Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Der Graf von Monte Christo - Александр Дюма страница 25
Er fiel brüllend vor Wut in die Barke nieder.
»Schön!« rief der Gendarme, indem er ihm das Knie auf die Brust setzte, »schön! so halten Sie Ihr Seemannswort! Man traue doch den freundlichen Leuten! Machen Sie nun nur noch die geringste Bewegung, mein lieber Freunde so jage ich Ihnen eine Kugel durch den Kopf. Ich bin meinem ersten Befehle ungetreu gewesen, ich werde den zweiten wortgetreu befolgen.«
Und er senkte seinen Carabiner gegen Dantes, der das Ende des Laufes an seiner Schläfe fühlte.
Einen Augenblick hatte dieser wirklich den Gedanken, die verbotene Bewegung zu machen, und so auf eine gewaltsame Weise das unerwartete Unglück zu endigen, das sich auf ihn geworfen und ihn plötzlich mit seinen Geierkrallen gepackt hatte. Aber gerade weil dieses Unglück so unerwartet gekommen war, dachte Dantes es könnte nicht lange währen. Dann erinnerte er sich wieder der Versprechungen von Herrn von Villefort, und endlich kam ihm der Tod auf dem Boden eines Fahrzeugs von der Hand eines Gendarmen häßlich, ekelhaft vor.
Er fiel also nieder auf den Grund der Barke, stieß ein Geheul der Wut aus und zernagte sich wie ein Wahnsinniger die Hände.
Beinahe in demselben Augenblicke erschütterte ein heftiger Stoß das Schiff. Einer von den Ruderern sprang auf den Felsen, den das Vorderteil der Barke berührt hatte. Ein Seil ächste, sich um einen Block abwindend, und Dantes begriff, daß man angelangt war und das Schiff anband.
Seine Wächter, welche ihn zugleich am Arme und am Kragen seines.Kleides hielten. nötigten ihn aufzustehen, zwangen ihn an das Land zu steigen, und zogen ihn zu den Stufen, die nach dem Thore der Citadelle führen, während ihm der Gefreite, mit einer Muskete bewaffnet, folgte.
Dantes leistete übrigens keinen vergeblichen Widerstand. Sein langsamer Gang rührte eher von Trägheit, als von Widerstreben her. Er war betäubt und schwankte wie ein Betrunkener, er sah abermals Soldaten, welche sich auf der Böschung aufstellten, er fühlte Stufen. die ihn nötigten, seine Füße aufzuheben, er bemerkte, daß er unter einen Thorweg kam und daß das Thor sich hinter ihm schloß; aber Alles dies nur maschinenmäßig, wie durch einen Nebel, ohne etwas Bestimmtes zu unterscheiden. Er sah sogar das Meer nicht mehr, denn es erfaßte ihn der ungeheure Schmerz der Gefangenen, welche den Raum mit dem furchtbaren Gefühle anschauen, daß sie ohnmächtig sind, denselben zu durchdringen.
Es fand ein Halt von einem Augenblicke statt, während dessen er seine Geister zusammenzuraffen suchte. Er befand sich in einem viereckigen, von vier hohen Mauern gebildeten Hofe. Man hörte den langsamen, regelmäßigen Tritt der Schildwachen, und so oft sie vor ein paar Reflexen vorüberkamen, welche der Schimmer von einigen Lichtern, die in dem innern des Castells brannten, auf die Mauern warf, sah man den Lauf ihrer Flinten funkeln.
Man wartete hier ungefähr zehn Minuten. Gewiß, daß Dantes nicht mehr entfliehen konnte, hatten ihn die Gendarmen losgelassen. Man schien Befehle zu erwarten; diese Befehle kamen.
»Wo ist der Gefangene?« fragte eine Stimme.
»Hier,« antworteten die Gendarmen.
»Er folge mir, ich werde ihn in seine Wohnung führen.«
»Geht,« sagten die Gendarmen, Dantes fort schiebend.
Der Gefangene folgte feinem Führer, der ihn wirklich in ein unterirdisches Gemach geleitete, dessen nackte, schwitzende Wände von Tränen geschwängert zu sein schienen. Eine Art von Lampe, deren Docht in einem stinkenden Fett schwamm, beleuchtete, auf einem Schämel stehend, die glänzenden Mauern dieses abscheulichen Aufenthaltes, und zeigte Dantes seinen Führer, einen schlecht gekleideten, gemein aussehenden Gefangenenwärter.
