Familie Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Familie Dr. Norden Staffel 2 – Arztroman - Patricia Vandenberg Familie Dr. Norden

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schaffst du es nur, dieses riesige Grundstück so zu pflegen?«

      »Eduard hat mir einiges an Arbeit abgenommen«, gestand Paula. »Eine seiner wenigen guten Seiten«, fügte sie verbittert hinzu. »Vor allen Dingen das Rasenmähen. Ich hatte schon einmal daran gedacht, einen Gärtner für die schweren Arbeiten kommen zu lassen, aber davon wollte Edi nichts hören. Vielleicht setze ich diesen Plan jetzt in die Tat um.«

      »Das solltest du wirklich tun. Mama und Paps werden dir keine große Hilfe sein. Sie rühren schon in ihrem eigenen Garten keinen Finger und überlassen alles einer großen Gärtnerei.«

      »Ehrlich gesagt will ich auch nicht von einer Abhängigkeit in die nächste geraten.«

      »Kommst du denn allein zurecht?« fragte Katja besorgt. Obwohl ihre Oma für ihr fortgeschrittenes Alter noch gut drauf war, wie sie es selbst gern formulierte, würde sich der Alltag vielleicht doch nicht als so einfach erweisen, wie sie es sich ausmalte.

      Doch Paula war ein realistischer Mensch und hatte sich bereits Gedanken darüber gemacht.

      »Ich weiß es nicht«, gestand sie ehrlich. »Ich habe beschlossen, mir eine Art Probezeit zu geben, so ungefähr zwei Monate. Wenn ich in dieser Zeit bemerke, daß ich Probleme mit dem Alleinsein habe oder mir die Arbeit über den Kopf wächst, werde ich das Haus aufgeben und in ein Pflegeheim gehen.«

      »Was willst du?« Katja riß vor Erstaunen die Augen weit auf.

      »Ist das denn so ungewöhnlich?«

      »Du hast doch genügend Geld, um dir eine Hausangestellte zu leisten.« Das war nichts Außergewöhnliches für Katja, denn sie selbst war mit Angestellten aufgewachsen. Ein Leben ohne Elsie war für sie undenkbar.

      »Ach weißt du, eigentlich ist es mir unangenehm, jemanden für mich arbeiten zu lassen, während ich untätig daneben sitze und zuschaue. Da ist mir meine Lösung doch die liebste.«

      »Und du könntest das alles hier aufgeben?« Katja ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, der altmodisch aber gemütlich eingerichtet war. Da sich Eduard nicht für solche Nebensächlichkeiten wie Einrichtung und Haushalt interessiert hatte, konnte man überall die Hand von Paula erkennen, die Blumen über alles liebte und nicht davor zurückschreckte, Stoffmuster und Farben aller Art miteinander zu kombinieren, so daß am Ende etwas ganz Persönliches daraus entstand. Katja hatte den besonderen Geschmack ihrer Großmutter schon immer geliebt, und das Herz tat ihr weh bei dem Gedanken, dieses verwinkelte Haus mit den vielen Erkern und dem kleinen Türmchen einmal nicht mehr besuchen zu können.

      »Davon kann gar keine Rede sein«, beruhigte sie Paula jedoch sofort. »Du sollst es haben. Natürlich nur, wenn du möchtest. Außerdem ist es ja noch nicht soweit, und ich habe noch ein bißchen Zeit. Möchtest du noch ein Stück Kuchen?«

      Katja klappte den Mund vor Erstaunen auf und wieder zu. Was Paula da so nebenbei erwähnt hatte, war schon immer ihr Kindheitstraum gewesen, den sie jedoch nie zu äußern gewagt hatte. »Ja, natürlich möchte ich«, erklärte sie stotternd. Und: »Nein, danke, kein Stück Kuchen mehr«, ergänzte sie sogleich. Doch Paula überging die Verwirrtheit ihrer Enkeltochter. Denn jetzt war der Zeitpunkt gekommen, an dem sie ihr gehütetes Geheimnis lüften würde. Niemand anderer als Katja sollte erfahren, unter welchen unglücklichen Voraussetzungen die Ehe zwischen ihr und Eduard von Steinert vor sechsundvierzig Jahren geschlossen worden war.

      »Ich war ein junges Mädchen von neunzehn Jahren und unsterblich verliebt«, begann sie und lehnte sich mit einem versonnenen Gesichtsausdruck in ihrem Sessel zurück.

      »In Eduard?« fragte Katja gespannt.

