Die Zwillingsschwestern von Machecoul. Александр Дюма
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»Erhalten von Herrn Jean Louis Robier die Summe von fünfzig Francs als Aufgeld für dreißig Säcke Hafer, die ich ihm am 28. dieses Monats zu liefern habe.
Den 14. Mai 1832.«
»Ich sehe hierin keine Auskunft,« setzte der Unterpräfect hinzu.
»Kehren Sie gefälligst das Papier um.«
Der Unterpräfect stutzte. Auf der Rückseite standen folgende verstümmelte Zeilen:
»– — Arquis – augenblicklich die Nachricht – welche wir erwarten – zu Beaufays am 26. Abends – Offiziere Ihrer Division – ihr vorgestellt wurden – Ihre Leute in Bereitschaft – gehorsamst —«
»Das ist ja die Ankündigung einer Schilderhebung,« sagte der Unterpräfect, »denn das Fehlende ist leicht zu ergänzen«
»Ja, sehr leicht,« setzte der General hinzu, »ich glaube fast zu leicht.«
»Sie rühmten die Schlauheit dieser Leute,« entgegnete der Beamte, »ich finde sie vielmehr ganz harmlos —«
»Hören Sie nur,« sagte der General, »als Sie sich mit dem Haferhändler entfernt hatten, redete ich einen Bettler an, der etwas blödsinnig zu seyn schien. Ich sprach von dem lieben Gott und den Heiligen, vom Buchweizen, von der Apfelernte – bedenken Sie, daß die Apfelbäume jetzt blühen – und endlich fragte ich ihn, ob er uns als Wegweiser nach Liroux dienen wolle. Ich kann nicht, antwortete der Blödsinnige grinsend. – Warum nicht? fragte ich so unbefangen wie möglich. – Weil ich Befehl habe, antwortete er, eine schöne Dame und zwei Herren, wie Sie, von Puy-Laurent nach La Flocelière zu führen.«
»Die Sache scheint verwickelt zu werden,« sagte der Beamte.
»Keineswegs, sie wird klarer.«
»Erklären Sie sich.«
»Die in einem Lande, wo es so schwer ist, Auskunft zu erhalten, ungerufen kommende Mittheilungen sind aller Wahrscheinlichkeit nach Fallen, in die aber ein alter Fuchs wie ich nicht geht. Die Herzogin von Berry – wenn sie wirklich hier im Lande ist – kann nicht zugleich in Souday, in Beaufays und in Puy-Laurent seyn. Was sagen Sie dazu, Herr Unterpräfect?«
»Ich glaube,« erwiderte der Beamte, sich am Ohr kratzend, »daß sie abwechselnd an den drei Orten gewesen ist. Ich würde mich um das Versteck, wo sie war oder seyn wird, gar nicht kümmern, sondern geradezu nach La Flocelière gehen, denn diesen Ort hat ja der Blödsinnige so eben genannt.«
»Sie lassen sich zu leicht von der Fährte ablenken, lieber Herr,« sagte der General, »und die einzige genaue Auskunft, die wir erhalten haben, hat der Bauer mit dem Brotkuchen gegeben.«
»Aber die Anderen?«
»Ich würde meine Generalsepauletten gegen eine Unterlieutenantsepaulette wetten, daß uns die Anderen von irgend einem Schlaukopf, der den Maire mit uns sprechen sah, auf den Hals geschickt worden sind. Wir müssen unser Augenmerk auf Souday richten, lieber Herr Unterpräfect, wir werden sonst unverrichteter Sache zurückkommen.«
»Bravo!« sagte der Beamte erfreut, »ich fürchtete einen Mißgriff gemacht zu haben, aber Ihre letzten Worte beruhigen mich.«
»Was haben Sie gethan?«
»Der Bauer – ich habe hier seinen Namen, er heißt Courtin – ist Maire eines kleines Dorfes, Namens La Logerie.«
»Ich kenne es; vor sechsunddreißig Jahren hätten wir dort Charette beinahe gefangen.«
»Der Bauer nannte nur einen Menschen, der uns als Führer dienen könnte und dessen Verhaftung rathsam sey, um seine Rückkehr ins Schloß zu verhindern.«
»Wer ist der Mann?«
»Der Intendant des Marquis, oder eigentlich sein Waldhüter. Hier ist seine Personenbeschreibung.«
Der General nahm einen Zettel und las: »Haare kurz und mit grau gemischt, Stirn glatt, klugen schwarz und lebhaft, Augenbrauen buschig, auf der Nase eine Warze, Backenbart bis unter das Kinn; Jacke, Weste und Hosen von Sammt, Kamaschen und Gürtel von Leder. Besondere Kennzeichen: Der zweite Schneidezahn links fehlt. Hat einen braunen Hühnerhund bei sich.«
»Das ist mein Haferverkäufer Zug für Zug,« setzte der General hinzu. »Terrien? Er heißt so wenig Terrien, wie ich Barrabas heiße.«
»Sie können sich bald davon überzeugen, Herr General.
« »Wie so?«
»Er wird in wenigen Minuten hier seyn.«
»Er kommt hierher?«
»Ja wohl.«
»Freiwillig?«
»Freiwillig oder gezwungen.«
»Gezwungen?«
»Ja, ich habe Befehl gegeben, ihn zu verhaften, und es muß bereits geschehen seyn.«
»Tausend Donnerwetter!« fluchte der General und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Was haben Sie da gemacht?«
»Ich glaubte, Herr General, einen so gefährlichen Menschen auf der Stelle unschädlich machen zu müssen.«
»Gefährlich! Jetzt ist er weit gefährlicher, als er vor einer Viertelstunde war.«
»Aber wenn er verhaftet ist?«
»Er hat gewiß Zeit gehabt, seinen Freunden einen Wink zu geben. Die Prinzessin wird gewarnt werden, ehe wir eine Stunde Weges von hier entfernt sind. Wir können uns noch glücklich schätzen, wenn sie uns nicht die ganze Bevölkerung auf den Leib gehetzt haben, so daß wir hier keinen Mann der Garnison entbehren können.«
»Vielleicht ist es noch Zeit,« sagte der Unterpräfect, an die Thür eilend.
»Ja, laufen Sie! Mille tonnerres! es ist nicht mehr Zeit!« Man hörte wirklich ein immer lauter werdendes dumpfes Getöse, welches bald zum furchtbaren Geschrei wurde.
Der General öffnete das Fenster.
Hundert Schritte vom Gasthofe bemerkte er die Gendarmen, welche Jean Oullier gebunden in ihrer Mitte herführten.
Die schreiende, drohende Menge strömte von allen Seiten herbei, so daß sich die Gendarmen nur langsam und mit Mühe durchdrängen konnten.
Sie hatten indes von ihren Waffen noch keinen Gebrauch gemacht; aber es war keine Minute zu verlieren.
»Es ist jetzt nicht mehr zu ändern,« sagte der General, indem er schnell seinen Ueberrock ablegte und seine Uniform anzog. »Mein Pferd, mein Pferd!« rief er seinem Secretär zu. »Sie, Herr Unterpräfect, lassen Sie die Nationalgarde ausrücken – wenn’s hier eine gibt – aber es darf ohne meinen Befehl kein Gewehr gesenkt werden.«
Ein Capitän erschien.
»Sie, Herr Capitän,« fuhr der General fort, »stellen Sie Ihre Leute im Hofe auf. Meine zwanzig Reiter sollen aufsitzen. Jeder Mann erhält Lebensmittel auf zwei Tage und fünfundzwanzig Patronen. Halten Sie sich bereit, auf das erste Zeichen auszurücken.«
Der