Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman. Karin Bucha
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman - Karin Bucha страница 27
»Das ist doch unmöglich, Mama, so schlecht kannst du doch nicht gewirtschaftet haben?«
»Iiich?« In Stefanies starres Gesicht kehrt Leben und die Farbe zurück. Schwerfällig erhebt sie sich, kommt um den Schreibtisch herum. Auch ihre Bewegungen sind marionettenhaft. Vor dem Sohn bleibt sie stehen. »Wiederhole das noch einmal.«
»Du hast wissen müssen, was du tust. Du kannst uns doch nicht in das Verderben rei…«
Weiter kommt er nicht. Stefanie erhebt die Hand und schlägt sie ihrem Sohn einmal, zweimal ins Gesicht. Es sind zwei harte, schallende Schläge, denen Totenstille folgt.
Christian ist tieferschrocken. Sein Gesicht ist ohne jede Farbe. Noch mehr als der Schmerz lähmt ihn die Tatsache. Mama hat sich an ihm vergriffen. Mama hat ihn geschlagen. Er kann sich nicht entsinnen, daß sie ihn jemals…
Er will die Lippen öffnen, aber er kann nicht. Die Augen seiner Mutter funkeln in einem kalten, fremden Licht.
»Jetzt erst erkenne ich, wie gemein du bist. Du allein hast mich in diese Situation gebracht, und nun willst du mich dafür verantwortlich machen? Du hast dich als Chef hier aufgespielt, hast das Geld sinnlos vertan, ohne an ernste Arbeit zu denken –«
»… dann hättest du mich dazu zwingen müssen«, lehnt er sich mit der ganzen Rücksichtslosigkeit der Jugend gegen ihre Vorwürfe auf.
»Allerdings«, sagt sie leise, wie zu sich selbst. »Ich habe alles falsch gemacht, alles, alles…«
Sie fällt förmlich in sich zusammen. Ein armseliges, hilfloses Menschenbündel, das sich zum nächsten Sessel schleppt und aufstöhnend hineinsinkt.
Im Nu kniet er neben ihr, hascht nach ihren eiskalten Händen.
»Geh zu Vater«, fleht er. »Er hilft dir bestimmt, Mama.«
Noch nie hat sie ihn so verächtlich angesehen. »Das kannst du mir im Ernst raten? Ich soll mich so sehr demütigen und ausgerechnet deinen Vater um Hilfe bitten? Mein Gott, nicht einmal einen Funken Stolz hast du in dir – und du warst mein…«
»Abgott« hat sie sagen wollen, aber sie schämt sich grenzenlos vor sich selbst und für ihn mit.
Verächtlich dreht sie den Kopf zur Seite. »Laß mich allein.« Und als er ihrer Aufforderung nicht sofort Folge leistet, schreit sie unbeherrscht: »Du sollst mich allein lassen.«
Da schleicht er davon wie ein geprügelter Hund. Er ist nichts als ein dummer, ratloser Junge, der nach einem rettenden Strohhalm sucht.
Sein Weg führt ihn zu Christiane, die fleißig arbeitend an der langen Tafel im Atelier sitzt.
»Komm, ich muß mit dir reden«, flüstert er ihr zu, und sie legt rasch ihre Arbeit aus der Hand und folgt ihm in eine der abseits gelegenen Garderoben.
»Du mußt Mama beeinflussen, daß sie zu Vater geht und ihn um Geld bittet. Wir sind ruiniert, fertig, alles ist verpfändet, beliehen.« Er macht eine weit ausholende Bewegung. »Das alles gehört uns schon lange nicht mehr.«
Christiane sieht ihn mit so großer Gelassenheit an, daß er sie an den Schultern packt und derb schüttelt. »Hörst du denn nicht? Wir sind ruiniert.«
Mit einer einzigen Bewegung streift sie seine Hände ab. »Rühr mich nicht an, bewahre wenigstens Haltung, wenn du nichts anderes zu tun weißt, als wie ein Waschweib zu jammern. Bist du wirklich so charakterlos, daß du Mama jetzt zu Papa schicken willst? Pfui Teufel!« Sie spuckt wirklich vor ihm aus. »Mich regt das übrigens keinesfalls auf. Das habe ich kommen sehen.«
Sie sieht ihn aus halbgeschlossenen Augen überlegen lächelnd an. »Und was gedenkst du jetzt zu tun? Wie willst du Mama jetzt unterstützen?«
»Iiich?« Er prallt förmlich zurück vor diesem Ansinnen.
