Das Amulett Staffel 3 – Liebesroman. Patricia Vandenberg
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»Ist er wieder im Lande?« fragte sie.
»Er wird sogar Chefdirigent an unserer Oper«, erklärte Holger Bergström.
Das waren erfreuliche Aspekte für Annette. Bob Webster wurde sofort aufgegeben, und für Holger Bergström empfand sie nur eine gewisse Dankbarkeit, weil er ihr zu dem Besuch des Konzertes verhalf. In der Vorfreude auf den gemeinsamen Abend merkte Holger gar nicht, daß ihre Gedanken schon abgeirrt waren, und daß sie ihn hinauskomplimentierte.
Für diesen Abend wollte sie sich natürlich besonders vorteilhaft herrichten, denn es konnte ja sein, daß Magnus von Thalau ihr in den Weg lief. Und so ließ sie sich von dem Hausmädchen Lisy auch verleugnen, als Bob Webster anrief. Die Geschichten um das Amulett der Fatima Radames hatte sie ebenfalls schon wieder vergessen.
*
Wohin Annette Lorenzen auch kam, überall erregte sie Aufsehen.
Holger Bergström war es noch nie so bewußt geworden, wie begehrenswert sie war. Aber es war ihm fast peinlich, und unwillkürlich mußte er heute an Felicia denken, die so ganz anders war. Gab es zwei so verschiedene Schwestern noch einmal? Er konnte es sich kaum vorstellen.
Aus einer vermögenden Familie stammend, hatte er ebenfalls nie finanzielle Sorgen gehabt. Aber er nahm seinen Beruf so ernst, daß ihm wenig Zeit für das Privatleben blieb. Er hatte sich auf diesen Abend gefreut. Diese Freude wurde ihm allerdings schon bald gründlich verdorben, als Annette bereits im Foyer des Konzertsaales von einem Schwarm von Verehrern umgeben war.
Sie zeigte jedoch an diesem Abend wenig Interesse an so viel Bewunderung. Magnus von Thalau beschäftigte sie.
Holger hatte gute Plätze besorgt.
Die Welt versank für sie, als die Musik aufklang. Jede seiner Bewegungen nahm sie in sich auf. Sie bemerkte nicht, daß Holger sie von Zeit zu Zeit verwundert betrachtete. Hingerissen lauschte sie und gab sich ganz ihren Träumen hin.
Das Konzert war zu Ende, aber immer wieder forderte das Publikum Zugaben.
Annette erhob sich. »Entschuldige mich bitte einen Augenblick«, sagte sie zu Holger, sich nun doch wieder an seine Anwesenheit erinnernd. Konsterniert blickte er ihr nach.
Annette wollte unbedingt Magnus von Thalau sehen.
Er bemerkte sie erst, als sie ihm den Weg vertrat. Irritiert blickte er sie an und forschte dann in seiner Erinnerung. Irgendwo hatte er diese junge Dame schon einmal gesehen, doch er konnte sich nicht erinnern, wo es gewesen war.
Annette war maßlos enttäuscht. Trotzdem zwang sie sich zu einem Lächeln. »Ich wollte nicht versäumen, Herr von Thalau, Ihnen für diesen Genuß meinen Dank zu sagen«, überfiel sie ihn förmlich.
»Sehr liebenswürdig«, erwiderte er höflich, aber genauso zurückhaltend, wie er vor zwei Jahren gewesen war.
»Sie erinnern sich meiner sicher nicht mehr«, fuhr Annette kühn fort. »Ich bin Annette Lorenzen. Wir lernten uns auf einem Empfang bei Konsul von Walther kennen.«
»Ach ja, richtig«, erwiderte er geistesabwesend. »Entschuldigen Sie bitte, gnädiges Fräulein. Ich muß noch einmal aufs Podium.«
Annette preßte die Lippen aufeinander. Nun war ihre Enttäuschung vollkommen. Seine Worte waren pure Höflichkeit gewesen. Bestimmt erinnerte er sich gar nicht mehr an sie. Aber es war nicht nur ihre Eitelkeit, die zutiefst getroffen war, da war noch etwas…
Gedankenverloren bahnte sie sich den Weg durch die noch immer beifallspendende Menge.
