Die Holländerin. Александр Дюма
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– Mitunter.
– Wohl gar durch Gleichgültigkeit?
– Ganz recht, mein Herr, ganz recht! Widmet man einer Frau viel Sorgfalt, so wird sie sich stets schwach und leidend geben; betet man sie an, so giebt sie sich nach Maßgabe der Liebe als ein Tyrann, und als ein Opfer, wenn man sie nicht mehr wie früher liebt; weiß aber die Frau, weder daß man sie liebt, noch daß man sie nicht liebt, sieht sie, daß man sie ohne Enthusiasmus und ohne Verachtung behandelt, spricht man nur zu ihr: »Ich frühstücke um elf Uhr und esse um 6 Uhr zu Mittag«, redet nie von Geschäften mit ihr, legt ihr nie Rechenschaft von feinen Handlungen ab und sieht sie nur bei Tische: dann können Sie sich versichert halten, mein Herr, daß die Frau eine Sclavin ist, die sich mit einem Lächeln begnügt, an einer Zärtlichkeit hoch erfreut, und sich nicht besser hält, als die Pfeife, die ihr Mann raucht, oder das Bier, das er trinkt.
– Diese Theorie hat vielleicht in Holland ihr Gutes; in allen übrigen Ländern würde sie aber sehr mangelhaft sein.
– Die guten Theorien sind für alle Länder gut. Der Schöpfer hat alle Frauen nach einem Modelle geschaffen und allen dasselbe Herz gegeben.
– Ja, aber nicht dasselbe Gesicht, nicht denselben Character. Es giebt Länder, in denen die Frauen heißeres Blut und heftigere Leidenschaften besitzen, als in manchen andern. Wenn Ihre Theorie auch bei den Frauen des Nordlandes ihre Anwendung fände, so möchte dies wohl bei denen der Südländer nicht der Fall sein.
– Ich zweifle daran, mein Herr.
– Erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, daß Sie unrecht haben. Ich habe in dieser Beziehung lange und gründliche Studien angestellt. Wollte man außerdem Ihre Ansicht als Regel gelten lassen, so kann ich Sie versichern, daß diese Regel sehr viel Ausnahmen erleidet.
– Wohl möglich, antwortete lächelnd Herr Van-Dick, ich kenne nicht alle Frauen. Alles was ich weiß, ist, daß ich mich vor zehn Jahren verheirathete, daß meine Frau sehr schön, aber auch sehr kokett war, und daß sie alle jene Fehler besaß, welche die elegante Welt für Tugenden hält; daß sie aber nach zwei Monaten, kraft meines festen Willens und meiner unerschütterlichen Gleichgültigkeit gegen sie und ihre Launen, ordentlich, ökonomisch und sanft geworden ist, daß ich jeden Tag um elf Uhr frühstückte, um sechs Uhr zu Mittag aß, im Hause nie ein Wort mit ihr sprach, kam und ging wie es mir beliebte, und daß ich, mit einem Worte, stets dasselbe Gesicht und dasselbe Herz vorfand.
– Sie sind ein glücklicher Mann!
– Wahrhaftig, das bin ich. Da sehen Sie die ersten Zeilen dieses Briefes: »Mein Geliebter, mit großer Freude vernahm ich deine Rückkehr, denn ich vermisse schmerzlich deine Anwesenheit. Auch Julius erwartet Dich mit großer Ungeduld.« Julius, unterbrach sich der Holländer, ist nämlich mein Sohn!
– Ah, Sie haben auch einen Sohn?
– Einen schönen, blonden Jungen von neun Jahren.
– Und jetzt kehren Sie in den Schooß Ihrer Familie zurück?
– Ach Gott ja!
– Haben Sie eine Vergnügungsreise gemacht? fuhr der Tenor fort, der in dieser neuen Bekanntschaft Zerstreuung und Erheiterung fand.
– Es war eine Vergnügungs- und Geschäfts-Reise, antwortete der Holländer.
