Das Rätsel der Arche Noah. Timo Roller
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8. Fernand kommt mit dem Balken am Rand der Gletscherspalte entlang. Hier muss wieder Rafael gefilmt haben.
Auch wenn die Navarras mehrere Filmkameras und Fotoapparate dabei hatten27, scheint es sehr unglaubwürdig, dass die beiden angesichts des spektakulären Fundes unter schwierigen Bedingungen auf etwa 4200 Metern nichts Besseres zu tun hatten, als jeweils die beste Einstellung auszusuchen, um die Bergung festzuhalten. Ging man bewusst das Risiko ein, lieber ausgiebig zu filmen, anstatt sich gegenseitig an der Gletscherspalte zu sichern? Im Interview erzählt Rafael Navarra, er habe sich gefragt: »Was, wenn er nun in die Gletscherspalte fällt und da unten bleibt, trotz seines Sohnes, der oben auf ihn wartet?«
Alles in allem wäre die Aktion geradezu irrsinnig fahrlässig gewesen – außer sie wurde in deutlich geringerer Höhe inszeniert. »Die Expedition, die vier Tage dauert, wird rasch zur Qual«, heißt es in der ZDF-Dokumentation28, in der Navarras Interview gezeigt wird – trotzdem gelangen den Navarras eindrückliche Filmaufnahmen, die diese Strapazen festhielten. Das ist doch sehr merkwürdig.
Arche made in China
Schon lange gab es nicht mehr so viele und auch kaum so spektakuläre Meldungen über die Suche nach der Arche Noah wie im Jahr 2010. Ein chinesisches Team mit der Bezeichnung »Noah's Ark Ministries International« (NAMI) veröffentlichte Fotos und Videos von einem sensationellen Fund auf dem Berg Ararat: War nun endlich der unwiderlegbare Beweis für die wörtliche Auslegung der biblischen Sintflutgeschichte gefunden?
Eine Rekonstruktionsgrafik der »Arche«, mit der NAMI die Fundsituation belegen wollte.
»Arche Noah am Ararat gefunden«, schrieb die Bild-Zeitung am 27. April
2010, und auch die Welt, National Geographic und einige weitere Medien berichteten über den angeblichen Fund einer chinesisch-türkischen Forschergruppe in etwa 4000 Metern Höhe. Die Nachricht schien für alle bibelfesten Christen sensationell: Es gab ein Video, verschiedene Fotos aus dem »Inneren der Arche« sowie ein auf ein Alter von 4800 Jahren datiertes Stück Zypressenholz.29
Bemerkenswert war die geringe Resonanz ausgerechnet in den christlichen Medien. Und dort, wo es sie gab, herrschte eher Skepsis – allerdings nicht nur dem Fund gegenüber, sondern der biblischen Überlieferung insgesamt: Das Schweizerische Katholische Bibelwerk lehnte die Sensationsmeldung als »ausgemachten Blödsinn« mit der Begründung ab, ein mythisches Schiff könne nicht gefunden werden.30
In den Kreisen der Schöpfungsforschung rund um den Globus wurden schon bald Fragen gestellt und auch ich selbst beschäftigte mich eingehend mit den Zweifeln, die aufkamen:
• Warum wurde die C-14-Datierung ausgerechnet im Iran vorgenommen?
• Warum waren Filmemacher anstatt Wissenschaftler im Entdeckerteam?
• Lassen die geologischen Bedingungen am Fundort – der übrigens vorerst geheim gehalten wurde – die jahrtausendelange Konservierung der Arche Noah zu?
• Sind Stroh, Spinnweben und Spuren von Holzwürmern, die auf den Fotos zu erkennen sind, am Fundort denkbar?
• Wurden die Fotos tatsächlich an der angegebenen Stelle aufgenommen?
• Welche Motivation hatten die Teammitglieder?
Wegen dieser und weiterer Ungereimtheiten blieben die Stellungnahmen von Organisationen wie »Wort und Wissen«, »Answers in Genesis« oder »Associates for Biblical Research« skeptisch. Auch Noahsarksearch.com listete neben der Webseite der christlichen Organisation »Noah’s Ark Ministries International Limited« (NAMI) aus Hong Kong entsprechende Fragen auf. Nicht zuletzt berichtete die Zeitschrift Factum – in Rücksprache mit mir – am 28. April differenziert über den Fall.
