Die Zwillingsschwestern von Machecoul. Александр Дюма
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Читать онлайн книгу Die Zwillingsschwestern von Machecoul - Александр Дюма страница 43
In diesem Augenblicke hörte man auf dem andern Ende des Marktplatzes ein starkes Gewehrfeuer.
»Was ist das?« fragte der General lauschend.
»Vermuthlich die Nationalgarde,« antwortete der Unterpräfect, »ich habe Befehl zum Ausrücken gegeben; sie wird meinen Weisungen gemäß die Meuterer umgangen haben.«
»Und wer hat Befehl gegeben zu feuern?«
»Ich, Herr General; man mußte Sie ja aus den Händen der Meuterer erlösen —«
»Mille tonnerres! Sie sehen ja, daß ich mich selbst erlöst habe,« eiferte der alte Krieger. »Merken Sie wohl, im Bürgerkriege ist alles unnütz vergossene Blut mehr als ein Verbrechen, es ist ein arger Mißgriff.«
Eine Ordonnanz galoppirte in den Hof.
»Herr General,« sagte der Offizier, »die Aufständischen fliehen in allen Richtungen. Die Reiterei ist da, soll ich ihnen nachsetzen lassen?«
»Kein Mann soll mir von der Stelle,« sagte der General, »überlassen Sie es nur der Nationalgarde; es sind Freunde, sie werden es untereinander schon ausmachen.«
Eine zweite Gewehrsalve bewies, daß es die Bauern und die Nationalgarde »mit einander schon ausmachten«.
Dies waren die beiden Salven welche der Baron Michel in La Logerie gehört hatte.
»Jetzt,« sagte der General, »kommt es nur darauf an, diesen traurigen Tag zu benützen. Es ist nur ein uns günstiger Fall denkbar: daß dieser Mann hier,« – auf Oullier deutend – »allein in das Geheimniß eingeweiht war. Gendarme, hat er seit seiner Verhaftung mit Jemanden gesprochen?«
»Nein, Herr General, er hat nicht einmal Zeichen gegeben, denn die Hände sind ihm gebunden.«
»Hat er mit dem Kopfe genickt? Hat er ein Wort geflüstert? Bei diesen Leuten ist ein Wink, ein Laut genügend.«
»Ich habe nichts bemerkt,« sagte der Gendarme.
»Nun, dann wollen wir’s versuchen. Herr Capitän, lassen Sie Ihre Leute essen; in einer Viertelstunde brechen wir auf. Die Gendarmen werden mit Hilfe der Nationalgarde genügen, die Ruhe in der Stadt zu erhalten. Ich reite mit meiner Escorte voraus.«
Der General ging wieder in den Gasthof.
Die Soldaten rüsteten sich zum Abmarsch.
Unterdessen saß Jean Oullier, von zwei Gendarmen bewacht, im Hofe auf einem Stein. Sein Gesicht war so ruhig und gleichgültig wie gewöhnlich: er liebkoste mit seinen gebundenen Händen seinen Hund, der ihm gefolgt war und den Kopf auf die Knie seines Herrn legte und ihm von Zeit zu Zeit die Hände leckte, gleichsam um dem Gefangenen anzudeuten, daß er in seinem Unglück einen Freund habe.
Jean Oullier streichelte ihn mit einer Entenfeder, die er im Hofe aufgenommen; dann benutzte er einen Augenblick, wo er von dem Gendarmen nicht beobachtet wurde, schob dem Hunde die Feder zwischen die Zähne, gab dem klugen Thiere einen Wink, stand auf und sagte:
»Geh, Pataud!«
Der Hund entfernte sich langsam und sah sich von Zeit zu Zeit nach seinem Herrn um; endlich schlürfte er unbemerkt zur Hausthüre hinaus.
»Er wird früher ankommen als wir,« sagte Jean Oullier zu sich selbst.
Unglücklicherweise waren die Gendarmen nicht die einzigen Wächter des Gefangenen.
V.
