Betreten verboten!. Inga Jung
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Ich möchte mit diesem Buch Verständnis für das territoriale Verhalten unserer Hunde wecken und aufzeigen, wie diese Hunde die Welt sehen, aus welchen Beweggründen heraus ihr Verhalten entsteht und warum man ihnen das territoriale Denken nicht einfach aberziehen kann wie eine lästige Angewohnheit. Ich möchte aber auch deutlich machen, dass ein Hund, der glaubt, er müsse sein Haus beschützen, es manchmal nicht beim Bellen belässt, insbesondere dann, wenn das Bellen nichts nützt. Geht der Eindringling trotzdem weiter ins Haus hinein, dann bleibt dem verzweifelten Hund vielleicht nichts anderes übrig als zuzuschnappen. Auch wenn in den allermeisten Fällen nur ein blauer Fleck dabei entsteht, da der Hund nur warnen und nicht verletzen will, ist das natürlich nicht akzeptabel. Dem vorzubeugen, damit es gar nicht so weit kommt, ist die Aufgabe des Menschen. Die Verantwortung für das Verhalten Ihres Hundes liegt allein bei Ihnen. Dabei wäre es zu viel erwartet, von einem territorial motivierten Hund zu verlangen, dass er nach ein bisschen Training sein Verhalten komplett umkrempelt und auf einmal jeden Besucher freundlich empfängt. Das ist nicht das Ziel, so viel sei gleich am Anfang gesagt. Stattdessen müssen wir Menschen lernen, vorausschauend zu denken, geeignete Maßnahmen zu treffen und mit unserem Hund gemeinsam Strategien einzuüben, um unangenehme Situationen im Vorfeld zu entschärfen. Und das ist mit ein bisschen Voraussicht und Verständnis für den Hund gar nicht so schwer.
Territorial denkende Hunderassen
Die Veranlagung zu territorialem Verhalten hatten die Vorfahren unserer Hunde mit hoher Wahrscheinlichkeit schon, bevor sie sich dem Menschen anschlossen. Auch Wölfe verhalten sich territorial. Ein sesshafter Wolf, ein Wolfspaar oder ein Wolfsrudel (das nichts anderes ist als Wolfseltern mit ihrem Nachwuchs) benötigt ein ausreichend großes Gebiet mit einer entsprechend hohen Beutetierdichte. Dieses Gebiet wird gegen Konkurrenten verteidigt, denn es sichert den dort ansässigen Wölfen ihre Lebensgrundlage. Würden zu viele Wölfe auf zu engem Raum leben, dann würden sie die Beutetierdichte im Laufe der Jahre reduzieren und sich regelrecht ihre eigene Existenzgrundlage wegfressen. Ein solches Verhalten hätte sich im Laufe der Evolution niemals durchsetzen können. Dieses große, von ortsansässigen Wölfen exklusiv genutzte Gebiet wird daher nach außen gesichert.
Seitdem die Vorfahren unserer Hunde eng mit dem Menschen zusammenlebten und sich von den Resten der menschlichen Nahrung ernährten, ist das Gebiet, das sie verteidigen mussten, um die Nahrungskonkurrenz in Schach zu halten, stark geschrumpft. Es erstreckte sich in einem relativ engen Radius rund um die Behausungen ihrer Menschen herum, denn das waren in der Regel die Orte, an denen die Hunde Nahrung fanden. Sie hatten es nicht mehr nötig, große Reviere von mehreren hundert Quadratkilometern Größe zu verteidigen. Das könnte einer der vielen Vorteile sein, die die Nähe zum Menschen so attraktiv gemacht haben.
Die Menschen haben vermutlich bald bemerkt, dass es auch für sie Vorteile hat, wenn die Hunde ihre Behausungen und später auch ihre darin befindlichen Haustiere gegen fremde Menschen, fremde Hunde oder Raubtiere verteidigen, und sie haben sich dieses Verhalten der Hunde zunutze gemacht. Im Laufe der Jahrtausende begannen sie dann, gezielt solche Hunde miteinander zu verpaaren, die eine besonders hohe Wachsamkeit und Verteidigungsbereitschaft zeigten. Die Welpen hatten die entsprechende Veranlagung und lernten das Verhalten von ihren Eltern, und so gaben sie es auch an ihre eigenen Nachkommen weiter.
Kleine Hunde dienten schon früher auf den Höfen als „Alarmanlage“.
