Im Garten der Liebe. Barbara Cartland
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Das Pfarrhaus schloß sich an den Kirchhof an und war ein anheimelndes altes Gebäude, das über eine schmale Auffahrt zu erreichen war.
Die Büsche davor standen in voller Blüte, und der Herzog betrachtete wohlgefällig die gepflegten Blumenbeete vor dem Pfarrhaus.
Niemand ließ sich blicken, um sein Pferd zu übernehmen, aber er entdeckte neben der Haustür einen Haltepfosten und schlang den Zügel um den eisernen Haltering. Danach betrat er die Veranda und stellte fest, daß die Eingangstür offenstand. Daneben befand sich ein Klingelzug, den er kräftig betätigte, doch aus dem Haus drang kein Laut.
Er stellte sich vor, daß nach dem Tode des Vikars eine alte Dienerin oder eine Frau aus dem Dorf dessen Tochter zur Hand ging und möglicherweise bereits nach Hause gegangen war.
Der Herzog betrat die kleine Diele. Alles blitzte vor Sauberkeit, und ein Duft von Bienenwachs und Lavendel erfüllte die Luft. Eine Schale Hyazinthen, die am Fuße der Eichentreppe ein Tischchen zierte, verströmte ebenfalls einen betäubenden Duft. Es sprach zweifellos für Miss Linton, daß das Haus in einem so tadellosen Zustand war.
Der Herzog begab sich zu einer Tür, die zum Wohnzimmer führte. Es war niemand darin, aber die Möbel waren geschmackvoll aufgestellt, und auf allen Tischen standen Vasen mit frischen Blumen.
Die Tür unter der Treppe mußte seiner Schätzung nach in die Küche führen, also begab er sich in die entgegengesetzte Richtung. Er öffnete die nächste Tür, die offensichtlich ins Arbeitszimmer des Vikars führte, denn die Wände waren mit Bücherregalen bedeckt. Am Ende eines kurzen Durchgangs gelangte er zu einem weiteren Raum, und als er die Hand auf die Klinke legte, glaubte er jemanden sprechen zu hören. Ohne anzuklopfen, trat er ein. Das, was sich in diesem Raum seinen Blicken bot, traf ihn völlig unerwartet.
Es gab einen großen Tisch in der Mitte und wenig andere Möbel. Überall standen Käfige und Kisten herum, und an einem kleinen Tisch in Fensternähe stand eine junge Frau. Die Sonne schien durchs Fenster und verlieh ihrem Haar einen goldenen Schimmer. Sie war mit etwas beschäftigt, das dem Herzog ein Vogel zu sein schien.
Dann hörte er sie mit sanfter Stimme sagen: »Nicht bewegen, und keinen Laut!«
Unwillkürlich blieb er wie angewurzelt stehen, obwohl er es nicht gewöhnt war, daß jemand in diesem Ton mit ihm sprach.
Nach einer Minute etwa wandte die Frau sich um, und jetzt konnte er deutlich erkennen, daß sie einen jungen Schwan hielt, dessen Flügel sie offenbar geschient hatte.
Sie trug ihn vorsichtig durch den Raum und setzte ihn behutsam in einen selbstgebastelten Käfig.
»Bald wirst du wieder gesund sein«, sagte sie mit sanfter Stimme, als handle es sich um ein kleines Kind. »In ein paar Tagen darfst du wieder zu deiner Mutter zurück.«
Sie schloß die Käfigtür, die aus einem Drahtgeflecht bestand. Dann wandte sich ihrem Besucher zu, und er las einen Ausdruck des Erstaunens in ihren großen Augen, die das ganze Antlitz zu beherrschen schienen.
Sie war blutjung und bildhübsch, besser gesagt, liebreizend auf eine Weise, wie er es noch nie bei einem jungen Mädchen bemerkt hatte. Sie hatte etwas Zerbrechliches, fast Ätherisches an sich. Ihre leicht schrägstehenden Augen verliehen ihr etwas Elfenhaftes, und ihre Lippen verstärkten diesen Eindruck.
Unter der großen Gärtnerschürze, die sie jetzt abnahm, kam ein schlichtes Baumwollkleid zum Vorschein. Es schmiegte sich eng an ihren Körper an und ließ sie noch zierlicher und noch jünger erscheinen als zuvor.