      »Wo denkst du hin! Trotz oder vielleicht wegen meiner altmodischen Erziehung zog es mich schon immer hin zu den ungewöhnlichen Menschen, zu den Außenseitern. Maler, Schriftsteller, Komponisten! Ich fand das Leben dieser Menschen so spannend im Vergleich zu meinem. Auf einer Party, so sagt man doch heute, die ich heimlich mit einer Freundin besuchte, lernte ich Clemens Haygen kennen, den vielversprechenden Sprößling einer Künstlerfamilie. Er war bestimmt acht Jahre älter als ich und imponierte mir enorm.«

      »Warum denn?« fragte Katja gebannt.

      »Er sah nicht etwa besonders gut aus, aber er hatte ein offenes, sympathisches Gesicht und eine lässige Art. Offenbar gefiel ich ihm auch. Ich war damals ein hübsches, blondes Mädchen mit den blauesten Augen weit und breit. Statt mir große Komplimente zu machen, holte er seinen Skizzenblock hervor und skizzierte mich. Es war nur eine einfache Zeichnung, trotzdem war die Ähnlichkeit verblüffend. Er hat sie mir geschenkt, nicht ohne vorher ein Datum und einen Treffpunkt darauf zu schreiben.«

      »Hast du die Zeichnung noch?«

      »Leider nicht. Sie ist Eduard eines Tages zufällig in die Hände gefallen und er hat sie mit einem verächtlichen Blick ins Feuer geworfen.«

      »Bist du ihm nicht sofort an den Hals gesprungen?« Katja war entsetzt.

      »Nichts hätte ich lieber getan als das«, gestand Paula seufzend. »Aber dann hätte ich mein Geheimnis preisgegeben, und das wollte ich nicht.«

      »Was geschah weiter? Hast du dich mit Clemens getroffen?«

      »Natürlich! Wir verstanden uns auf Anhieb gut und hatten Gesprächsstoff für Stunden. Nach der ersten Verabredung sahen wir uns, so oft es ging. Aber immer nur heimlich. Meine Eltern durften nichts davon erfahren, denn zu der damaligen Zeit schickte es sich nicht für ein Mädchen aus gutem Hause, sich mit einem Künstler zu treffen.«

      »Keine Sorge, das ist heute noch genauso.«

      »Wie bitte?« Paula traute ihren Ohren nicht. »Ich dachte, ihr wachst völlig zwanglos und unbeschwert von solchen Dingen auf.«

      »Oma, ich bitte dich, du solltest Mam doch am besten kennen.«

      »Ach ja, deine Mutter. Sie ist ihrem Vater sehr ähnlich, obwohl sie es nicht wahrhaben will. Aber je älter sie wird, desto weniger kann sie es leugnen. Eines Tages wird sie genauso verbiestert und verhärmt sein wie Eduard.«

      »Das dauert nicht mehr lange. Aber wie geht deine Geschichte weiter?«

      »Wo war ich stehengeblieben?« Paula grübelte einen Moment. »Ach ja, die heimlichen Treffen. Es kam, wie es kommen mußte, Clemens und ich wurden von meiner Mutter erwischt. Ausgerechnet, als wir uns das erste Mal küßten. Starr vor Schreck nahm sie mich an der Hand und zog mich hinter sich her nach Hause. Als ich mich umwandte, stand Clemens an derselben Stelle. Er sagte kein Wort, doch seinen Blick werde ich nie vergessen.« Paula zögerte einen Moment, bevor sie weitersprechen konnte. »Daheim mußte ich meinen Eltern Rede und Antwort stehen. Sie waren außer sich vor Zorn, daß sich ihre Tochter, die Alleinerbin eines Millionenunternehmens, heimlich mit einem Maler traf. Obwohl ich an mehreren Abenden hörte, wie Clemens bei meinem Vater vorsprechen wollte, sah ich ihn nie wieder. Ich wurde kurz darauf für sechs Wochen zu Verwandten aufs Land geschickt, bis meine Eltern einen geeigneten Bräutigam für mich gefunden hatten.

      »Eduard von Steinert«, sagte Katja tief betroffen. »Es tut mir so leid, Oma, das habe ich nicht gewußt. Kein Wunder, daß du froh bist, ihn endlich los zu sein.«

      »Wenn er mich wenigstens gut behandelt hätte, wäre mein Schicksal für mich leichter zu ertragen gewesen. Aber selbst das war mir nicht vergönnt. Mein Leben mit Edi war ein einziger Kampf. Die einzige Genugtuung, die ich mir verschaffen konnte, war die Tatsache, daß er nichts von meiner heimlichen Liebe wußte. Das war

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