Indischer Liebeszauber. Barbara Cartland
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Sita schaute ihn interessiert an.
»Sie haben von Wiedergeburt und unserem Karma gesprochen. Heißt das, daß Sie Buddhist sind?«
»Ich glaube an alle Religionen, die gerecht sind und den Menschen helfen, sich weiterzuentwickeln. Der Glaube ist etwas, das aus dem Herzen kommt, und wenn wir ihn haben, dann gibt es nichts mehr, wovor wir uns fürchten müssen.«
»Und Sie glauben ... daß ich das ... in Indien finden werde?«
»Ich weiß es.«
Das sagte er so überzeugend, daß sie eine Reaktion verspürte, die sie sich selbst nicht erklären konnte.
»Und jetzt schicke ich Sie zurück in Ihre Kabine und verspreche Ihnen, daß von nun an alles besser wird. Sie müssen nur glauben und nicht aufhören zu glauben, und Sie müssen versuchen, stolz, schön und tapfer zu sein.«
»Ich ... ich will es versuchen«, erwiderte Sita leise.»Wann werde ich Sie wiedersehen? Und wie kann ich Sie finden . . . nur für alle Fälle?«
»Sie werden mich finden«, gab er zurück. »Auch daran müssen Sie glauben.«
Er stand auf und führte ihre Hand an seine Lippen.
Und ehe sie wußte, wie ihr geschah, hatte er den Raum verlassen, und sie war allein.
Langsam stand sie auf und zog ihr Gewand über den Kopf, so daß ihr Gesicht im Schatten lag. Dann ging sie zur Tür.
Sie brauchte lange, ehe sie eine Treppe fand, die sie aufs nächste Deck führte. Dort entdeckte sie, daß sie es nicht mehr weit zu ihrer eigenen Kabine hatte.
Als sie die Tür öffnete und sah, daß alles genau so war, wie sie es zurückgelassen hatte, wurde sie von dem Gefühl erfaßt, es seien einige Jahre vergangen, seitdem sie diesen Raum verlassen hatte — entschlossen zu sterben, entschlossen, ihrem Leben, das zur Hölle geworden war, ein Ende zu bereiten.
Sie setzte sich auf ihre Koje, völlig erschöpft.
Morgen würde sie wieder ihrem Onkel gegenübertreten müssen, obwohl die Arbeit, die er ihr für diesen Abend aufgetragen hatte, nicht erledigt war.
Aber irgendwie erschien es ihr nicht mehr so bedeutsam. Sie rief sich die Worte des Fremden in Erinnerung. Zugleich fiel ihr ihr Versprechen ein, nie wieder einen Selbstmordversuch zu unternehmen.
»Wie konnte er nur so etwas verlangen? Und wie konnte ich so töricht sein und ihm das Versprechen geben?« murmelte sie vor sich hin.
Dabei dachte sie an seine dunklen Augen, die sie mitfühlend angeschaut, aber auch belustigt angeblitzt hatten.
War er Inder, oder war er Engländer? Sie wußte es nicht. Seine Haut war ihr dunkel erschienen, dunkler jedenfalls als die Haut eines Engländers, und doch hatte seine Sprache und das, was er sagte, sehr Englisch geklungen.
»Warum hat er nicht noch länger mit mir gesprochen?« seufzte sie leise.
Plötzlich spürte sie den Zwang, ihn wiedersehen zu müssen. Ob sie noch einmal aufs Unterdeck gehen sollte, um nachzusehen, ob er dort zu finden war?
Einfach lächerlich! ermahnte sie sich. Er hatte ihr geholfen und war wieder gegangen, und alles war so, wie es zuvor gewesen war.
War es das wirklich?
Sie hatte sich das Leben nehmen wollen, jetzt aber wollte sie, so sonderbar es war, weiterleben. Fast konnte sie ihr Karma und die Wiederbegegnung mit ihm vor sich sehen, so deutlich wie ein Bild. Gingen sie jetzt auch getrennte Wege, so würden sie sich wiedersehen.
War das ganze Leben Teil eines gewaltigen Plans, den ein höheres Wesen, eine Gottheit, entwickelte und leitete?
