Die Prinzen von Orleans. Александр Дюма
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In dieser Zwischenzeit kam es an den Tag, daß Orleans die Sache, zu deren Vertheidiger er sich aufgeworfen hatte, verrathend, den erniedrigenden Vorschlägen des Wiener Hofes ein geneigtes Ohr geliehen hatte. Niemand wunderte sich darüber. Gleichzeitig erfuhr man, daß er sich durch Lord Stanhope, einen Gefährten seines Leichtsinns, überreden, auch durch das Gold Englands hatte verführen lassen. Auch wurde es bekannt, daß er die Absicht habe, sich seiner Gemahlin zu entledigen und die verwitwete Königin von Spanien zu heirathen; das Wort Gift gehörte zu denen, die schon damals den Namen Orleans brandmarkten.
Die Gefechte, welche zwischen den beiderseitigen Truppen. Statt fanden, waren von geringer Bedeutung. Orleans, wie die andern Prinzen, zogen die Degen nicht; denn die Fürsten halten sich, einem groben Irrthum unterliegend, der die Republiken stand macht, und ihnen Aussichten in die Zukunft gewährt, während der Kämpfe fern von der Gefahr. Wer kann sagen, wie weit Hochmuth und Wahnsinn, wenn sie sich des beschränkten Gehirns der Könige bemächtigt haben, führen können?. . .
Als Orleans nach Madrid zurückkam, sah er sich ernsten Befragungen unterworfen; anscheinend ganz harmlos schwatzend, fühlte man ihm auf den Zahn; man verlangte Rechenschaft über seine Unterhandlungen mit den Feinden. Er war gezwungen, gehaßt und verachtet abzureisen. In Madrid ließ er einen seiner Genossen, einen gewandten Spion, Namens Renaut, der, indem er für Orleans wirkte, ein solches Aergerniß gab, daß Ludwig XIV., von seinen Schleichwegen in Kenntniß gesetzt, seinem Neffen befahl, Renaut zurückzuberufen. Nun schickte Orleans einen andern seiner Emissaire, Namens Flotte, hin, welcher auf Befehl des Marquis d’Aquilar in dem Augenblicke verhaftet wurde, wo man ihn mit Renaut confrontierte. Das Gerücht von diesen Ereignissen kam an den französischen Hof und erweckte eine allgemeine Empörung gegen den Namen Orleans. Man hatte Beweise, daß er nach der Krone Spaniens getrachtet und mit England unterhandelt hatte, während er es zu bekriegen schien. Dazu flüsterte man einander noch in die Ohren, daß seine chemischen Kenntnisse ihm förderlich sein würden, sich bald seiner Gemahlin zu entledigen: es wird den Ehrgeizigen leicht, die, welche ihre Pläne durchkreuzen, zu beseitigen. Seine Gemahlin, die zu der Zeit grade schwanger war, bekam eine sehr heftige Kolik, welches den Argwohn verdoppelte.
Spanien schwieg noch immer über die den beiden Agenten des Herzogs abgenommenen geheimen Papiere. Ludwig XIV., der unter vier Augen die Usurpations-Pläne seines Neffen gebilligt hatte, befand sich in großer Verlegenheit; er wagte nicht, ihn zu strafen, was der König von Spanien verlangte, und konnte doch auch dem allgemeinen Geschrei, welches Orleans anklagte, sein Ohr nicht verschließen. Der König versuchte die Sache zu vermitteln, Er schrieb an Philipp V., die Agenten des Herzogs seien Intriguanten, die ein unvernünftiger Eifer beseelt habe, die aber nie von seinem Neffen in ihren Absichten ermuthigt gewesen wären. Ihre Mitschuldigen im Stiche zu lassen, ist Sitte unter den Großen der Erde. In Frankreich wünschte man allgemein, daß der Herzog wegen seiner Verräthereien zum Tode verurtheilt werden möge. Am Hofe verlangten der Herzog von Maine, die Condé’s und der Dauphin selbst, daß der Herzog in Anklagestand versetzt werde. Der König sah sich genöthigt, der allgemeinen Entrüstung nachzugeben: der Prozeß des Herzogs wurde eingeleitet. Von da an lebte der Prinz, den Alles mit Abscheu floh, allein. Um sich über diese verdienten Beschimpfungen zu trösten, überließ er sich den unerhörtesten Ausschweifungen. Sein Palais, von welchem schon seit langer Zeit alle rechtlichen Leute fern geblieben waren, wurde mehr denn je der Sammelplatz der scheußlichsten Laster. Ein einziger