Dann hörte er sie sagen: »Ich . . . bitte um Verzeihung ... ich wußte ja nicht ... ich nahm an, Ihr wärt jemand aus dem Dorf.«
»Sie sind Miss Linton?« Der Herzog glaubte immer noch an einen Irrtum.
Dieses reizende Geschöpf konnte unmöglich die Tochter des verstorbenen Vikars sein.
»Ja, ich bin Selma Linton«, antwortete das Mädchen, »und ich weiß, daß Ihr der Herzog seid.«
Und als sei ihr plötzlich eingefallen, was das bedeutete, versank sie in einen anmutigen kleinen Knicks.
»Ich glaube nicht, daß wir uns schon einmal begegnet sind«, sagte der Herzog und trat näher.
»Ich habe Euch auf der Jagd gesehen und Eure Pferde bewundert. Manchmal bittet Hobson mich um einen Rat, wenn eines erkrankt ist.«
Der Herzog starrte sie ungläubig an. Hobson war sein Stallmeister, und er konnte einfach nicht glauben, daß ausgerechnet dieser resolute Mann den Rat einer jungen Frau einholte. Der Herzog fühlte sich von seinem Angestellten getäuscht, und das erregte seinen Unwillen.
»Man hat mich davon unterrichtet, daß ich Ihnen ein Häuschen im Dorf zur Verfügung stellen soll«, kam er kühl zur Sache.
Selma Linton schwieg einen Augenblick, dann sagte sie: »Würden Euer Gnaden sich bitte ins Wohnzimmer bemühen. Dieser Raum dient nur der Pflege kranker Vögel und anderer Kleintiere, und ich fürchte, es gibt keine Sitzgelegenheit.«
Der Herzog sah sich um. In einem der Käfige, der aus einer Holzkiste gefertigt war, entdeckte er einen winzigen Welpen. In einem anderen zwei Kätzchen und in einem dritten ein Rotkehlchen mit geschientem Bein.
»Sind das alles Ihre Schützlinge? «fragte er.
»Sobald sie gesund sind, gehen sie an ihren Besitzer zurück oder werden freigelassen.« Der Herzog spürte, daß Selma nicht über ihre Heilkräfte reden wollte.
Sie ging schon voraus, und er folgte ihr ins Wohnzimmer.
Wieder nahm er Blütenduft wahr.
»Wollen Euer Gnaden bitte Platz nehmen?« Selma wies auf einen Armsessel vor dem Kamin. »Ich fürchte, die einzige Erfrischung, die ich Euch anbieten kann, ist ein Glas Rotwein, den Papa zu Weihnachten geschenkt bekommen hat und der vermutlich keine besonders edle Sorte ist. Oder eine Tasse Tee?«
»Vielen Dank, nicht nötig«, erwiderte der Herzog. »Ich bin gekommen, um mit Ihnen zu reden, Miss Linton.«
Selma nahm auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz und faltete die Hände im Schoß. Sie war sehr anmutig, stellte der Herzog bei sich fest, und das verwirrte ihn noch immer.
Er überlegte sich sorgfältig jedes Wort, das er nun an sie richtete: »Mir wurde gesagt, Miss Linton, daß Sie den Ruf genießen, die Leute im Dorf erfolgreich mit Heilkräutern zu behandeln.« Er hielt einen Augenblick inne und fuhr fort: »Mir kam auch zu Ohren, Sie behandelten sogar Knochenbrüche oder - wie im Falle des Schwanes - gebrochene Flügel.«
Selma stieß ein leises Kichern aus, das sehr jugendlich und hübsch klang.
»So ausgedrückt, hört sich das reichlich übertrieben an.« Lächelnd fuhr sie fort: »Meine Mutter hat mir alles beigebracht, was ich darüber weiß, und ich bin Euer Gnaden außerordentlich dankbar dafür, daß mir Zugang zum Kräutergarten beim Taubenschlag gewährt wurde.«
Damit waren sie sehr schnell beim eigentlichen Thema angelangt. Der Herzog hatte gar nicht die Absicht gehabt, den Taubenschlag so direkt