»Ja, du, Christian.« Christiane streckt die schlanke Gestalt. Sie scheint in diesen Minuten über sich selbst hinauszuwachsen. »Mama hat doch alles für dich getan. Sie hat unentwegt deine Schulden bezahlt, hat stillschweigend zugesehen, wie du deinen Interessen nachgegangen bist. Nichts hast du dir verkneifen müssen. Jetzt mußt du ihr doch eine Hilfe sein – oder nicht?«
»Ich werde Marion Häberle heiraten –«
»Du bist gemein«, stößt sie, erstmals erregt hervor. »Du wirst dir das schwerreiche, verwöhnte Töchterchen Marion kapern, wirst anbetend zu ihren Füßen liegen. Du wirst in Häberles prachtvoller Villa den gutaussehenden Schwiegersohn spielen, dich von deiner Frau, wenn sie überhaupt deine Frau wird, tyrannisieren lassen und zu allem den Mund halten müssen, während du hier nur die große Lippe riskiertest. Nichts hast du getan, um das zu erhalten, was Mama für dich, ganz allein für dich hier aufgebaut hat. Ich bin ja nur am Rande mitgelaufen. Und nun, da das Schiff, das schöne, stolze, mit aller Vornehmheit ausgestattete Schiff, nahe vor dem Untergang steht, da willst du türmen? Ich sage nur – pfui Teufel.«
Sie wendet sich rasch um und eilt hinaus. Er soll nicht die Tränen sehen, die ihr den Blick verdunkeln. Zu Mama – ist ihr erster Gedanke. Mama braucht jetzt einen Menschen neben sich. Aber sie sucht sie vergebens, nicht in dem kleinen Arbeitszimmer ist sie, auch nicht in der Buchhaltung, nirgends kann sie eine Spur von ihr entdecken.
»Haben Sie meine Mutter gesehen?« fragt sie Madame Cläre, da ihr diese soeben in den Weg läuft. Ist das Gesicht Fräulein Müllers nicht voller Schadenfreude? – denkt Christiane, und sie muß sich beherrschen, nicht in das affektierte, einem Schminktopf gleichende Gesicht zu schlagen.
»Heimgefahren«, wird ihr kurz geantwortet. Mehr will Christiane auch nicht wissen.
Lieber Gott, was mach ich jetzt – denkt sie verzweifelt. Mama allein in ihren Sorgen? Ich muß zu ihr. Ganz flüchtig kommt ihr der Gedanke, Christian zu bitten, sie heimzufahren. Trotzig entschließt sie sich, die Bahn zu benutzen. Um alles in der Welt möchte sie ihn jetzt nicht um eine Gefälligkeit bitten.
Im Haus findet sie aber Stefanie auch nicht vor. Sie geht durch alle Zimmer, durch den Garten, forscht die Angestellten aus, aber keiner hat sie gesehen.
Grübelnd hockt sie in ihrem Zimmer vor dem Frisiertisch, den Kopf in die Hände gestützt, und zu ihrer Verzweiflung kommt noch Angst, Angst um die Mutter. –
Stefanie ist ins Freie gelaufen. Sie fürchtet sich vor dem, was unweigerlich kommen muß. Sie fürchtet sich vor dem Skandal. Sie war überzeugt, alles richtig gemacht zu haben. Sie hat dem Götzen Geld gedient, und er hat sich als unzuverlässig erwiesen.
Sie ist wirr im Kopf von den vielerlei Gedanken, die sie bestürmen. Zudem verfolgt sie Christians Rat: »Geh zu Vater – er hilft dir.«
Sie möchte auflachen, aber sie will im Strome der Passanten kein Aufsehen erregen. Sie hetzt vorwärts, und der Gedanke geht mit ihr. Hartnäckig setzt er sich in ihr fest. Warum auch nicht? Hat er nicht auch die Verantwortung für die Kinder zu tragen? Sie vergißt in ihrem grenzenlosen Egoismus, daß sie es war, die den Kindern nicht das kleinste Zugeständnis gemacht hat, je mit ihrem Vater in Berührung zu kommen. Voller Hochmut hat sie sich so erhaben über den Mann gedünkt, dem sie ganz allein Sicherheit und Geborgenheit verdankte.
Auch jetzt, da ihr