Ein tiefes Geheimniss. Уилки Коллинз

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Ein tiefes Geheimniss - Уилки Коллинз

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mit Tinte unterstrichen und an den Rändern mit Anmerkungen versehen, welche Auftreten, Abtreten und Stellungen auf der Bühne andeuteten.

      Die Diener, welche unten von der Beschäftigung ihrer Herrin vor ihrer Vermählung gesprochen, waren nicht durch falsche Gerüchte irregeleitet worden. Ihre Herr hatte, nachdem er selbst über die Blüte des Lebens hinaus war, wirklich seine Frau von der obskuren Bühne eines Provinzialtheaters hinweggenommen, während seit ihrem ersten öffentlichen Auftreten kaum zwei Jahre verflossen waren.

      Die alten Theaterstücke mit den eingezeichneten Stellen waren einmal ihre wertgehaltene dramatische Bibliothek gewesen; sie hatte um alter Erinnerung willen stets eine große Liebe zu ihnen bewahrt und sie während der letzten Zeit ihrer Krankheit Tage lang hintereinander auf ihrem Bett liegen gehabt.

      Nachdem Sara die Bücher weggenommen, kehrte sie zu ihrer Herrin zurück und öffnete, mehr mit dem Ausdruck der Furcht und Verlegenheit als des Kummers, ihre Lippen, um zu sprechen.

      Mistreß Treverton hielt aber die Hand empor und deutete dadurch an, daß sie noch einen anderweiten Befehl zu erteilen hatte.

      »Verriegele die Tür,« sagte sie mit derselben matten Stimme, aber in demselben entschlossenen Tone, der ihr erstes Begehren, mehr Licht im Zimmer zu haben, so auffällig gemacht hatte. »Verriegele die Tür. Laß niemanden herein, bis ich es erlaube.«

      »Niemand?« wiederholte Sara schüchtern, »auch nicht den Doktor? Auch nicht den Herrn?«

      »Auch nicht den Doktor – auch nicht den Herrn!« sagte Mistreß Treverton und zeigte auf die Tür. Die Hand war schwach, aber selbst in dieser augenblicklichen Bewegung derselben war die befehlende Gebärde nicht zu verkennen.

      Sara verriegelte die Tür, kehrte unentschlossen an das Bett zurück, heftete ihre großen, forschenden, unruhigen Augen fragend auf das Gesicht ihrer Herrin, neigte sich plötzlich über sie und sagte flüsternd:

      »Haben Sie es dem Herrn gesagt?«

      »Nein,« war die Antwort. »Ich ließ ihn rufen, um es ihm zu sagen – ich bemühte mich, die Worte auszusprechen – schon der Gedanke aber, wie ich es ihm am besten beibringen könnte, erschütterte mich bis in die innerste Seele, Sara – ach, ich habe ihn so lieb! Trotzdem aber würde ich es ihm gesagt haben, wenn er nicht von dem Kinde gesprochen hätte. Sara, er sprach von weiter nichts als dem Kind und das verschloß mir den Mund.«

      Sara warf sich, ihre dienstliche Stellung auf eine Weise vergessend, die selbst der nachsichtigsten Herrin außerordentlich erscheinen würde, bei dem ersten Wort, welches Mistreß Treverton entgegnete, auf einen Stuhl, bedeckte sich das Gesicht mit den zitternden Händen und stöhnte bei sich selbst:

      »O, was wird geschehen! Was wird nun geschehen!«

      Mistreß Trevertons Augen waren feucht geworden und hatten einen mildern Ausdruck angenommen, als sie von ihrer Liebe zu ihrem Gatten sprach. Schweigend lag sie einige Minuten da. Das Arbeiten einer starken Gemütsbewegung verriet sich durch das rasche, angestrengte, mühsame Atmen und durch das schmerzliche Zusammenziehen der Augenbrauen.

      Es dauerte jedoch nicht lange, so wendete sie ihr Gesicht unruhig nach dem Stuhl, auf welchem ihre Dienerin saß, und sprach wieder, diesmal aber in einem Tone, der nur ein Flüstern zu nennen war.