»Das ist Ihr Zimmer für diese Nacht.« sagte er. »Es ist schon spät und der Herr Gouverneur hat sich bereits zu Bette gelegt. Wenn er morgen erwacht und von den Sie betreffenden Befehlen Kenntnis genommen hat. wird er Ihnen vielleicht eine andere Wohnung anweisen. Mittlerweile finden Sie hier Brot, Wasser in diesem Kruge und Stroh in einem Winkel da unten. Das ist Alles, was ein Gefangener wünschen kann.«
Und ehe Dantes daran dachte, seinen Mund zu einer Antwort zu öffnen, ehe er bemerkte, wohin der Kerkerknecht dieses Brot gelegt hatte, ehe er sich Rechenschaft von dem Orte gab, wo der Krug stand, ehe er die Augen nach dem Winkel wandte, wo ihn das Stroh erwartete, das ihm als Bett dienen sollte, hatte der Gefangenenwärter, die Lampe genommen und dem Gefangenen, die Thüre verschließend, den bläulichen Reflex entzogen, der ihm, wie bei dem Schimmer eines Blitzes die feuchten Wände seines Gefängnisses gezeigt hatte.
Er befand sich nun allein in der Finsternis und in einer Stille, so stumm und so düster, wie diese Gewölbe, deren eisige Kälte er auf seine glühende Stirne sich herabsenken fühlte.
Als die ersten Strahlen des Morgens etwas.Klarheit in diese Höhle gebracht hatten, kam der Gefangenenwärter mit dem Befehle zurück, den Gefangenen zu lassen, wo er war. Dantes hatte den Platz nicht verändert. Eine eiserne Hand schien ihn an die Stelle genagelt zu haben, auf der er am Abend zuvor stille gestanden war. Nur verbarg sich sein tiefes Auge unter einer durch den feuchten Dunst seiner Tränen verursachten Geschwulst. Er war unbeweglich und schaute den Boden an.
So hatte er die ganze Nacht stehend und ohne einen Augenblick zu schlafen zugebracht.
Der Gefangenenwärter näherte sich ihm, ging um ihn her, aber Dantes schien ihn nicht zu sehen.
Er schlug ihm auf die Schulter, Dantes bebte und schüttelte den Kopf.
»Haben Sie denn nicht geschlafen?« fragte der Gefangenenwärter.
»Ich weiß es nicht.« antwortete Dantes.
Der Gefangenenwärter schaute ihn erstaunt an.
»Haben Sie keinen Hunger?« fuhr er fort.
»Ich weiß es nicht.« antwortete Dantes abermals.
»Wünschen Sie etwas?«
»Ich wünschte den Gouverneur zu sehen.«
Der Gefangenenwärter zuckte die Achseln und entlernte sich.
Dantes folgte ihm mit den Augen. streckte die Hände nach der halb geöffneten Thüre aus, aber die Thüre schloß sich wieder.
Dann schien sich seine Brust in einem langen Schluchzen zu zerreißen. Seine Tränen, welche seine Augenlieder aufschwellten. sprangen wie zwei Bäche hervor. Er warf sich mit der Stirne auf die Erde, betete lange, durchlief in seinem Geiste sein ganzes vergangenes Leben und fragte sich, welches Verbrechen er, noch so jung, begangen hätte, das eine so grausame Bestrafung verdiente.
So ging der Tag hin..Kaum aß er einige Bissen Brot und trank ein paar Tropfen Wasser. Bald saß er in seine Gedanken versunken, bald lief er in seinem Gefängnis umher wie ein wildes Tier. das in einem eisernen Käfig eingeschlossen ist.
Ein Gedanke besonders machte ihn immer wieder auffahren: der, daß er während der Überfahrt, wo er in seiner Unkenntniß des Ortes, nach welchem man ihn führte, so ruhig geblieben, zehnmal im Stande gewesen wäre, sich in das Meer zu werfen, einmal im Wasser, durch seine Geschicklichkeit im Schwimmen, durch eine Geschicklichkeit, die aus ihm einen der gewandtesten Taucher von Marseille machte, unter dem Wasser zu verschwinden, seinen Wächtern zu entgehen, die Küste zu erreichen, zu fliehen, sich in irgend einem verlassenen Krek zu verbergen, ein genuesisches oder catalonisches Schiff zu erwarten, Italien oder Spanien zu erreichen und von dort aus Mercedes zu schreiben, sie möge zu ihm kommen. Über sein Leben durfte er in keinem Lande unruhig sein: überall sind gute Seeleute selten. Er sprach Italienisch wie ein Toscaner, Spanisch wie ein Kind von Altcastilien.