Indischer Liebeszauber. Barbara Cartland
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Auf den Gangways drängten sich die Menschen, die an Bord wollten, während gleichzeitig andere das Schiff verließen, dessen Maschinen bereits arbeiteten.
In diesem Moment hatte sie einen Mann in der Menge erspäht, der aussah wie ein Inder. Er schien es nicht eilig zu haben und strahlte eine eigentümliche Selbstsicherheit aus.
Er benutzte die zum untersten Deck führende Gangway und war der letzte, der an Bord gelangte, ehe die Gangway entfernt und die Reling wieder vorgeschoben wurde.
Zuerst war sie der Meinung gewesen, er habe großes Glück gehabt, das Schiff gerade noch erwischt zu haben, doch dann hatte sie aus seiner Haltung geschlossen, daß ihm ein solcher Fehler nie unterlaufen wäre. Im Gegenteil: Er machte den Eindruck, als würde er stets bekommen, was er wollte.
Sie schaute ihn immer noch an und bemerkte, daß er die Stirn runzelte. Zugleich fiel ihr der sonderbare Umstand auf, daß er trotz seines indischen Turbans fehlerfreies Englisch sprach. Und sie war immer der Meinung gewesen, alle Inder sprächen mit einem unverkennbaren Akzent und einem gewissen singenden Tonfall!
Als wüßte er genau, was ihr durch den Kopf ging, sagte er nach einer Weile: »Ich möchte einen Pakt mit Ihnen schließen.«
Da sie nicht antwortete, fuhr er mit einem kleinen Lächeln fort:»Ich will vergessen, was Sie tun wollten, und Sie werden vergessen, daß Sie mich in Southampton gesehen haben.«
»Warum sollte ich das?«
»Gewiß liegt es nicht in Ihrem Interesse, wenn ich Ihrer Begleitung — wer immer das sein mag — davon Mitteilung mache, auf welch unkonventionelle Weise Sie von Bord gehen wollten.«
Seine Worte schienen sie in große Angst zu versetzen, denn sie stieß einen verhaltenen Entsetzensschrei aus: »Nein ... natürlich nicht! Wenn Sie meinem Onkel auch nur ein Sterbenswörtchen verraten, wird er außer sich geraten. Er wird mich . . .«
Abrupt hielt sie mitten im Satz inne. Der Mann sah nicht nur die Angst in ihrem Blick, er bemerkte jetzt auch ein rotes Mal auf ihrer Wange, das sich von der Blässe ihrer Haut deutlich abhob.
»Wer hat Sie geschlagen?« fragte er leise.
Sie faßte nach ihrer Wange und senkte den Blick, so daß sich auf ihren Wangen dunkel die Wimpern abzeichneten.
Verwirrt schwieg sie zunächst, doch dann murmelte sie: »Wieso können Sie nicht begreifen . . . daß ich so nicht weiterleben kann? Ich . . . ich ertrage es einfach nicht mehr. Heute hat er mich mit einem Lineal . . . und ich ... ich bin ein Feigling.« Tränen schossen ihr in die Augen.
Der Mann beugte sich entsetzt zu ihr hinunter.
»Warum fangen wir nicht von vorne an, und Sie sagen mir endlich, wie Sie heißen?« Er schaute sie abwartend an. »Wenn Sie es mir nicht verraten wollen, dann frage ich einfach den Zahlmeister.«
»Nein, das dürfen Sie auf keinen Fall! Er könnte es Onkel Harvey sagen.«
Der Mann erstarrte.
»Soll das heißen, daß Sir Harvey Arran Ihr Onkel ist?«
»Sie kennen ihn? Versprechen Sie mir . . . versprechen Sie mir, daß Sie ihm nichts verraten! Er würde außer sich geraten und im Zorn . . .«
Sie hielt inne, worauf der Fremde voller Ingrimm wie im Selbstgespräch feststellte:»Er schlägt Sie!«
»Er ist oft sehr mißlaunig ... die langen Jahre in Indien haben ihn so werden lassen. Seine Leber muß wohl arg gelitten haben . . . und außerdem haßt er mich.«
»Warum sollte er Sie hassen?«
»Weil ich seit dem Tod meiner Eltern gezwungen bin, bei ihm zu leben und für ihn eine Belastung darstelle, wie er sich auszudrücken pflegt.«
»Gibt es denn keine anderen Angehörigen, an die Sie sich wenden könnten?«
»Nun ja ... da wären noch Papas Cousinen ... die würden mich vielleicht aufnehmen, aber inzwischen hat Onkel Harvey entdeckt, wie nützlich ich ihm bin.«
»Wie das?«
»Ich schreibe die Reinschrift des Buches, an dem er arbeitet ... und genau das ist es auch, was ihn immer wieder so aufregt.«
»Aus welchem Grund?«
»Seine Handschrift läßt sich nur mühsam entziffern, und zudem ist die Schreibweise einiger Wörter auf Urdu oder Hindi sehr kompliziert. Unterläuft mir ein Fehler, dann bekommt Onkel Harvey einen Wutanfall.«
Der Mann kniff die Lippen zusammen.
»Weil Sie ihm nützlich sind, hat er Sie nach Indien mitgenommen«, sagte er nach kurzem Überlegen.
»So ist es. Ich verspüre nicht den geringsten Wunsch, mit ihm irgendwohin zu fahren, aber er wollte nicht erlauben, daß ich zu Hause bleibe, obwohl ich ihn inständig darum bat.«
Schweigen trat ein.
Schließlich fragte der Mann: »Wie lautet Ihr Vorname?«
»Sita.«
Er zog erstaunt die Brauen hoch.
»Ein indischer Name. Sicher wissen Sie, daß Sie nach einer Göttin benannt wurden, die stolz, rein und tapfer war.«
»Nun, dann war es wohl ein Irrtum, mich nach ihr zu benennen, da es nichts gibt, worauf ich stolz sein könnte . . . und da ich feige bin, wie ich bereits sagte.«
»Trotz allem sollten Sie versuchen, Ihrem Namen Ehre zu machen. Aber Sie haben mir noch nicht verraten, weshalb man Ihnen diesen Namen gab.«
»Ich wurde in Indien geboren, mein Vater war bei der Bengalischen Leichten Brigade.«
»Dann werden Sie sich bei der Ankunft in Indien wie zu Hause fühlen.«
»Das glaube ich nicht!«
»Doch, es ist die Wahrheit. Sie werden sehen. Warten Sie, bis Sie Hyderabad erreichen.«
»Woher wissen Sie, daß mein Onkel nach Hyderabad will?«
Anstatt ihre Frage zu beantworten, sagte er: »Sie haben mir noch nicht versprochen, zu vergessen, daß Sie mich in Southampton gesehen haben. Auch dürfen Sie nicht verraten, daß wir uns schon einmal begegnet sind, wenn wir uns wiedersehen.«
Erstaunt sah sie ihn an.
»Wir werden uns wiedersehen?«
»Das will ich doch hoffen. Und wenn wir uns wiedersehen, Sita, dann sollen Sie glücklich lächeln und aussehen wie die Göttin, deren Namen Sie tragen.«
»Das ist . . . ganz ausgeschlossen.«
»Sie werden sehen, daß Sie sich irren. Aber inzwischen müssen Sie mir noch ein anderes Versprechen geben.«
Das klang so ernst, daß