Südwärts. Ernest Henry Shackleton

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Südwärts - Ernest Henry Shackleton Edition Erdmann

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der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin seinen Plan einer neuen deutschen Antarktisexpedition vor. Er wollte herausfinden, in welchem Zusammenhang die Westantarktis mit der wesentlich größeren Ostantarktis stand, die durch die tiefen Einschnitte des Weddellmeeres und des Rossmeeres voneinander getrennt wurden. Drei Theorien konkurrierten miteinander: Nordenskjöld vertrat die Meinung, dass beide Meere durch einen mit Eis bedeckten Meeresarm verbunden waren. Der norwegische Polarforscher Fridtjof Nansen glaubte hingegen immer noch, dass die Antarktis aus einer Ansammlung von Inseln am Südpolarkreis bestand und damit einem Atoll glich. In diesem Fall würde die Südpolarregion jenseits des Polarkreises wie die Arktis aus einem gefrorenen Ozean bestehen. Shackleton war jedoch mit Bruce der Ansicht, dass es sich bei der Antarktis um einen einzigen Kontinent handelte. Schon 1908 hatte Bruce begonnen, zur Lösung der Frage eine Durchquerung der Antarktis vorzubereiten. Filchner wusste offenbar nichts davon, als er mit seinem Plan hervortrat, vom Weddellmeer über den Südpol zum Rossmeer vorzudringen. Dabei hoffte er auf die Hilfe von Scotts Expedition, die ihm auf der Rossmeerseite Depots legen sollte. Schnell stellte sich heraus, dass Scott an einer solchen Kooperation keinerlei Interesse hatte. Nachdem Bruce seine Expedition nicht realisieren konnte und Shackleton erst seine finanziellen Verbindlichkeiten aus der »Nimrod«-Expedition klären musste, stand Scotts vorgegebenem Ziel nichts mehr im Wege, als Filchner im Sommer 1910 erst noch zu einer Übungsexpedition nach Spitzbergen aufbrach. Bekanntlich kam Amundsen Scott zuvor und setzte am 14. Dezember 1911 die norwegische Flagge auf den Südpol, während Scott, der Verlierer des Wettrennens, auf dem Rückweg mit seinen vier Kameraden kurz vor dem rettenden Depot umkam. Überraschenderweise tauchte am Winterquartier der Norweger in der von Shackleton entdeckten Bay of Whales eine japanische Expedition an Bord der »Kainan-Maru« auf, die unter der Leitung von Nobu Shirase das Schelfeis und King Edward VII Land erforschte. Filchner hatte inzwischen seinen unrealistischen Plan einer Durchquerung des Kontinents aufgegeben und wollte nur noch die Region im südlichen Weddellmeer erkunden. Nachdem er dort im Südosten auf eine Eisbarriere – das nach ihm benannte Filchnereisschelf – gestoßen war und die Errichtung eine Überwinterungsstation in der dort entdeckten Vahselbucht fehlschlug, wurde sein Expeditionsschiff »Deutschland« vom Eis eingeschlossen. Glücklicherweise kam das Expeditionsschiff nach einer neunmonatigen Drift im sogenannten Weddellwirbel 1912 wieder unbeschädigt heraus. Im Januar desselben Jahres erreichte Shackletons ehemaliger Expeditionskamerad Mawson auf der »Aurora« die Küste von Adelie Land östlich des Rossmeeres, gelangte bis zum Magnetpol der Südhemisphäre und erforschte das von ihm entdeckte Georg V Land.

      Nachdem der Südpol nun kein Ziel mehr darstellte, wandte sich Shackleton der Planung einer »Imperial Trans-Antarctic Expedition« zu, für die Bruce das Vorbild gegeben und Filchners Expedition wichtige Informationen geliefert hatte. Mit der sogenannten Weddellmeergruppe wollte Shackleton im Südsommer 1914/1915 in der Vahselbucht an Land gehen, dort überwintern und dann zum Südpol vordringen. Für die in Neuseeland aufbrechende unabhängig von ihm agierende Rossmeergruppe kaufte er Mawsons »Aurora«. Diese Gruppe sollte auf Ross Island überwinterten und mit Hunde- und Motorschlitten über das Schelfeis hinweg nach Süden in Richtung Beardmore-Gletscher für seine Durchquerung Lebensmitteldepots anlegen.

      Als die finanziellen Probleme bei der Ausrüstung der Expedition immer noch nicht geklärt waren, spendete glücklicherweise der schottische Philanthrop Sir James Caird £ 24 000 für die Expedition in der Hoffnung, dass es ihm andere nachmachten. Tatsächlich bekam Shackleton genügend Geld zusammen, um seine Vorbereitungen voranzutreiben. Um Expeditionsteilnehmer zu finden, verschwieg seine Stellenausschreibung keine der möglichen Schwierigkeiten, aber dass sie auch wirklich eintreten würden, ahnte damals niemand.