Holger erwartete sie im Foyer. Sein Gesicht war sehr nachdenklich, aber er sagte nichts.
»Darf ich dich noch zu einem Glas Wein einladen, Annette?« fragte er beim Ausgang.
Sie schreckte zusammen. »Sei mir nicht böse, Holger«, erwiderte sie leise. »Aber ich möchte lieber heim.«
Impulsiv ergriff er ihre Hand. »Wir kennen uns so lange«, sagte er eindringlich. »Wenn dich etwas bedrückt, hab doch bitte Vertrauen zu mir. Ich weiß, daß ich dir nicht das bedeute, was ich mir wünschte, aber wir können doch gute Freunde bleiben.«
Gute Freunde! Noch vor ein paar Stunden hätte sie darüber gelacht. Freundschaft zwischen Mann und Frau gab es ihres Erachtens nicht. Doch jetzt lauschte sie in sich hinein. Es war ein ereignisreicher Tag, der auch sie zur Nachdenklichkeit anregte. Was blieb denn schon von all den Bekanntschaften? Mußte sie Holger nicht dankbar sein, daß er so treu zu ihr hielt, obgleich es ihm doch kaum verborgen geblieben war, daß sie ihm alle anderen vorzog?
Er brachte sie nach Hause. Mit einem melancholischen Lächeln verabschiedete sie sich.
»Der Abend war ein Erlebnis«, sagte sie dabei. »In mancherlei Beziehung. Vielleicht besuchst du uns bald einmal wieder, Holger. Fee wurde sich bestimmt auch freuen.«
Was sollte das nun wieder bedeuten? Felicia ging ihm doch aus dem Weg, wo sie nur konnte, wenn er wirklich einmal zu Gast im Hause Lorenzen war.
Felicia lag längst im Bett und schlief. Sie sah sich im Traum in einem duftigen Kleid am Arm eines Mannes über eine blumenübersäte Wiese schweben. Zuerst war das Gesicht des Mannes verschwommen, dann aber erkannte sie Holger Bergström. Aber sie selbst kam sich fremd vor in dieser lieblichen Anmut. Und plötzlich war es, als tönte eine ferne Stimme an ihr Ohr: »Das Amulett der Fatima Radames. Du mußt das Amulett haben, Felicia.«
*
Magnus von Thalau zog die Tür des Hotelappartements ins Schloß. Mit einem tiefen Seufzer hängte er seinen Mantel an die Garderobe. Das war wieder mal ein anstrengender Abend gewesen.
»Guten Abend, Magnus«, empfing ihn eine sanfte Stimme. Eine schlanke blonde Frau, die eine Brille mit dunkel getönten Gläsern trug, kam auf ihn zu.
Mit ein paar Schritten war er bei ihr und drückte einen Kuß auf ihre Wange. »Guten Abend, Liebes«, gab er herzlich den Gruß zurück. »Wie geht es Jasmin?«
Ein flüchtiges Lächeln erschien auf dern blassen Gesicht der jungen Frau. »Sie wollte mal wieder nicht einsehen, daß ihr Onkel Magnus nicht immer an ihrem Bett sitzen und Geschichten erzählen kann«, erwiderte sie. »Du verwöhnst sie zu sehr.«
»Wie geht es deinen Augen, Almut? Was hat Professor Tuerer gesagt?«
»Ach, reden wir von etwas anderem, Magnus«, lenkte sie rasch ab. »Wie war das Konzert? Aber ich brauche wohl nicht zu fragen. Du bist lange genug ausgeblieben.«
»Es war erfreulich«, erwiderte er, »aber wir wollen bei dem Thema bleiben, das mir am Herzen liegt. Du weißt es, Schwesterchen.«
Sie seufzte. »Es ist immer das gleiche«, entgegnete sie müde. »Man kann nichts finden. Es muß an den Nerven liegen. Heute war es übrigens besser«, fügte sie hinzu.
»Du Schwindlerin. Du willst mich nur täuschen. Aber ich werde nicht tatenlos zuschauen, mein Mädchen. Man wird die Ursache schon noch finden. Es gibt ja noch ein paar Spezialisten.«
»Professor Tuerer ist einer«, beharrte sie. »Zudem ist er sehr nett und auch gründlich. Wenn er zu keinem Ergebnis