Butler Parker Staffel 1 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»Wird Ihr Partner Mike mit Ihren Vorschlägen einverstanden sein?« Parker wies auf den Gangster, der noch immer im Sand lag, sich jetzt aber zu rühren begann.
Er öffnete ratlos die Augen, suchte in seiner gestörten Erinnerung nach gewissen Anhalts- und Richtpunkten, um dann wie von einer Tarantel gebissen aufzuspringen.
»Wo ist der Hund, Joe?« rief er seinem Partner zu. Dann entdeckte er Parker schräg neben sich und zog unwillkürlich den Kopf ein.
»Ich hoffe, Sie werden im Laufe der Zeit den peinlichen Niederschlag vergessen«, sagte Parker freundlich. »Wie ich die Dinge jetzt sehe, hat es sich um ein kleines, bedauernswertes Mißverständnis gehandelt.«
»Wir gehen«, sagte Joe, jener Gangster, der mit Parker die Verhandlung geführt hatte. »Während der Fahrt können wir alle Einzelheiten festlegen. Wie ist es, Henderson, bekommen wir unsere Kanonen zurück?«
»Selbstverständlich«, antwortete Parker darauf höflich. »Ich habe es ja jetzt mit Geschäftsfreunden zu tun.«
Er überreichte Mike und Joe die Schußwaffen, eine Handlungsweise, die die beiden Gangster völlig verblüffte.
Im ersten Augenblick wußten sie mit ihren zurückgewonnenen Waffen nichts anzufangen. Solch eine Großzügigkeit hatten sie gewiß nicht erwartet.
Dann jedoch schalteten sie.
Fast gleichzeitig rissen sie ihre Schußwaffen hoch und richteten die Mündungen auf Parker.
»Man kann noch so gerissen sein, Henderson, eines Tages macht man den berühmten Fehler«, sagte Mike grinsend. »Was glauben Sie, werden wir jetzt tun?«
»Abdrücken und erleben, daß ich beide Waffen entladen habe«, war die lakonische, aber freundliche Antwort des Butlers.
Die beiden Gangster glaubten ihm nicht recht.
Sie zogen die Stecher ihrer Waffen durch und mußten erleben, daß Parker nicht geschwindelt hatte. Mit dem Geschick eines berufsmäßigen Taschenspielers hatte der Butler die Waffen entladen.
Ziemlich dumm schauten Mike und Joe auf ihre Waffen. Mike war sogar etwas verlegen.
»Man macht ja mal einen Scherz«, entschuldigte er sich dann hastig.
»Ich freue mich über Ihre gute Laune«, entgegnete der Butler. »Sie ist die Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit, wie ich es ausdrücken möchte!«
*
Etwa zu dieser Stunde entdeckten Touristen, die am Rand des Highways Nr. 1 in Höhe der Ortschaft Boca Raton picknickten, durch einen reinen Zufall einen Ford, der offensichtlich von der Straße abgekommen war und nun halb in einem sumpfigen Tümpel lag.
Die Touristen sahen sich den verunglückten Wagen jetzt etwas näher an, zumal es sich ihrer Ansicht nach um einen frischen Unfall handeln mußte. Sie wateten durch das seichte Wasser, erreichten dann die Limousine und schraken zurück.
Am Steuer des Fords machten sie eine Gestalt aus, die sich nicht mehr rührte.
Diese Gestalt war mittelgroß, mochte Mitte der Vierzig sein und trug einen dunklen, fast schwarzen Anzug. Die Kopfbedeckung des Verunglückten stak in der zersplitterten Windschutzscheibe. Es handelte sich um einen Bowler, wie er in England mit Vorliebe getragen wird.
Die Touristen wollten sich bereits zurückziehen und zur Straße laufen, als die Gestalt am Steuer sich rührte und dann stöhnte.
Nun waren die Touristen nicht mehr zu halten. Sie mühten sich mit der verklemmten Wagentür ab und brachten sie endlich auf. Dann bargen sie den Verunglückten, trugen ihn an das sanft ansteigende Ufer des Tümpels und betteten ihn dort nieder.