Sita spürte, wie ihr die Augen zufielen, und als sie von der Wirklichkeit in eine Traumwelt hinüberglitt, hörte sie, wie die tiefe Stimme sagte: »Dies ist Ihr Karma. Sie müssen stolz, schön und tapfer sein, wie die Göttin, nach der Sie benannt wurden.«
Als Sita am nächsten Morgen erwachte, wußte sie sofort, daß sie verschlafen hatte. Gewiß würde ihr Onkel bereits beim Frühstück sitzen und wegen ihrer Verspätung außer sich sein.
Und doch war ihre Furcht nicht so groß, wie sie eigentlich erwartet hatte. Tatsächlich hatte sie gleich beim Erwachen an diesem Morgen gespürt, daß sich etwas verändert hatte. Fast war ihr, als ströme Sonnenschein in ihre Kabine und als läge der Frühling in der Luft.
Da sie wußte, daß es tagsüber sehr heiß werden würde, schlüpfte sie in ein leichtes Kleid und ging — ungeachtet ihrer Verspätung — hinaus auf Deck.
Es herrschte dieselbe schwüle Hitze wie am Vortag. Die See war spiegelglatt, der Himmel über ihr wolkenlos. Der Horizont verlor sich im Dunst der Hitze.
Zum ersten Mal hatte Sita das Gefühl, nicht allein und angsterfüllt zu sein. Sie ahnte vielmehr, daß sie sich auf eine neue Welt zubewegte, eine Welt, die viel bunter und aufregender sein würde als die alte.
Seitdem sie mit ihrem Onkel zusammenlebte, waren er und Indien für sie eins geworden. Vermutlich war darin der Grund für ihre Abneigung gegen dieses Land zu suchen. Sie hatte das Land abgelehnt, das einen Menschen so grausam und widerwärtig hatte werden lassen.
Nun aber dachte sie daran, wie ihr Vater stets von Indien geschwärmt hatte. Ihr fielen auch die schönen Bilder wieder ein, die er von dort mitgebracht hatte, Reproduktionen von Rajput-Malereien. Ihre Mutter hatte ihr Zeichnungen gezeigt, auf denen Paläste, Elefanten und prächtig gekleidete Maharadschas abgebildet waren.
Unwillkürlich fragte Sita sich, was aus diesen Bildern geworden sein mochte, und sie gelangte zu dem Schluß, daß sie gewiß irgendwo im Hause ihres Onkels in Wimbledon sein mußten, wohin man sie aus dem Gutshaus gebracht hatte.
In ihrem überwältigenden Kummer nach dem Tod ihrer Eltern hatte sie nicht daran gedacht, etwas für sich zu erbitten. Sie hatte es hingenommen, daß ihr einziger Besitz ihre eigenen Kleider und die ihrer Mutter waren.
Da ihr Onkel sich hartnäckig weigerte, ihr Geld zu geben, hatte sie in den vergangenen zwei Jahren die Sachen ihrer Mutter getragen, obwohl vieles davon für sie viel zu erwachsen und damenhaft war.
Gewiß hätte er sie in alle Ewigkeit die alten Kleider auftragen lassen, wenn sie nicht darauf bestanden hätte, daß sie für Indien eine entsprechende Garderobe benötigte.
Mit dem wenigen Geld, das ihr Onkel ihr schließlich zugestanden hatte, hatte sie jedoch nur Kleider aus billigem Stoff kaufen können. Zum Glück hatte sie einen guten Geschmack, und so wählte sie nur Sachen aus, die wirklich zu ihr paßten und die ihre Persönlichkeit betonten, so daß man darüber die mindere Qualität vergaß.
Während sie nun aufs Meer hinausschaute und sich immer mehr auf Indien freute, wünschte sie, sie hätte sich intensiver mit ihrem Reiseziel befaßt. Da aber ihr Onkel während der Reisevorbereitungen besonders ungenießbar gewesen war und er an Bord mit jedem Tag unzufriedener mit ihr wurde, war ihr einziges Bestreben gewesen, seinen Schlägen auszuweichen und in Ruhe gelassen zu werden.
Wie schon unzählige Male zuvor hatte sie sich gewünscht, es wäre