– So, Sie sind also in Geschäften?
– Ich bin der Chef eines sehr großen, und kann mit Recht sagen, eines sehr bekannten Handlungshauses.
– Und während die er Zeit besorgt Madame Van-Dick alles allein, was sonst Sie besorgten?
– O nein, ich habe meiner armen Frau einen Commis zur Hilfe gegeben, einen sanften, einsichtsvollen jungen Mann.
– So, sprach Tristan und unterdrückte mit Mühe ein Lachen, das seine Lippen zu sprengen drohte – es ist ja wahr, Sie müssen einen Commis haben.
– Mein Haus würde ohne ihn nicht bestehen können, da ich sehr oft verreisen muß. Der arme Mensch hat viel Arbeit!
– Ich glaube es.
– Alles, was ich nicht thun will, sprach Herr Van-Dick, muß er thun. Tristan glaubte dieser Phrase eine geistreiche Absicht unterlegen zu können, aber die ungeheure Ruhe und Gutherzigkeit, die sich in dem Gesichte des Kaufmanns aussprach, belehrte ihn eines andern.
– Ist dieser Commis schon lange in Ihren Diensten?
– Zwei Jahre. Sein Vorgänger war ein schlechtes Subject, dem Euphrasia kein Vertrauen schenkte. Euphrasia ist nämlich der Name meiner Frau. Deshalb gab ich ihm seinen Abschied, denn in wichtigen Sachen, das heißt in solchen, von denen meine Ruhe abhängt, richte ich mich stets nach Euphrasia. Er hat sie betrogen.
– Er hat sie betrogen? wiederholte Tristan, der nicht wußte, welchen Sinn er in diesen Satz legen sollte.
– Ja, er hat die Frau betrogen, die ihn recht sehr liebte.
– Das ist ein wenig stark! dachte Tristan. Dieser Mensch ist entweder verrückt, oder er ist ein gemästeter Richelieu. Und der, den Sie jetzt haben, sprach er laut, betrügt ihre Frau nicht?
– O, dieser ist ein Muster von Aufmerksamkeit und Sorgfalt für sie und mich. Wenn er fortfährt, sich so zu betragen, werde ich ein Glück machen und ihn verheirathen, vorausgesetzt, daß Euphrasia nichts dagegen hat.
– Warum sollte sie etwas dagegen haben?
– Weil sie ihn mehr liebt, als seinen Vorgänger.
– Ist er vielleicht ein Verwandter von Ihnen?
– Nein!
– Wenn Sie ihm aber so gewogen sind, müßte Sie doch nichts abhalten, ihn zu verheirathen, und seiner Frau eine Anstellung in Ihrem Hause zu geben.
– Das wird Euphrasia nicht wollen.
– Warum?
– Sie ist eifersüchtig.
– Auf Ihren Commis?
– Ja.
– Wäre Tristan nicht von den Wänden und der Decke des Wagens eingeschlossen gewesen, er hätte einen Satz von sechs Fuß Höhe gemacht. Der Holländer erzählte alle diese Sachen mit einer so enormen Kaltblütigkeit, daß man hätte glauben mögen, er erheuchele sie ausdrücklich, um, wie man zu sagen pflegt, Tristan blau anlaufen zu lassen.
– Verzeihung, fuhr der Tenor fort, wenn ich diese Frage an Sie richte: wenn Ihre Frau nun eifersüchtig auf die Frau Ihres Commis sein kann, müssen Sie dann nicht eifersüchtig auf den Commis sein?
– Ich?
– Ja!
– Warum?
– Potz Element! sprach Tristan und dehnte die Frage bis zu den äußersten Grenzen aus, um zu wissen, was er von seinem Nachbar zu halten habe. – Potz Element! Wenn Ihre Frau ihn liebt, so entwendet er Ihnen natürlich einen Theil der Liebe, welche Ihre Gattin Ihnen ganz zu geben schuldig