Schon bald kristallisierte sich heraus, dass vor allem ein Mann sehr starke Vorbehalte gegenüber dem Fund der chinesischen Gruppe hatte: Dr. Randall Price, Archäologe und Präsident der »World of the Bible Ministries«.31 Price selbst war (und ist auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt) in mehrere Arche-Expeditionen involviert und gehörte nach eigenen Angaben zeitweise auch zum NAMI-Team. Nun lag natürlich einerseits der Verdacht nahe, er könnte seinen Konkurrenten den Erfolg auf dem Ararat missgönnen. Andererseits geht er in seinem am 22. November 2010 veröffentlichten 33-seitigen »Special Report«32 ausführlich auf seine Beweggründe ein, bevor er zahlreiche Beweise gegen die »Made-in-China-Arche« vorlegt: »Die Wahrheit kann nicht von einer Lüge unterstützt werden«33 – wenn der Anspruch formuliert werde, man habe die Arche gefunden, müsse diese Behauptung wissenschaftlich überprüft werden können. Er wolle verhindern, dass die Öffentlichkeit durch immer wiederkehrende Falschmeldungen und Betrügereien künftige Funde zur Bestätigung der Bibel nicht mehr ernst nimmt. Nach dieser Klarstellung seiner Motivation präsentiert er dem Leser seines Reports die Geschichte der Arche-Entdeckung durch NAMI aus seiner Sicht.
Dreh- und Angelpunkt der Arche-Entdeckung sei demnach ein kurdischer Bergführer und Unternehmer mit dem Namen Ahmet Ertugrul, der unter dem Spitznamen »Parasut« bekannt ist. Dieser hatte wohl schon im Juli 2008 verkündet, die Arche Noah auf dem Berg Ararat gefunden zu haben. Damals war ein chinesisch-amerikanisches Team unter Beteiligung von Dr. Price bereits auf der Suche nach der Arche und stützte sich dabei auf Satellitenbilder und Augenzeugenberichte. Gegen ein Entgelt von 120.000 € versprach Parasut, den Forschern Fotos zu zeigen und sie anschließend zu seinem Fund zu führen. Bereits zum Betrachten dieser Bilder sollten die Forscher aber in die Türkei reisen und einen Vorschuss überweisen. Ein Verschicken der Bilder über das Internet sei Parasut zu unsicher, ließ er über eine Mitarbeiterin ausrichten.
Da Randall Price und sein amerikanischer Kollege, der Geologe Dr. Don Patton, die Bilder für wenig überzeugend hielten, brach Parasut den Kontakt zu ihnen ab und arbeitete fortan nur noch mit den chinesischen Team-Mitgliedern zusammen. Nach einigen vorgeblichen Schwierigkeiten gelangte das NAMI-Team unter Leitung von Parasut im Oktober 2009 zur Fundstelle und ging mit den Ergebnissen im April 2010 an die Öffentlichkeit.
Schon kurz nach Bekanntwerden des Fundes gelangten interne Äußerungen von Dr. Price an die Öffentlichkeit, in denen er Parasut unterstellte, die angebliche Arche in betrügerischer Absicht selbst im Gletschereis des Ararat installiert zu haben. Kurz darauf bestätigte er diesen Verdacht öffentlich und untermauerte ihn mit Belegen. Im November 2010 schließlich, nachdem er im Sommer selbst eine weitere Expedition auf den Ararat unternommen hatte, legte er den ausführlichen »Special Report« vor.
Gemäß eigenen Aussagen gelang es Price, im Ararat-Gebiet einige kurdische Arbeiter ausfindig zu machen, die Parasut bei der Durchführung seines Arche-Projekts geholfen haben wollen. Mit Lastwagen, Maultieren und schließlich zu Fuß hätten sie etliche Holzteile auf den Berg geschafft, um daraus zwischen Felsen und Gletschereis eine »Arche« zu erbauen. Im Glauben, dass es sich um die Kulisse für Filmaufnahmen handelte, waren die Arbeiter froh über diesen Auftrag. Erst nach der Bekanntgabe des Fundes seien einige der Arbeiter verblüfft gewesen, dass man die Stelle als Fundort der »richtigen Arche« ausgab.
Im Auftrag von Parasut und mehrerer Komplizen hätten 30 Arbeiter schon eineinhalb Jahre zuvor mit dem Bau der Arche begonnen. Für die Errichtung der Konstruktion seien Schnee und Gletschereis weggeschmolzen worden, damit es nach einigen Monaten den Anschein erwecken würde, das künstlich gealterte Holz