Kind in seinen Armen. Brennan Manning
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Der Hochstapler und das Gebet
Wir weigern uns sogar vor Gott wir selbst zu sein – und wundern uns dann, warum er so weit fort erscheint. Der tiefste Wunsch unseres Herzens ist die Gemeinschaft mit Gott. Vom ersten Augenblick unseres Lebens an sehnen wir uns danach, den eigentlichen Sinn unseres Lebens zu erfüllen – »ihn klarer zu erkennen, tiefer zu lieben und ihm näher zu folgen«. Wir sind für Gott geschaffen, und nichts weniger kann uns letztlich zufrieden machen. C. S. Lewis konnte sagen, er sei »überrascht von Freude«, gepackt von einem Wunsch, der »alles andere, was je geschehen war, im Vergleich dazu unwichtig« machte. Unser Herz wird immer unruhig sein, bis es in ihm ruht. Ein Weg, um auf Gott zu antworten, ist zu beten. »Das Gebet ist im Wesentlichen der Ausdruck eines Herzens, das sich nach Liebe sehnt. Es ist nicht so sehr eine Aufzählung unserer Wünsche, als vielmehr das Ausatmen unseres tiefsten Wunsches, nämlich so nah wie nur möglich bei Gott zu sein.«25
Haben Sie je darüber gerätselt, warum Sie einen solchen inneren Widerstand gegen das Beten empfinden? Warum Sie die Stille, die Einsamkeit, das Alleinsein mit Gott so fürchten? Warum Sie so schwer aus dem Bett kommen, um die morgendliche Stille zu halten, sich mit der Leidensmiene des unheilbar Kranken zum Gottesdienst schleppen, das Abendgebet mit stoischer Resignation absolvieren, im Wissen, dass »auch dieser Kelch vorübergeht«?
Halten Sie Ausschau nach dem Schwindler!
Das falsche Ich ist ein Spezialist für trügerische Verkleidungen. Es ist der faule Teil unserer Persönlichkeit, der jede Anstrengung, jede Entsagung oder Disziplin, welche die Nähe zu Gott von uns fordert, vermeiden will. Es flüstert uns Rechtfertigungen ein wie: »Meine Arbeit ist mein Gebet. Ich bin zu beschäftigt. Gebet sollte etwas Spontanes sein, deshalb bete ich nur, wenn ich mich vom Geist gedrängt fühle.« Die lahmen Entschuldigungen erlauben es uns, den Status quo aufrechtzuerhalten.
Das falsche Ich fürchtet sich vor dem Alleinsein, weil es weiß, »wenn es innerlich und äußerlich still würde, dann würde es entdecken, dass es Nichts ist. Es wäre mit nichts als seiner eigenen Nichtigkeit allein, und für das falsche Ich, das ja von sich behauptet, alles zu sein, wäre eine solche Entdeckung das Ende.«26
Es versteht sich von selbst, dass der Hochstapler beim Beten ungeduldig ist. Ihn hungert nach Erregung, er sehnt sich nach bewusstseinsverändernden Erfahrungen. Er ist deprimiert, wenn das Rampenlicht fehlt. Das falsche Ich ist frustriert, weil es nie Gottes Stimme hört. Dabei kann es sie gar nicht hören, denn für Gott ist es gar nicht da. Das Gebet ist das Ende jeder Identität, die nicht von Gott kommt. Das falsche Ich flieht vor Stille und Einsamkeit, weil es von beiden an den Tod erinnert wird.
Der hektische Lebensstil des Hochstaplers kann den Gedanken an den Tod nicht ertragen, weil er ihn mit einer unerträglichen Wahrheit konfrontiert: »Unter den Kleidern, mit denen du dich verhüllst, ist kein Kern. Du bist hohl, und dein Gebäude von Vergnügen und Ehrgeiz hat kein Fundament. Du bist darin selbst zum Gegenstand geworden. Aber diese Dinge sind schon allein durch ihre Zufälligkeit zum Scheitern verdammt. Und wenn sie verschwunden sind, dann bleibt von dir nichts weiter übrig als deine Blöße und Leere und dein Hohlsein, die dir sagen, dass du dein eigener Fehler bist.«27
Den Schwindler erkennen
Den Schwindler so schonungslos zu sezieren, mag zunächst als eine masochistische Übung erscheinen. Birgt eine solche Innenschau nicht schon in sich die Niederlage? Ist das wirklich nötig?