Freund, Saint-Simon, war bei dem Herzoge geblieben und suchte ihn den Ränken und Schwelgereien abwendig zu machen. Der Marschall von Bezons unterstützte ihn in diesen Besserungsversuchen. Sie zeigten dem Herzoge den Abgrund, in welchen er versunken war und verhehlten ihm nicht, daß seine unmoralische Verbindung mit Frau von Argenton viel Schuld an seiner Ungnade sei. Saint-Simon, der es zuerst übernommen hatte, freimüthig mit ihm zu sprechen, hat es mit eben so viel Geschicklichkeit als Festigkeit. Er verbarg ihm nicht, daß er allgemein verabscheut, daß der entehrte Name seines Hauses gebrandmarkt sei. Er deckte ihm, so zu sagen, seine eignen Pläne und Absichten auf, entwarf ihm ein treues Gemälde seiner Lage; er erinnerte ihn, daß das Gewicht der schwersten Anklagen auf ihm laste, und daß er durch seine eigne Schuld von der Nation und seiner eignen Familie abgesondert dastehe. Der Herzog versuchte sich zu rechtfertigen, und behauptete verleumdet zu sein. Nun kam auch Bezons Saint-Simon zu Hilfe, und nach noch vielen Versuchen dieser Art versprach der Prinz, jenes Weib zu verabschieden, die ihm geholfen hatte, sich zu entehren. Nicht ohne schweren Kampf entschloß er sich zu der Trennung von ihr. Sie zog sich nach der Picardie auf eines seiner Güter zurück, und ließ dem Herzog den Sohn, den sie von ihm hatte. Dieser Sohn machte, getreu den Familien-Traditionen der Orleans, später sein Glück durch Mittel, welche die Rechtschaffenheit verwirft.
Den anstößigen Verhältnissen seiner ehebrecherischen Liebschaft folgte unter eben so anstößigen Umständen eine Trennung, welche der Herzog nur durch Aufopferung von mehr als zwei Millionen, die er seiner Maitresse gab, erreichte. Dieses Geschöpf verhöhnte vermöge ihres, durch ihre Schande erworbenen Vermögens, die armen, hungernden Töchter aus dem Volke, die lieber das größte Elend erduldeten, als daß sie die Linderung desselben mit Aufopferung ihrer Ehre erkauft hätten. Uebrigens hatte ja Ludwig XIV. ein Beispiel solcher glänzenden Versunkenheit gegeben.
Das Opfer, welches der Herzog brachte, beschwichtigte den einmal aufgeregten Zorn der Prinzen von Geblüt nicht. Die Großen versplittern einen großen Theil ihres Lebens in Streitigkeiten über armselige Angelegenheiten der Etiquette, welche doch den Werth eines Menschen nicht zu erhöhen vermag. Orleans hatte den Marschall Bezons seinem Sohne zum Erzieher geben wollen, die Condé’s darüber eifersüchtig, intriguirten so lange, bis der König es verweigerte.
Der gefährlichen Eitelkeit nachgebend, welche die Fürsten veranlaßt, sogenannte diplomatische Verbindungen zu schließen, vermählte Ludwig XIV. Mademoiselle, die Tochter seines Neffen, mit dem Herzog von Berry, dem Sohne des Dauphin.
Sobald die Tochter des Herzogs von Orleans vermählt war, überließ sie sich all’ den Lastern, welche unglücklicherweise fast alle Mitglieder dieser Familie zur Schande geführt haben. Ihre Frivolität, die von keiner Rücksicht der Schamhaftigkeit zurückgehalten ward, machte sie der ganzen Welt zum Abscheu. Monsieur bemühte sich, sie zu trösten, und nun, es ist schrecklich, es aussprechen zu müssen, sah man, wie weit Zügellosigkeit und wüthende Leidenschaftlichkeit einen Vater und eine Tochter führen können, die beide gleich schuldig, beide gleich verderbt sind! Entsetzen! Der Herzog von Orleans wurde einer schändlichen Liebschaft mit feiner eignen Tochter an geklagt; und wie, um dieser schrecklichen Beschuldigung mehr Gewicht zu geben, starb der Dauphin, der hauptsächlich darauf gedrungen hatte, Monsieur zu entfernen, plötzlich an einem unbekannten Uebel!. . . Das Publikum schrie über Vergiftung und klagte Orleans derselben an . . . Unmittelbar nach diesem traurigen Todesfalle begann der Herzog und seine Tochter ein zügelloseres Leben als je zuvor. Täglich neue Orgien im Palais Royal, wo die schamloseste Frechheit präsidierte; der Vater umarmte seine Tochter in Gegenwart seiner