Die Holländerin. Александр Дюма
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Holländerin - Александр Дюма страница 3
– Glauben Sie?
– Ich bin davon überzeugt. Wenn er mich mehr liebt, als Euphrasia, giebt er mir mehr, als er mir nimmt. Nach der regula de tri ganz richtig gerechnet.
– Zugestanden, sprach Tristan, nachdem er einen Augenblick überlegt; was thut er aber für Sie?
– Wie ich bereits gesagt, alles, was ich nicht thun will, zum Beispiel – —
– Zum Beispiel? fragte Tristan rasch, der nun die vollständige Erklärung erwartete.
– Zum Beispiel, fuhr der Holländer mit leutseliger Miene in einem gutherzigen Tone fort, führt er meine Bücher, und ich muß gestehen, daß er sich nie um einen Pfennig verrechnet; bin ich abwesend, so führt er meine Frau spazieren und auf den Ball, mit einem Worte, er thut. Alles, was man von einem wahren Freunde verlangt.
– Dieser Mann ist ein Geheimniß, dachte Tristan, er ist entweder ein großer Narr, oder ein großer Philosoph. Sie sind sehr glücklich, sprach er laut, um Herrn Van-Dick auf die Antwort wieder zurückzuführen, die er zu erwarten schien, Sie sind in der That sehr glücklich, da Sie einen wahrhaften Freund besitzen.
– Haben Sie nie einen solchen gehabt?
– O ja!
– Nun?
– Ich habe ihm das Leben gerettet, und dafür gab er mir einen Degenstich.
– In die Brust?
– In die Schulter.
– Ein Glück, daß er Sie nicht getödtet hat. Verursacht ein Degenstich große Schmerzen?
– Je nachdem man ihn empfängt.
– Ich meine im Arm oder in der Schulter?
– An diesen Orten ist er mehr lästig, als schmerzhaft.
– Das dachte ich mir.
– Warum diese Frage?
– Weil ich mich einmal schlagen sollte.
– Wegen einer ernsten Sache?
– Nein, nur wegen eines Menschen, der mir gesagt, daß Euphrasia mich hinterginge. Ich stand zufällig und gab ihm eine Ohrfeige; hätte ich gesessen, würde ich ihm nicht geantwortet haben.
– Und was that der andere?
– Er forderte mich.
– Nahmen Sie die Forderung an?
– Ja, aber ich habe mich nicht geschlagen.
– Hat er Sie um Entschuldigung gebeten?
– Nein, wir bestimmten für den folgenden Tag ein Rendez-Vous. Als ich nach Hause kam, fand ich den Commis vor, von dem ich Ihnen vorhin erzählte, daß er meine Bücher führt. Es war gerade am Ende des Monats, er hatte viel Zahlungen zu machen, und beschäftigt mit diesen Zahlungen, vergaß auch ich, daß ich mich den nächsten Morgen schlagen sollte. Den größten Theil der Nacht brachte ich mit dem Ordnen der Rechnungen zu und ging spät zu Bett. Es war sehr kalt und um elf Uhr des Morgens schlief ich noch so sanft, wie man nur sanft schlafen kann. Da ward ich geweckt. Als ich die Augen öffnete, sah ich den Mann vor mir, dem ich Tages zuvor eine Ohrfeige gegeben hatte – er schien vor Kälte ganz erstarrt zu sein.
– Mein Herr, sprach er mit zornbebender Stimme, seit drei Stunden erwarte ich Sie!
– Nun, fragte ich.
– Nun, mein Herr, Sie sind nicht zum Rendez-Vous gekommen?
– Ich weiß es, mein Herr, da ich noch im Bette liege.
– Aber mich friert!
– Das kann mir sehr gleichgültig sein, denn mir ist warm.
– Sind Sie bereit, mir zu folgen?
– Fällt mir nicht ein. Ich habe nicht Lust, wie Sie, mit den Zähnen zu klappern, weiße Backen und eine rothe Nase zu bekommen. Wann waren Sie an dem bestimmten Orte?
– Um acht Uhr, mein Herr.
– Und Sie haben mich erwartet?
– Bis elf Uhr – macht drei Stunden.
– Da hat Sie wohl sehr gefroren?
– Ich bin ganz erstarrt, antwortete mein Gegner, und werde wohl eine Krankheit davon tragen.
– Nun, mein wackerer Freund, sprach ich, ich finde, daß Sie für die mir zugefügte Beleidigung genug gestraft sind, ich verzeihe Ihnen, gehen Sie nach Hause. Legen Sie sich in ein gut gewärmtes Bett, trinken Sie eine Taffe heißen Syrup und es wird Ihnen nichts schaden. Leben Sie wohl, mein Bester, und hüten Sie sich in Zukunft vor Unbesonnenheiten.
»Mit diesen Worten wandte ich mich in meinem Bette um, um wieder einzuschlafen; der Herr aber fuhr fort zu schreien und zu toben. Da zog ich die Glocke und ließ ihn zur Thür hinauswerfen. Ich glaube, mein Commis hat die Sache in Ordnung gebracht, da er es war, den jener Herr mir als den Liebhaber meiner Frau bezeichnete. Ich habe nie wieder etwas von meinem Gegner gehört.«
Tristan sah Herrn Van-Dick bewundernd an.
– Der ist in der That ein glücklicher Mensch, dachte er. Während dieser Zeit hatte der Holländer, als ob er ganz gleichgültige Sachen erzählte, ruhig und sorgfältig seine Zeitung entfaltet und sie von dem Tabak gesäubert, der darauf gefallen war. In dem Augenblicke, als er zu lesen beginnen wollte, senkte er noch einmal das Blatt und richtete eine mit der Brille bewaffneten Augen auf Tristan.
– Nicht wahr, junger Mann – fragte er – Sie haben sich einer Frau wegen geschlagen?
– Ja!
Herr Van-Dick lächelte und schien den Abschnitt in der Zeitung zu suchen, den er lesen wollte. Als er ihn gefunden, lehnte er sich in die Ecke des Wagens und begann aufmerksam zu lesen.
Tristan betrachtete noch eine Zeitlang dieses Original unter der so ganz gewöhnlichen Hülle, dann weidete er sich an der Landschaft, die sich vor seinen Augen ausbreitete. Da er nichts zu lesen hatte und des Denkens müde war, schob er seine Reisemütze unter den Kopf und schloß die Augen, um zu schlafen.
2
Die Vorsehung nimmt die Gestalt eines holländischen Kaufmanns an
Der Wagen, in welchem sich die Herrn Van-Dick und Tristan befanden, fuhr, wie alle Wagen, welche täglich einen bestimmten Weg zurücklegen müssen. Die Pferde, mit horizontal gerichtetem Halse, trabten mit einer ruhigen und einförmigen Langsamkeit, welche zu beobachten Vergnügen gewährt. Der Kutscher, halb im Schlafe auf seinem hohen Sitze, läßt, wie Hippolyt, die Zügel über seine Renner herabhängen, und weckt ihn dann und wann ein Stoß des Wagens, so versetzt er den Rossen einen wohlthätigen Peitschenhieb, den diese mehr für eine freundschaftliche Erinnerung, als für einen Beweis des Zornes halten, denn sie bewegen sich auch nicht um ein Haar rascher, sondern thun, als ob nichts vorgefallen wäre. Der Wagenlenker schließt seine Augen wieder und bleibt unempflindlich gegen die Reize, mit welchen ihn die