Ich behaupte, dass sie für das geistliche Wachstum nicht nur nötig, sondern unabdingbar ist. Der Schwindler muss aus seinem Versteck hervorgelockt, er muss akzeptiert und in die Arme genommen werden. Er ist ein wesentlicher Bestandteil meines Ichs. Was geleugnet wird, kann nicht geheilt werden. Demütig eingestehen, dass ich oft in einer unwirklichen Welt lebe, dass meine Beziehung zu Gott von meiner Seite belanglos geworden ist und ich von eitlem Ehrgeiz getrieben werde, ist der erste Schritt, um mein schillerndes Bild zu enthüllen. Die Ehrlichkeit und Bereitschaft, dem falschen Ich in die Augen zu sehen und es damit aus der Fassung zu bringen, sprengt die Stahltür der Selbsttäuschung. Friede entsteht, wenn ich die Wahrheit akzeptiere. Jede Facette des schattenhaften Ichs, die wir nicht annehmen wollen, wird zum Feind und zwingt uns in eine Abwehrhaltung. »Und die zerstreuten Teile unseres Ichs werden schnell in den Menschen um uns herum Gestalt gewinnen. Nicht alle Feindseligkeit ist darauf zurückzuführen, aber es ist einer der wesentlichen Faktoren für unsere Unfähigkeit, mit anderen Menschen zurechtzukommen, dass sie für uns genau die Elemente in uns darstellen, die wir nicht zugeben wollen.«28
Wenn wir unsere Selbstsucht und unsere Dummheit anerkennen, versöhnen wir uns mit dem Schwindler in uns und geben zu, dass wir arm und zerbrochen sind; wären wir es nicht, so wird uns klar, dann wären wir Gott. Die Kunst, freundlich zu sich selbst zu sein, führt dazu, auch anderen freundlich zu begegnen – und ist eine natürliche Vorbedingung dafür, im Gebet in Gottes Gegenwart zu treten.
Wer den Schwindler in sich hasst, der hasst letztlich sich selbst. Der Schwindler und ich sind eine Person. Verachtung des falschen Ichs bahnt den Weg zu echter Feindschaft, die sich als allgemeine Gereiztheit äußert – eine Gereiztheit gegenüber den Fehlern anderer, die wir an uns selbst hassen. Selbsthass führt immer zu selbstzerstörerischem Verhalten.
Zugeben, dass wir sündig sind, heißt das echte Ich anzuerkennen.
C. G. Jung schrieb: »Sich selbst annehmen ist der Kern … einer gesamten Lebenshaltung. Die Hungrigen speisen, eine Beleidigung verzeihen, meinen Feind im Namen Christi lieben – das alles sind zweifellos große Tugenden. Was ich dem Geringsten meiner Brüder tue, das tue ich Christus. Aber was ist, wenn ich entdecke, dass der Geringste von allen, der Ärmste aller Bettler, der Unverschämteste aller Missetäter, der eigentliche Feind – dass diese alle in mir stecken und dass ich selbst die Almosen meiner Freundlichkeit nötig habe – dass ich selbst ein Feind bin, der geliebt werden muss –, was dann? In der Regel schlägt die Haltung des Christen dann ins Gegenteil um. Es ist nicht mehr die Rede von Liebe oder Langmut; wir sagen zu dem Bruder in uns ›Scheusal‹ und verdammen und wüten gegen uns selbst. Wir verbergen es vor der Welt; wir weigern uns zuzugeben, dass wir diesem Ärmsten der Armen in uns selbst je begegnet sind.«30
Wenn wir die Wahrheit über uns selbst zugeben und an Jesus Christus ausliefern, dann werden wir von Frieden umhüllt, ob wir es spüren oder nicht. Jener Friede, der höher ist als alle Vernunft, ist kein subjektives, friedliches Gefühl. Wenn wir in Christus sind, dann haben wir Frieden, auch wenn wir keinen Frieden spüren. Mit einer Güte und einem Verständnis für die menschlichen Schwächen, wie nur Gott sie zeigen kann, befreit uns Jesus von aller Entfremdung und Selbstverurteilung und bietet jedem von uns eine neue Möglichkeit. Er ist der Erlöser, der uns vor uns selbst rettet. Sein Wort ist Freiheit. Dieser Meister sagt zu uns:
»Verbrenn die alten Bänder, die sich in deinem Kopf drehen und dich fesseln und in deinen egoistischen Klischees einsperren. Hör auf das neue Lied der Erlösung, das für die geschrieben wurde, die wissen, wie arm sie sind. Lass die Angst vor dem Vater los und deinen Abscheu vor dir selbst. Erinnerst du dich an die Geschichte von ›Don Quichote‹? Der Spiegelritter log ihn an, als er sagte: ›Sieh dich so, wie du bist. Erkenne, dass du kein edler Ritter bist, sondern eine idiotische Vogelscheuche.‹ Und der Verführer lügt, wenn er zu dir sagt: ›Du bist kein Ritter, sondern ein dummer Snob. Sieh in den Spiegel der Realität. Nimm die Dinge so wahr, wie sie wirklich sind. Was siehst du? Nichts als einen alternden Narr.‹ Der Vater der Lüge verdreht die Wahrheit und entstellt die Wirklichkeit. Er ist der Urheber von Zynismus und Skepsis, Misstrauen