Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt
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»Sie wollte es nicht haben.«
»Ach was, ein Kranker hat gar nichts zu wollen, das müssen Gesunde für ihn tun.«
»Nun mach mir auch noch Vorwürfe!« weinte die Frau auf. »Wo ich mich heute so abgeschuftet habe.«
»Na ja, ist doch schon gut«, winkte er verlegen ab und würgte dann das Essen hinunter, das nicht nur kalt, sondern auch angebrannt war. Aber wenn der Mensch so richtigen Hunger hat, kommt es ihm mehr auf die Quantität als auf die Qualität an.
Nachdem der knurrende Magen befriedigt war, legte sich auch die Gereiztheit. Die Nerven, die heute ihr Äußerstes hatten hergeben müssen, entspannten sich, und so fand der Mann denn seine gewohnte Gelassenheit wieder.
Inzwischen hatte die Frau Mama ihre »Krokodilstränen« getrocknet und den Baum angezündet, damit »ihr armer Junge doch auch seine Weihnacht haben sollte«, wie sie sich pathetisch ausdrückte. Auch seine Geschenke bekam er, die an denen der Schwester gemessen als etwas karg zu bezeichnen waren.
Allein der bescheidene Mann empfand das gar nicht, er freute sich darüber und überreichte dann seine Geschenke, die auch nicht gerade kostbar waren, weil er ja nicht über viel Geld verfügte.
Es war bezeichnend für Anka, daß sie ihre Enttäuschung nicht unterdrückte, sondern ihr freien Lauf ließ.
»Das ist alles, Ralf? Ich habe mir doch so sehr ein Armband gewünscht – natürlich Gold.«
»Und woher sollte ich wohl das Geld dazu nehmen?« fragte er peinlich berührt. »Du mußt nicht so unbescheiden sein, Anka. Wie ich sehe, hat dir das Christkind sogar einen Pelzmantel beschert.«
»Ach, das billige Ding!« tat sie wegwerfend ab. »Der von Lenore hat mindestens das Zehnfache gekostet.«
»Aber Kind, sei doch zufrieden«, schaltete sich die Mutter ein, als sie die Falte zwischen den Brauen des Sohnes bemerkte. »Ralf hat ihr den wertvollen Mantel ja nicht geschenkt, den hat sie wahrscheinlich von ihren Eltern. Sei ihr nicht böse, mein Junge! Sie ist eben noch ein unbedachtes Kind, das nicht bedenkt, was es spricht. Komm, versuch den Wein, den ich zur Feier des Tages spendiert habe.«
Ralf tat’s, rauchte dazu die geschenkten Zigaretten, und als er eine halbe Stunde später aufstand, war er so müde, daß er taumelte.
Nachdem er festgestellt hatte, daß Lenore schlief, streckte er sich aufs Bett, wo er fast augenblicklich in einen bleiernen Schlaf versank.
Und somit endete das erste Weihnachtsfest in dieser jungen Ehe.
*
Ein Arzt hat es bestimmt nicht leicht, hauptsächlich dann nicht, wenn er so gewissenhaft ist, wie Doktor Skörsen es war. Daher hatte er die beiden Ruhetage, die der Chefarzt ihm Weihnachten zubilligte, auch redlich verdient und wollte sie als wirkliche Ruhetage verbringen.
Doch mit des Geschickes Mächten ist kein ew’ger Bund zu flechten – sagt Schiller, und er hat recht.
