war so glücklich, auf seiner Tabacksdose eine Verjüngung von diesem Bilde zu besitzen.
Der kleine Etienne mühte sich dergestalt bald mit einem Bleistift, bald mit einer Feder ab, daß es ihm gelang, etwas zu machen, was einer Copie des Grenadiers von Waterloo glich.
»Man muß diesen Burschen in die Zeichenschule der Stadt schicken,« sagte der Lieutenant; »er hat die schönsten Anlagen.«
Und bei seiner Rückkehr nach der Rue des Carmes wurde dieser Rath vom Vater befolgt.
Doch trotz der Prophezeiung des Lieutenants, trotz des guten Willens von Seiten des Jünglings, machte dieser keine Fortschritte.
Er blieb ganze Stunden vor Nasen, Augen und Ohren, welche zehnmal größer, als in der Natur, und seine Nasen waren immer