      »Gib mir meine Medizin,« sagte sie. »Ich brauche sie.«

      Sara fuhr empor und wischte mit dem raschen Instinkt des Gehorsams die Tränen hinweg, welche ihr immer schneller über die Wangen herabrannen.

      »Der Doktor,« sagte sie. »Lassen Sie mich den Doktor rufen.«

      »Nein – die Medizin – gib mir die Medizin!«

      »Welche Flasche? Das Opiat, oder –«

      »Nein. Nicht das Opiat, die andere Flasche.«

      Sara nahm eine Flasche von dem Tisch, sah aufmerksam, was auf dem angehängten Zettel geschrieben stand, und sagte, es sei noch nicht Zeit, diese Medizin wieder einzunehmen.

      »Gib mir die Flasche.«

      »O, bitte, verlangen Sie dies nicht von mir! Warten Sie doch ! Der Doktor sagte, es sei so verderblich, als wenn Sie Spiritus tränken, im Fall Sie zu viel davon nähmen.«

      Mistreß Trevertons helle graue Augen begannen zu funkeln, die rosige Röte ihrer Wangen ward dunkler; die befehlende Hand ward wieder mit Anstrengung von der Bettdecke emporgehoben, auf welcher sie lag.

      »Ziehe den Pfropfen aus der Flasche,« sagte sie, »und gib sie mir. Ich brauche Kräfte. Gleichviel ob ich in einer Stunde oder in einer Woche sterbe. Gib mir die Flasche.«

      »Nicht die Flasche,« sagte Sara, während sie dieselbe doch, von dem Blicke ihrer Herrin bezwungen, hingab. »Es ist bloß noch zu zwei Mal einzunehmen darin. Ich bitte, warten Sie – ich will ein Glas holen!«

      Sie wendete sich nach dem Tische. In demselben Augenblick aber hob Mistreß Treverton die Flasche an die Lippen, trank den Inhalt derselben aus und warf sie dann von sich auf das Bett.

      »Sie hat sich den Tod gegeben!« rief Sara, indem sie erschrocken nach der Tür lief.

      »Bleib!« rief die Stimme aus dem Bett schon entschlossener als je. »Bleib! Komm her und lege meine Kissen höher.«

      Sara legte die Hand an den Riegel.

      »Komm her,« wiederholte Mistreß Treverton. »So lange als noch ein Funken Leben in mir ist, verlange ich Gehorsam. Komm her!«

      Die Farbe begann auf ihrem ganzen Gesicht unverkennbar dunkler und das Licht in ihren weitgeöffneten Augen heller zu werden.

      Sara kam an das Bett zurück und fügte mit zitternden Händen den Kissen, welche den Kopf und die Schultern der Sterbenden stützten, noch eins hinzu. Während dies geschah, kam die Bettdecke ein wenig in Unordnung. Mistreß Treverton zog dieselbe schaudernd wieder herauf bis dicht um den Hals herum.

      »Hast du die Türe aufgeriegelt?« fragte sie.

      »Nein.«

      »Ich verbiete dir, dich derselben wieder zu nähern. Hole mir aus dem Schranke neben dem Fenster meine Schreibmappe, Feder und Tinte.«

      Sara ging an den Schrank und öffnete ihn, hielt aber plötzlich inne, als ob ein plötzlicher Argwohn sie durchzuckte, und fragte, wozu die Schreibmaterialien gebraucht werden sollten.

      »Bring sie nur, dann wirst du es sehen.«

      Die Schreibmappe ward mit einem Bogen Briefpapier darauf auf Mistreß Trevertons Knie gelegt, die Feder in die Tinte getaucht und ihr in die Hand gegeben.

      Die Kranke schloß die Augen eine Minute lang und seufzte tief. Dann begann sie zu schreiben und sagte zu ihrer Zofe, als die Feder das Papier berührte:

      »Schau her!«

      Sara lugte ihr unruhig über die Schultern und sah die Feder langsam und matt die drei Worte formen:

      »An meinen Gatten.«

      »O, nein, nein! Um Gotteswillen, schreiben Sie es nicht!« rief Sara, indem sie ihre Herrin bei der Hand faßte. In dem Augenblick aber, wo Mistreß Treverton sie ansah, ließ sie die Hand wieder los.

      Die Feder schrieb weiter und bildete langsam und immer matter soviel

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