Südwärts. Ernest Henry Shackleton
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Die Rettung der Rossmeergruppe mit der wieder instand gesetzten »Aurora« war nun Shackletons oberstes Ziel. Von australischer Seite wurde ihm jedoch zu verstehen gegeben, dass seine Anwesenheit nicht vonnöten sei. Dies bedeutete insbesondere, dass er an Bord der »Aurora« nicht erwünscht war. Der Hintergrund war, dass Shackleton nach seiner Rettung wie jedes Mal nach einer Expedition große Schulden angehäuft hatte und man in Australien mit seinem undurchsichtigen Geschäftsgebaren nichts zu tun haben wollte. Auch trug es ihm sein australischer Expeditionskamerad von der »Nimrod«, der Geologe Edgeworth Davis, zu allem Überfluss nach, dass die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser Expedition immer noch nicht veröffentlicht worden waren. So hatte sich der Expeditionsleiter selbst unwissentlich ins Aus manövriert. Als er schließlich doch nach Neuseeland reiste, um die »Aurora« für seine Leitung der Abholexpedition zu beanspruchen, traf er auch mit Davis zusammen. Dieser beschrieb seinen alten Expeditionsleiter als »gealtert, bitter, voller Ressentiments und voller Selbstmitleid«, der dem »Iren mit großer Überzeugungskraft, dem sich keiner entziehen konnte« in keinster Weise mehr glich (Huntford 1985, S. 631f). Dass die Welt zu Zeiten des Ersten Weltkriegs – als von deutschen Zeppelinen Bomben auf London und Südengland fielen und im Frühjahr 1916 die britische Flotte in der Seeschlacht bei Skagerrak der deutschen Flotte unterlegen war – andere Sorgen hatte als die Rettung von ein paar gestrandeten Männern in der Antarktis, war dem besorgten Expeditionsleiter nicht bewusst. Nachdem die Rossmeergruppe offenbar ohne ausreichende Finanzen ausgestattet war, hatten die britische, australische und neuseeländische Regierungen letztlich beschlossen, die Rettung auf ihre Kosten durchzuführen. Die australische Regierung wollte eigentlich schon die erste Ausfahrt der »Aurora« im Jahr 1915 nicht unterstützen, als sie für Shackletons Depotlegung aufbrach. Eine Untersuchung hatte nämlich aufgedeckt, dass die dortigen Vorbereitungen für die zweite Expeditionsgruppe unter »krimineller Inkompetenz und schludriger Organisation« litten (Huntford 1985, S. 633). Um jedoch Shackletons Durchquerung des Kontinents nicht zu gefährden, half die australische Regierung damals mit dem Nötigsten aus. Schließlich durfte Shackleton 1916 als zusätzlicher Offizier die Rettungsexpedition nach Süden begleiten. Er fühlte sich noch immer verantwortlich für seine Expeditionskameraden und wollte sie persönlich abholen. Noch war es ungewiss, ob alle die beiden Winter 1915 und 1916 überlebt hatten. Am Ende stellte sich heraus, dass während der bis zu 90 Tage dauernden Schlittenreisen für die Depotlegungen alle Beteiligten wegen des Mangels an geeigneten Lebensmitteln Skorbut bekommen hatten und einer der Männer tragischerweise kurz vor der Rückkehr zu ihrer Station auf Cape Evans daran gestorben war. Zwei weitere Männer hatten leichtsinnigerweise bei einem aufkommenden Schneesturm das noch viel zu dünne Meereis auf dem McMurdo Sound zwischen Hut Point, wo sie schon fast zwei Monate festgehalten wurden, und Cape Evans überqueren wollen und waren seitdem verschollen. Trotz der Verluste wurde Shackleton bei der Rückkehr mit den überlebenden Kameraden der Rossmeergruppe in Wellington von der Öffentlichkeit als Held gefeiert.
Frank Hurleys Filmaufnahmen der äußerst dramatischen Expedition kam nach dem Ersten Weltkrieg als Stummfilm »South. Sir Ernest Shackleton’s Glorious Epic of the Antarctic« mit der Musikbegleitung von Neil Brand in die Kinos. Shackletons Expeditionsbericht »South« erschien 1919. Schon Anfang 1917 hatte er in Neuseeland und Australien in bewährter Manier dem Ghostwriter Saunders sein Buch diktiert, sich dann aber nicht mehr weiter darum gekümmert. Dieser Umstand erklärt nicht nur den uneinheitlichen Schreibstil, die Wiederholungen im Text und die vielen ergänzenden Zitate aus den Tagebüchern anderer Expeditionsteilnehmer, sondern auch die manchmal unterbrochene Chronologie der Ereignisse. So kam es auch, dass trotz der befohlenen Beschränkung der persönlichen Dinge auf ein Gewicht von zwei Kilo die von Shackleton veranlasste Mitnahme des Banjos unerwähnt blieb, obwohl die Musik sehr zum Wohlbefinden der gestrandeten Gruppe beitrug. Leonard Hussey, Meteorologe der Weddellmeergruppe, kümmerte sich schließlich um die Herausgabe des Buches. Shackletons Expeditionsbericht »South«, wurde 2013 für die Edition Erdmann von Axel Monte erstmals vollständig übersetzt und mit Anmerkungen versehen.