Denn es war acht Uhr morgens, als die Flurglocke aufreizend schrillte und den Arzt, dem so ein Alarmzeichen geläufig war, aus dem festen, wohlverdienten Schlaf riß. Mit einem Satz war er aus dem Bett, warf rasch den Morgenmantel über, schlüpfte in die Pantoffeln, eilte zur Tür und stand gleich darauf dem Hauswirt gegenüber, der erregt sprach:
»Herr Doktor, Verzeihung! Ich weiß, Sie üben keine Praxis aus, aber meine Schwiegertochter – helfen Sie ihr!«
»Was hat sie denn?«
»Sie kriegt ein Kind.«
»Olala, ausgerechnet zu Weihnachten?«
»Es kommt nach unserer Berechnung um eine Woche zu früh, sonst hätten wir uns
besser eingerichtet.« Der alte Herr wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Sie hat wohl gestern zuviel Bowle getrunken.«
»Ist die Hebamme schon da?«
»Keine zu bekommen. Drei rief ich an – alle unterwegs.«
»Da scheint ja das Geschäft zu blühen«, schmunzelte der Arzt. »Ich ziehe mich rasch an; so schnell wie möglich bin ich unten.«
»Besten Dank, Herr Doktor, besten Dank.«
Der Mann polterte die Treppe hinunter, und Ralf schloß die Korridortür. Lenore, die den Gatten erst gar nicht zu fragen brauchte, weil sie durch die halbgeöffnete Tür das Gespräch mit angehört hatte, stellte sich schlafend, obwohl ihr sterbenselend war. Das kam wohl daher, daß sie seit vorgestern abend nichts gegessen und auf den leeren Magen die starken Tabletten gekommen hatte.
Als Ralf fort war, stand sie auf und schlich in die Küche, um sich etwas zu essen zu holen. Denn soweit sie die Schwiegermutter kannte, war diese ins Bett zurückgegangen und würde sich auch später nicht bequemen, der verhaßten Schwiegertochter gar noch das Frühstück ans Bett zu bringen. Also mußte die kranke Lenore sich selbst damit versorgen.
In der Küche, die sie immer so blitzblank gehalten hatte, sah es jetzt lustig aus. Gebrauchtes Geschirr, angebrannte Töpfe und Lebensmittel aller Art bildeten ein kunterbuntes Durcheinander. Lenore kribbelte es förmlich in den Fingern, hier Ordnung zu schaffen, aber erstens fühlte sie sich zu matt, und dann würde man ihr die Arbeit gewiß nicht danken, sondern für eine Selbstverständlichkeit halten.
Außerdem bereitete es der jungen Frau eine Genugtuung, daß die bequeme Dame nun einmal gezwungen war, den Haushalt selbst zu versorgen, noch dazu ausgerechnet am Feiertag. Lenore konnte sich denken, wie sehr Frau Rosalia das erboste.
So beeilte sie sich denn, aus der Küche zu kommen, nachdem sie eine Schnitte Brot und einen Wurstzipfel gewissermaßen stibitzt hatte. Im Bett angelangt, wollte sie es heißhungrig verzehren, doch schon nach dem ersten Bissen wurde ihr übel. Trotzdem würgte sie Brot und Wurst hinunter, in der Hoffnung, daß ihr dann besser werden würde, was jedoch nicht zutraf.
Was hatte sie nur? Sollte etwa... Es war nicht das erste Mal, daß ihr übel wurde, hauptsächlich morgens nach dem Aufstehen.
Ob sie sich Ralf anvertraute? Nein zuerst noch abwarten. Und wenn es stimmte, was sie befürchtete, wollte sie es verheimlichen, solange es ging.
Befürchten, dachte sie bitter. Eine häßliche Bezeichnung für das, worüber man sich freuen müßte.
Aber konnte sie das – hier, unter der Fuchtel einer rücksichtslosen, hochfahrenden Frau? Da würde nicht nur sie selbst zu leiden haben, sondern auch...
Weiter kam sie mit ihren trostlosen Gedanken nicht, weil der Gatte ins Zimmer kam und an ihr Bett trat.
»Ach, da sind wir ja schon wieder!« sprach er in dem Ton, den er bei seinen Patienten anzuwenden pflegte. »Wie geht es dir?«
»Danke, ich habe wunderbar geschlafen.«
»Du scheinst zu den Patienten zu gehören, die sich gesundschlafen«, stellte er lächelnd fest, nachdem er den Puls gefühlt hatte. »Das Fieber hat erheblich nachgelassen, was mich beruhigt. Denn ich kann mich jetzt nicht um dich kümmern, weil ich die junge Frau Warteck ins Krankenhaus