Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма
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»Du drehst Dich seit einer Stunde um irgend eine Frechheit. Mache ein Ende: ich will es haben.«
»Aber . . .« versetzte Nicole ein wenig erschüttert.
»Du sagst, ich habe mit Gilbert gesprochen?«
»Ja, mein Fräulein, ich sage es.«
Ein Gedanke, den sie lange Zeit für unmöglich gehalten hatte, kam Andrée in den Kopf.
»Gott vergebe mir! diese Unglückliche ist eifersüchtig,« rief sie, in ein Gelächter ausbrechend. »Beruhige Dich, meine kleine Legay, ich schaue ihn nicht an, Deinen Gilbert, und ich wüßte nicht einmal zu sagen, von welcher Farbe seine Augen sind.«
Und Andrée fühlte sich ganz geneigt, das zu vergeben, was ihrer Ansicht nach nicht mehr eine Frechheit, sondern eine Tollheit war.
Das paßte nicht in die Rechnung von Nicole; sie betrachtete sich als die Beleidigte und wollte keine Verzeihung haben.
»Ich glaube es wohl,« versetzte sie, »ihn bei Nacht anzuschauen, ist nicht das Mittel, es zu erfahren.«
»Wie beliebt?« fragte Andrée, welche zu begreifen anfing, aber noch nicht glauben konnte.
»Ich sage, wenn das Fräulein Gilbert nur bei Nacht spreche, wie sie es gestern gethan, so sei dies nicht das Mittel, die Einzelnheiten seines Gesichtes genau kennen zu lernen.«
»Wenn Du Dich nicht auf der Stelle erklärst, so nimm Dich in Acht,« rief Andrée erbleichend.
»Oh! das wird ganz leicht sein . . .« antwortete Nicole, von ihrem Klugheitsplane abweichend, »ich habe diese Nacht gesehen . . .«
»Schweige, man spricht von unten mit mir,« sagte Andrée.
Es rief wirklich eine Stimme von dem Blumengärtchen herauf:
»Andrée! Andrée!«
»Es ist Ihr Herr Vater, mein Fräulein, mit dem Fremden, der die Nacht hier zugebracht hat,« sagte Nicole.
»Gehe hinab, sage, ich könne nicht antworten; sage, ich leide, ich habe eine Steife in den Gliedern, und komm’ dann zurück, damit ich diesen seltsamen Streit endige, wie es sich gebührt.«
»Andrée,« rief abermals der Baron, »es ist Herr von Balsamo, der Dir ganz einfach sein Morgenkompliment machen will.«
»Gehe, sage ich Dir,« wiederholte Andrée und wies Nicole die Thüre mit der Geberde einer Königin.
Nicole gehorchte, wie man Andrée gehorchte, wenn sie befahl, ohne eine Sylbe zu erwiedern, ohne eine Miene zu verziehen.
Als aber Nicole sich entfernt hatte, ging etwas Seltsames bei Andrée vor; so entschlossen sie auch war, so fühlte sie sich doch wie durch eine höhere, unwiderstehliche Macht nach dem Fenster gezogen, das Legay halb offen gelassen hatte.
Sie sah nun Balsamo, der seine Augen auf sie heftete und sich tief vor ihr verbeugte.
Sie wankte und hielt sich an den Läden, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
»Guten Morgen, mein Herr,« antwortete sie auf seinen Gruß.
Sie sprach diese Worte gerade in dem Augenblick, wo Nicole dem Baron gemeldet hatte, seine Tochter würde nicht antworten; Nicole riß vor Erstaunen den Mund auf und begriff diesen seltsamen Widerspruch nicht.
Von allen ihren Kräften verlassen, sank Andrée beinahe unmittelbar hierauf in einen Lehnstuhl.
Balsamo schaute sie beständig an.
XII.
Bei Tage
Der Reisende war früh am Morgen aufgestanden, um seinen Wagen ein wenig zu betrachten und sich nach der Gesundheit von Althotas zu erkundigen.
Es schlief noch Jedermann im Schlosse, Gilbert ausgenommen, der, hinter dem Gitter eines Zimmers verborgen, das er neben der Hausthüre bewohnte, neugierig die Manoeuvres von Balsamo verfolgte und alle seine Schritte beobachtete.