Die Hilfsmittel Oullier‘s
In der Vendée gibt es noch sehr sehr wenig schöne Landstraßen, und diese sind erst seit dem Jahre 1832, also nach den hier erzählten Ereignissen angelegt worden.
Dieser Mangel an Landstraßen war den Insurgenten in dem großen Kriege hauptsächlich zu Statten gekommen.
Am linken Ufer der Loire gab es damals nur zwei Straßen, die von Nantes nach La Rochelle und nach Palmboeuf führten. Die erstere berührte das Städtchen Montaigu.
Zwischen diesen Hauptstraßen sind einige schlechte Nebenwege. Um auf diesen Straßen von Montaigu nach Machecoul zu gelangen, mußte man einen bedeutenden Umweg machen. Der General sah aber wohl ein, daß der Erfolg seines Unternehmens von der Schnelligkeit der Ausführung abhing. Ein Marsch auf den Hauptstraßen würde zu viel Zeit gekostet haben. Ueberdies waren diese Straßen den militärischen Operationen nicht günstiger als die Verbindungswege. An den Seiten waren tiefe und breite Gräben, Hecken und Gebüsche, welche zu einem Hinterhalte sehr geeignet waren. Der General beschloß daher, den weit kürzeren Seitenweg nach Machecoul einzuschlagen.
Das von ihm durchgeführte Cantonnirungssystem hatte die Soldaten mit den Ortsverhältnissen vertraut gemacht. Der Capitän, welcher die Infanterieabtheilung befehligte, kannte die Straße bis zu dem Flusse Boulogne. Dort sollte er einen von Courtin abgeschickten Führer finden; denn es war vorauszusehen, daß Jean Oullier sich weigern würde, als Wegweiser zu dienen.
Der General hatte übrigens seine Vorkehrungen getroffen, um nicht überrascht zu werden. Zwei Cavalleristen, mit schußfertigen Pistolen in der Hand, ritten voraus, während etwa zwölf Mann auf beiden Seiten der Colonne die Gebüsche durchsuchten.
Der General ritt an der Spitze seiner kleinen Truppe, in deren Mitte Jean Oullier, auf der Croupe eines Cavalleriepferdes sitzend, fortgeschafft wurde. Aus Vorsicht hatte man den Gefangenen dessen Hände gefesselt waren, mit einem Riemen an den Reiter festgeschnallt, und überdies wurde er von zwei rechts und links reitenden Soldaten bewacht.
Es war etwas über sechs Uhr Abends, als die kleine Schaar von Montaigu abmarschirte.
Die fünf Lieues bis zum Schlosse Souday konnten in etwa fünf Stunden zurückgelegt werden, man konnte daher etwa um elf Uhr eintreffen.
Diese Stunde schien dem General zur Ausführung seines Handstreiches sehr günstig.
Wenn Courtin die Wahrheit gesagt hatte, so mußten die Führer der Vendéer zu Souday versammelt seyn, um sich mit der Prinzessin zu berathen. Wenn sie sich noch nicht entfernt halten, so konnte man sie alle gefangen nehmen.
Eine halbe Stunde von Montaigu kniete eine zerlumpte alte Bäuerin vor einem Crucifix. Als die Soldaten näher kamen, stand sie auf und blieb an der Straße stehen, um sie vorbeimarschiren zu sehen und zugleich um ein Almosen zu bitten.
Aber die Offiziere und Soldaten marschirten vorbei, ohne die Alte zu beachten.
»Hat denn euer General die Bettlerin nicht gesehen?« fragte Jean Oullier den zu seiner Rechten reitenden Soldaten.
»Warum sagt Ihr das?«
»Weil er ihr seine Börse nicht aufgethan hat. Er möge sich nur in Acht nehmen! Wer die offene Hand zurückweist, hat die geschlossene Hand zu fürchten. Wir werden Unglück haben!«
»Wenn Du die Prophezeiung auf Dich beziehst, so kannst Du Recht haben; denn Du hast unter uns Allen am meisten zu fürchten.«
»Ja wohl, und deshalb möchte ich die Gefahr abwenden.«
»Wieso?«
»Greifet