Betroffen schauten sie auf den Mann, der offensichtlich schwer verletzt war.
Sie dachten gleich an einen Ausländer, denn der Verletzte war mehr als korrekt gekleidet: Erschien frisch aus London gekommen zu sein. Äußerlich gesehen glich er fast einem steifen Filmbutler, wie er in Komödien immer wieder gern gezeigt wird. Der einzige Farbtupfer an seiner fast düsteren Kleidung war eine rote Nelke, die im Knopfloch stak und nun allerdings einen sehr mitgenommenen und verwelkten Eindruck machte.
Während einer der Touristen zur Straße lief, um die Polizei zu alarmieren, suchte der andere Tourist in den Taschen des Verletzten nach Anhaltspunkten zur Person.
Er fand in der Brieftasche einen Reisepaß, der in England ausgestellt worden war. Dieser Paß lautete auf den Namen James Henderson, dessen Wohnort mit London, Westham-Road, 123. angegeben war.
Bevor der Tourist die Brieftasche weiter durchsuchen konnte, gab der Verletzte die ersten Worte von sich. Stöhnend, nach Luft ringend und von Schmerzen geschüttelt, sprach der Verletzte einen Namen aus. Er hörte sich nach Manders oder Manters an, doch so genau war das nicht zu verstehen.
Erst als der Verletzte wieder zurück in eine wohltätige Ohnmacht gefallen war, konnte der Tourist die Suche in der Brieftasche fortsetzen.
Er fand eine Flugkarte London – New York – Jacksonville und zurück, dann Travellerschecks in einer Gesamthöhe von eintausendzweihundert Dollar, den Ausweis einer Mietwagenfirma und einige bezahlte Rechnungen, die alle vom Vortage stammten.
Die Sache war klar. Mr. James Henderson, Londoner, war von Jacksonville aus mit einem Leihwagen über den Highway Nr. 1 in Richtung Miami gefahren und unterwegs verunglückt. Es handelte sich offensichtlich um einen Touristen.
Um einen sehr vorsichtigen und mißtrauischen Touristen übrigens, denn unter seinem schwarzen Jackett befand sich ein Schulterhalfter, in dem eine geladene und gesicherte 38er stak.
*
Die Fahrt zurück nach Miami verlief ohne Zwischenfälle.
Josuah Parker saß auf den Rückpolstern des Wagens, während die beiden Gangster Mike und Joe vorn Platz genommen hatten. Parker hatte so die Möglichkeit, sie diskret zu beobachten. Ihm war keineswegs danach, doch noch beschossen zu werden.
Nun, Mike und Joe hatten im Augenblick nicht diese Absicht. Das hing nicht mit ihren ungeladenen Schußwaffen zusammen. Sie rechneten sich wohl eine reelle Chance aus, an die Unterlagen zu kommen, die sie bei Parker vermuteten.
Der Butler saß wie gewohnt stocksteif im Fond des Wagens. Er überlegte gründlich, wie er sich verhalten sollte. Er ging von der Tatsache aus, daß er nach Miami gekommen war, um sich hier einmal gründlich zu erholen.
Nun aber hatte das Schicksal ihn mit einem Mord und zwei Mördern konfrontiert. Durfte er, so fragte er sich, von all diesen Dingen zurückziehen. Stand es ihm frei, sich aus allem herauszuhalten?
Parker hatte gewiß die Möglichkeit, sich an die Polizei zu wenden. Er hatte ferner die Möglichkeit, sich dann schleunigst abzusetzen und friedlichere Gefilde irgendwo in den Staaten aufzusuchen.
Je gründlicher er sein Problem durchdachte, desto klarer wurde ihm, daß er sich wieder einmal persönlich engagieren mußte. Es widersprach seinem Gerechtigkeitsgefühl, Augen und Ohren vor den nackten Tatsachen zu verschließen. Er fühlte sich verpflichtet, Gangstern das blutige Handwerk zu legen, zumal er gerade in diesem Fall annehmen mußte, daß er es nicht mit kleinen Durchschnittsgaunern