Balsamo aber zog sich zurück, schloß die Thüre der Abtheilung von Althotas und war bereits fern, ehe Gilbert einen Fuß in die Allee gesetzt hatte.
Als Balsamo gegen das Gebüsch hinaufging, war er betroffen von der Veränderung, das der Tag in dem Gemälde hervorbrachte, welches ihm am Abend zuvor so düster gedünkt hatte.
Das kleine, weiß und rothe, von Steinen und Backsteinen gebaute Schloß war überragt von einem Walde von Adamsfeigenbäumen und ungeheuren Bohnenbäumen, deren wohlriechende Blüthenbüscheln auf sein Dach fielen und die Pavillons wie goldene Kronen umfingen.
Vor dem Blumenbeete bildete ein Teich von ungefähr dreißig Schritten im Gevierte, mit einer breiten Einfassung von Rasen und einer Hecke von blühendem Holunder, einen köstlichen Ruhepunkt für den Blick, der auf dieser Seite durch die Höhe der Kastanienbäume und der Zitterespen gehemmt war.
Auf jeder Seite der Pavillon lief bis zu einem buschigen Gehölze, der Zufluchtsstätte einer Menge von Vögeln, deren Morgenconcert man im Schlosse hörte, lief, sagen wir, eine breite Allee von Ahornbäumen, Platanen und Linden hinauf. Balsamo wählte die links und befand sich nach etwa zwanzig Schritten in einem grünen Gebüsche, dessen Rosen und wilde Jasmine, am Abend zuvor durch den Regen durchnäßt, köstliche Wohlgerüche ausströmten. Unter den Einfassungen von Hartriegel drangen Geisblatt und Jasmin hervor und eine lange Allee von Iris, vermischt mit Erdbeerpflanzen, verlor sich unter einem Gehölze, das ganz von blühenden Brombeerstauden und wilden Rosensträuchen durchschlungen war
So gelangte Balsamo bis auf den Höhenpunkt. Er sah hier die majestätischen Trümmer eines aus Kieselstein erbauten Schlosses. Die Hälfte eines Thurmes bestand allein noch inmitten einer ungeheuren Anhäufung von Steinen, über welche sich lange Guirlanden von Epheu und Jungfernrebe hinschlängelten . . . von diesen wilden Kindern der Zerstörung, welche die Natur auf die Ruinen gepflanzt hat, um dem Menschen anzudeuten, selbst die Trümmer seien fruchtbar.
So betrachtet, fehlte es dem Gute Taverney, das sich ungefähr auf sieben bis acht Morgen beschränkte, weder an Würde noch an Anmuth. Das Haus glich einer von jenen Höhlen, deren Zugänge die Natur durch ihre Blumen, durch ihre Lianen verschönert, während sie die launenhafte Phantasie mit ihren Felsgruppen schmückt, deren äußere Nacktheit aber den verirrten Reisenden, welcher von diesen hohlen Felsen eine Zufluchtsstätte für die Nacht verlangt, erschreckt und zurückstößt.
Als Balsamo nach einem Spaziergange von einer Stunde nach dem Wohngebäude zurückkam, sah er den Baron, seine gebrechliche Person in einen großen Schlafrock von blauem Kattun gehüllt, durch eine Seitenthüre, welche auf die Treppe ging, aus dem Hause herauskommen und im Garten umherlaufen, wobei er seine Rosen ausklaubte und Wegschnecken niedertrat.
Balsamo ging ihm schleunigst entgegen.
»Mein Herr,« sagte er mit einer Höflichkeit, welche um so feiner erscheinen mußte, als er die Armuth seines Wirthes noch tiefer ergründet hatte, »erlauben Sie mir, Ihnen zugleich meine Entschuldigung auszusprechen und meine Achtung zu bezeigen. Ich hätte Ihr Erwachen abwarten müssen, um herabzugehen, aber von meinem Fenster aus verführte mich der Anblick von Taverney, ich wollte von Nahem den schönen Garten und die eindrucksvollen Ruinen sehen.«
»Es