      »Men wanted for Hazardous Journey. Small wages, bitter cold, long months of complete darkness, constant danger, safe return doubtful. Honour and recognition in case of return.« (Huntford 1985, S. 365)

      »Männer für riskante Reise gesucht. Kleines Gehalt, bittere Kälte, lange Monate in kompletter Dunkelheit, ständige Gefahr, sichere Rückkehr ungewiss. Ehre und Anerkennung im Falle der Rückkehr.«

      Bei der Auswahl der Expeditionsteilnehmer aus 5000 Bewerbungen verfuhr Shackleton völlig unkonventionell, indem er ganz spontan seinem Bauchgefühl folgte, denn angeblich dauerten die Vorstellungsgespräche nie länger als fünf Minuten. Am 1. August 1914 konnte die »Endurance« Segel setzten. Als Shackleton unterwegs von der allgemeinen Mobilmachung nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs erfuhr, stellte er nach Zustimmung der Mannschaft das Schiff samt Besatzung für militärische Einsätze zur Verfügung. Die Admiralität in London befahl jedoch, die Expedition fortzusetzen.

      Über Südgeorgien nahm die »Endurance« Kurs auf die Vahselbucht, wurde aber angesichts des von Filchner entdeckten Prinz-Regent-Luitpold-Landes im Südwinter 1915 vom Eis eingeschlossen. Leider war ihr nicht ein so glückliches Schicksal beschieden, wie Filchners »Deutschland«, sondern ein ähnliches wie der schwedischen »Antarctic«. Für Shackletons Expedition begann eine mehrmonatige Drift, die sie erst an Bord der »Endurance«, dann nach ihrem Untergang in mehreren Camps auf Eisschollen verbrachten. Als auch die letzte Scholle zu unsicher wurde, versuchten sie schließlich, Paulet Island zu erreichen, um – einer Ironie des Schicksals folgend – das zwölf Jahre zuvor von Shackleton angeregte Lebensmitteldepot zu nutzen. Leider wurden sie durch die Drift zu weit abgetrieben, sodass die Gruppe letztendlich auf Elephant Island, der nördlichsten der South Shetland Islands landete.

      Von dort aus holte der »Boss« mit fünf Kameraden auf dem einigermaßen hochseetüchtig gemachten Rettungsboot »James Caird« von der rund 1500 km entfernten Walfangstation Stromness auf Südgeorgien Hilfe. Aber erst im vierten Anlauf gelang es Shackleton, auf dem kleinen, von der chilenischen Regierung bereitwillig zur Verfügung gestellten Dampfer »Yelcho« die gesamte Weddellmeergruppe am 30. August 1916 abzuholen. Der stellvertretende Expeditionsleiter Frank Wild hatte es über viereinhalb Monate hinweg geschafft, bei seinen Kameraden die Hoffnung auf ihre Erlösung wachzuhalten. Zuletzt hatten sie nur noch Nahrung für maximal vier Tage. Auf dem Rückweg zur chilenischen Hafenstadt Punta Arenas an der Magellanstraße ließ Shackleton unterwegs in Río Seco anhalten, um den Gouverneur über die Rettung aller Expeditionsmitglieder zu informieren. Das hatte natürlich beabsichtigterweise zur Folge, dass bei ihrer Ankunft in Punta Arenas am 3. September 1916 die gesamte Bevölkerung auf den Beinen war, um ihnen einen unvergesslichen Empfang zu bereiten. Luis Pardo Villalón, Kapitän der »Yelcho«, wurde als »Piloto Pardo« zum Nationalhelden und 1966 mit einer Briefmarke geehrt. Außerdem wurde ihm zu Ehren von der chilenischen Antarktisexpedition 1987/88 auf Elephant Island seine Büste errichtet, die in dieser einsamen Gegend wie ein Grenzpfahl wirkt.

       Das Lager der gestrandeten »Endurance«-Mannschaft lag rechts von der vorgelagerten Felsgruppe auf Elephant Island. (Foto: C. Lüdecke)

      Ende der 1930er-Jahre wurde diese Rettungsaktion für Chile ein wichtiges geopolitisches Argument, als sich nun auf der Antarktischen Halbinsel argentinische, britische und chilenische Besitzansprüche überlagerten. Bis heute ist das sogenannte »ABC-Problem« ungelöst, aber im Rahmen des geltenden Antarktisvertrags sozusagen auf Eis gelegt.

      Über das Schicksal der Rossmeergruppe war bei Shackletons Rettung nur bekannt, dass sich die »Aurora« während eines starken Blizzards, kurz nachdem die Rossmeergruppe zur Einrichtung der Überwinterungsstation an Land gegangen war, von ihrer Verankerung im Rossmeer losgerissen hatte. Dann driftete sie zehn Monate im Packeis langsam nach Norden und kam erst am 14. März 1916 wieder frei. Wegen der beschädigten Ruderanlage musste die »Aurora« zur Reparatur nach Neuseeland zurückkehren. Alle hofften, dass sich die zehn an Land verbliebenen Expeditionsmitglieder für die Überwinterung im Jahr 1915 notdürftig einrichten konnten. Allerdings hatte man es bei der Landung verabsäumt, neben den Kisten für die Lebensmitteldepots, die Shackleton die Reise vom Pol zum Rossmeer gewährleisten sollten, auch Vorräte für die Landgruppe auszuladen. Die »Aurora« lag einfach zu nah am Ufer, als dass man an solche Vorsichtsmaßnahmen gedacht hätte. Außerdem

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