SHACKLETON-ROWETT ANTARCTIC EXPEDITION (1921–1922)
Nachdem von 56 Mitgliedern beider Expeditionsgruppen insgesamt 53 »den weißen Krieg des Südens« überlebt hatten, meldeten sich die meisten für den Kriegseinsatz. Auch Shackleton wollte nicht zurückstehen. Weil er jedoch für den Waffeneinsatz schon zu alt war, wurde er nach Argentinien geschickt, wo er in Buenos Aires die Aufgabe hatte, britische Propaganda zu verbreiten. Nach fünf Monaten wurde er aus dem Süden abgezogen und als Offizier verantwortlich für Winterausrüstung und deren Transport zusammen mit seinen ehemaligen Kameraden von der »Endurance« Hussey, Alexander Macklin (Arzt) und Frank Worsley (Kapitän), sowie John Stenhouse (Erster Officer der »Aurora«) zu einem Expeditionskorps nach Murmansk in Russland geschickt.
Nach Kriegsende versuchte Shackleton, wie schon so oft erfolglos, durch verschiedene Geschäfte zu Geld zu kommen. Noch bevor er die Schulden der letzten Expedition beglichen hatte, zog es ihn noch ein letztes Mal in die Polarregion. Diesmal wolle er in der kanadischen Beaufort Sea nach neuen Ländern auf die Suche gehen. Der Kanadier Vilhjalmur Stefansson hatte dort von 1913 bis 1918 die letzte Arktisexpedition der heroischen Ära geleitet, bei der er am Rande der Beaufort Sea die Küsten der kanadischen Inselwelt im hohen Norden erforscht und dabei drei neue Inseln entdeckt hatte. Stefanssons Schiff »Karluk« wurde während seiner Abwesenheit wie die »Endurance« erst vom Eis eingeschlossen und schließlich zerdrückt, sodass auch sie versank. Von der fünfundzwanzigköpfigen Schiffsbesatzung starben acht Männer bei dem Versuch, über das aufgeworfene Packeis Land zu erreichen. Ein Mann beging angesichts der Ausweglosigkeit Selbstmord, und zwei weitere Männer erkrankten schwer und starben an Nahrungsmangel, als sie auf Wrangell Island ihrer erhofften Rettung völlig hilflos entgegenvegetierten. Unter den elf Toten stammten zwei von Shackletons »Nimrod«-Expedition. Für die Erfolg versprechende Fortsetzung von Stefanssons Forschungen hatte Shackleton die kanadische Regierung um Unterstützung seiner Expedition mit der »Quest« gebeten, die ihm jedoch nicht gewährt wurde. Erneut war er auf einen Sponsor angewiesen, den er diesmal in seinem ehemaligen Schulkameraden John Rowett fand, der es im Gegensatz zu ihm zu Geld gebracht hatte. Allerdings war nun schon zu viel Zeit verstrichen, sodass es für eine Expedition in die Arktis bereits zu spät im Jahr geworden war und Shackleton sich deshalb alternativ abermals der Südpolarregion zuwandte. Am 17. September 1921 brach er in Begleitung mehrerer früherer Expeditionskameraden, darunter Worsley, Wild, Hussey und Macklin, an Bord der »Quest« zu seiner letzten Expedition auf, die keine eigentliche Zielsetzung hatte. Er hatte zwar die Suche nach unentdeckten Inseln in der noch relativ unbekannten Enderbyregion östlich des Weddellmeeres erwähnt, aber eine Strategie für deren Auffindung gab er nicht bekannt.
An Bord zeigte sich, dass Shackleton, der zwischen den Expeditionen oft einen sehr ungesunden Lebenswandel aus einem Übermaß an Essen, Alkohol- und Tabakkonsum führte, offensichtlich krank war. In Rio de Janeiro hatte er einen starken Herzanfall, wollte sich aber auf keinen Fall von Macklin oder einem anderen Arzt untersuchen lassen. Unterwegs begann er wieder zu trinken, vielleicht um seine Schmerzen zu stillen. Schließlich erreichten sie ihr Etappenziel Südgeorgien. Einen Tag nach ihrer Ankunft hatte Shackleton erneut einen Herzanfall, an dem er noch am selben Tag, dem 5. Januar 1922, starb. Um ihn in der Heimat zu beerdigen, begleitete Hussey, der jetzt ohne sein großes Vorbild kein zweites Mal in die Antarktis fahren wollte, Shackletons Leiche auf einem schwimmenden Fabrikschiff der Walfänger von Südgeorgien nach England. Als Shackletons Frau Emily die Nachricht über den plötzlichen Tod ihres Mannes erhielt, bestimmte sie, dass ihr Mann auf Südgeorgien beerdigt werden sollte, da es ihn immer nach Süden gezogen habe. Außerdem hatten sie sich aufgrund seiner jahrelangen Abwesenheit und außerehelichen Beziehungen völlig auseinandergelebt. So kehrte Hussey nach einem Zwischenhalt in Montevideo mit dem Sarg nach Grytviken zurück, wo Shackleton am 5. März 1922 beerdigt wurde. Um die Tilgung der angehäuften Expeditionsschulden von rund £ 500 000 in heutiger Währung mussten sich nun andere kümmern.