Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach
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Читать онлайн книгу Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman - Viola Maybach страница 48
»Du willst mir jetzt also auch erzählen, dass ich ein Mensch bin, dem die Gefühle anderer gleichgültig sind?«, fragte sie.
»Hat das jemand gesagt?«, erkundigte er sich interessiert.
»Ja, Ulis Cousin«, murmelte sie. »Ich kannte ihn nicht, aber er wusste offenbar, wer ich bin. Jedenfalls hat er mich richtig fertig gemacht – auf ziemlich unverschämte Art und Weise.«
»Wieso unverschämt?«, fragte Florian. »Was die Gefühle deiner Exfreunde angeht, hat er zumindest Recht, oder nicht? Die hast du immer ziemlich gnadenlos abserviert, also kann man durchaus sagen, dass dir ihre Gefühle gleichgültig sind, finde ich.«
Sie sprang auf, die Augen lodernd vor Zorn. »Wenn ich geahnt hätte, dass du so reagierst, wäre ich nicht hergekommen!«, rief sie. »Ich dachte, du bist ein Freund, mit dem man über alles reden kann, ohne gleich verurteilt zu werden.«
Bevor er auch nur etwas erwidern konnte, hatte sie sich bereits umgedreht und war hinausgelaufen. Er machte keine Anstalten, ihr zu folgen, und das war die größte Überraschung, die er sich selbst bei diesem Besuch bereitete. Zum ersten Mal hatte er sich seinen Gefühlen für Stefanie nicht hilflos ausgeliefert gefühlt. Sie war ein Mensch, der Widerstand brauchte, das war ihm jetzt endlich klar geworden. Wenn er also jemals ihre Liebe gewinnen wollte, dann musste er ihr etwas entgegensetzen, statt still an seiner Liebe zu ihr zu leiden. Von jetzt an würde er anders mit ihr umgehen als bisher.
Florian, den alten Freund, den man ohne Probleme übersehen konnte, gab es ab sofort nicht mehr!
*
»Du hast mit ihr gesprochen?«, fragte Ulrich von Hohenburg entgeistert.
»Ja, habe ich«, erwiderte sein Cousin Philipp von Aggenau gelassen, während er sich mit einer Hand die schwarzen Haare zurückstrich.
»Gestern Abend noch? Nach unserer …« Ulrich brach ab, er konnte das Wort »Trennung« noch immer nicht in den Mund nehmen, ohne die Fassung zu verlieren.
»Ja«, wiederholte Philipp. »Es war Zufall, dass ich noch im Club war, als sie dort auftauchte – ich war ihr zwar nie begegnet, obwohl du mich ja eigentlich schon vor längerer Zeit mit ihr bekannt machen wolltest, habe sie aber trotzdem sofort erkannt. Außerdem gab es in meiner Umgebung genügend Leute, die geflüstert haben: »Da kommt Steffie von Gagern«. Also habe ich sie … ein wenig provoziert – und dann gewartet, was passiert.«
»Aber wie …« Wieder brach Ulrich ab. Er wollte über Stefanie reden – und zugleich wollte er es nicht. Seine Beziehung zu der jungen Frau hatte von Anfang an etwas Selbstquälerisches gehabt, und er konnte nicht einmal sagen, wie genau er da hineingeraten war. Sobald es nicht um Stefanie ging, war er ein durchaus selbstbewusster, dem Leben zugewandter junger Mann. War sie jedoch in der Nähe, verwandelte er sich in einen Menschen voller Ängste und Komplexe – wobei die schlimmste Angst zweifellos immer die gewesen war, die geliebte Frau zu verlieren. Und genau das war ja nun auch passiert. Er hatte im Grunde genommen von Anfang an geahnt, dass es darauf hinauslaufen würde.
»Du hast mir genug erzählt, Uli«, fuhr Philipp fort. »Ich hatte ein ziemlich klares Bild von ihr, und es hat sich gezeigt, dass meine Einschätzung ganz richtig war. Jedenfalls konnte ich ihr genau das sagen, was ich ihr schon sagen wollte, seit ich mitbekommen habe, wie du unter ihr zu leiden hast.«
»Und was war das?«, fragte Ulrich.
»Dass sie andere Menschen schlecht behandelt und offenbar Spaß daran hat – und dass ich das ekelhaft finde.«
»Das … das hast du ihr gesagt?«
»Ja, und noch einiges mehr. Danach habe ich sie stehen lassen. Das hättest du auch tun sollen, vor längerer Zeit schon, dann würde es dir heute besser gehen.«
»Ich hätte das nie gekonnt«, murmelte Ulrich. »Ich bin verrückt nach ihr, Phil!«
»Solche Gefühle kenne ich«, stellte Philipp fest, »aber deshalb darf man seine Selbstachtung nicht aufgeben, und das hast du meiner Meinung nach getan.«
»Kann sein«, gab Ulrich zu. »Aber …«
»Nein, warte«, bat Philipp. »Wir beide haben uns immer gut verstanden, Uli, aber seit du mit dieser Frau zusammen warst, bist du mir oft wie ein Fremder vorgekommen, und ich habe mir nichts mehr gewünscht, als den Ulrich von früher wiederzufinden. Es geht übrigens nicht nur mir so, sondern auch einigen anderen deiner Freunde. Du hast dich selbst verloren, und das liegt einzig und allein an Prinzessin Stefanie. Sie ist nicht gut für dich – und ist es auch nie gewesen, ganz im Gegenteil.«
Nach dieser längeren Rede blieb es erst einmal still. Als Ulrich schließlich zu einer Erwiderung ansetzte, musste er sich erst einmal räuspern. »So deutlich hat das bisher noch niemand gesagt, Phil. Ich meine, einige Freunde haben schon versucht, mich zu warnen, aber …« Er brach ab und schüttelte den Kopf. »Seltsam, jetzt, wo du es ausgesprochen hast, kommt es mir so vor, als hätte ich es schon immer gewusst. Du hast Recht, und gefühlt habe ich das die ganze Zeit.«
»Ich hoffe sehr, dass dir dieses Wissen wenigstens jetzt hilft, dich von ihr fernzuhalten, Uli«, sagte Philipp ernst. »Du bist nicht der Mann, der ihr ihre Grenzen aufzeigen kann, du hast dich viel zu sehr in deine Gefühle verstrickt.«
»Sie ist trotzdem nicht der schreckliche Mensch, den du in ihr siehst«, sagte Ulrich. »Glücklich ist sie nämlich nicht, das weiß ich.«
»Mag sein«, gab Philipp zu, »aber ich bleibe dabei: Dir tut sie nicht gut, und das ist im Augenblick das Einzige, was zählt.«
Sie setzten ihren Spaziergang schweigend fort, in stillem Einverständnis. Lange waren sie einander nicht mehr so nahe gewesen. Als sie sich später voneinander verabschiedeten, umarmte Ulrich seinen Cousin lange und sagte dann: »Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll, Phil. Es kann gut sein, dass du mir das Leben gerettet hast – und das meine ich ganz ernst.«
»Vielleicht kannst du dich eines Tages revanchieren«, lächelte Philipp. »Warte nur, bis ich mal richtig in Schwierigkeiten stecke!«
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