Durch die gezielte Auslese auf territoriales Verhalten entwickelten sich im Laufe der Jahrtausende Hundetypen und später auch Hunderassen, die tendenziell mehr oder weniger stark dazu neigen, auch wenn es natürlich immer wieder individuelle Ausnahmen gibt.
Die Neigung zu territorialem Denken und Verhalten ist zu einem Großteil genetisch bedingt.
Rasseeigenschaften beschreiben grundsätzlich nur eine Tendenz: Es ist keineswegs garantiert, dass jeder Rassevertreter diese Eigenschaften auch besitzt, aber es besteht eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass z. B. ein Kangal ein ausgeprägteres Territorialverhalten zeigt als ein Labrador. Zumindest sollte man sich nicht wundern, wenn dem so ist, sobald der Hund mit etwa drei Jahren psychisch ausgereift ist.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Neigung zu territorialem Verhalten einem Hund bereits mit den Genen sozusagen in die Welpenkiste gelegt wurde. Diese Neigung kann er nicht einfach ablegen, nur weil wir Menschen dies von ihm verlangen. Es ist ihm ein angeborenes Bedürfnis. Territorialverhalten wird allerdings oft erst gezeigt, wenn der Hund psychisch gereift ist, also je nach Rasse etwa ab einem Alter von ein bis drei Jahren. Das Verhalten eines Junghundes, der erst ein halbes Jahr alt ist, sagt noch nicht viel darüber aus, ob er ein territorial motivierter Hund ist oder nicht.
Hunderassen, die bedingt durch ihre Geschichte eine recht stark ausgeprägte Neigung zu Territorialverhalten besitzen, sind:
•sämtliche Hunderassen, die den Herdenschutzhunden zuzuordnen sind, wie Maremmano Abruzzese, Aidi, Pyrenäenberghund, Kuvasz, Kangal, die verschiedenen Owtscharka-Schläge, Akbash und viele andere mehr.
•sämtliche Hunderassen, die in den vergangenen Jahrhunderten gezüchtet wurden, um Haus, Hof und bewegliche Güter zu bewachen, wie die verschiedenen Spitz-Schläge, einschließlich einiger nordischer und asiatischer Spitze, z. B. Akita Inu und Chow Chow, außerdem zahlreiche zu den Molossern (Doggenartigen) gehörende Rassen, Hovawart, Leonberger, Schnauzer, Dobermann und andere. In früheren Zeiten hielten sich viele Höfe sowohl kleine als auch große Hunde. Die Kleinen waren die „Alarmanlagen“, während die Großen der Abschreckung dienten. Vor diesem Hintergrund darf man sich über die Wachsamkeit und Bellfreudigkeit mancher Kleinhunde, wie z. B. der kleinen Spitzrassen, nicht wundern.
Weiterhin gibt es Hunderassen, die mehrere unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen hatten, zu deren Aufgabengebiet aber ebenfalls das Bewachen von Besitztümern gehörte. An dieser Stelle sind z. B. Jagdhunde wie Weimaraner, Rhodesian Ridgeback, die verschiedenen Terrier und Dackel aufzuführen, die neben ihren jagdlichen Eigenschaften oft auch ein ausgeprägtes Territorialverhalten an den Tag legen. Weiterhin aber auch viele Hüte- und Treibhunderassen wie beispielsweise die altdeutschen Hütehundschläge, die deutschen, belgischen und holländischen Schäferhunde, Schweizer Sennenhunde oder auch amerikanische Rassen wie der Australian Shepherd, die das Vieh nicht nur hüten, sondern auch bewachen sollten und außerdem in der Zeit, in der sie nicht am Vieh arbeiteten, zur Bewachung von Haus und Hof eingesetzt wurden.
Nicht zu vernachlässigen sind natürlich auch die zahlreichen Mischlinge sowie die ursprünglichen Dorf- und Straßenhunde, die sich oft komplett ohne menschlichen Einfluss zu regionalen Typen herausgebildet haben. Die meisten dieser sogenannten „Streuner“ streunen gar nicht, sondern sind ausgesprochen ortstreu und leben in einem fest definierten Gebiet, das sie markieren und gegen Fremde verteidigen, sich also territorial verhalten.
Da in heutigen Zeiten immer mehr dieser Straßenhunde aus anderen Ländern eingefangen und nach Deutschland importiert werden und wir inzwischen häufig mit diesen Hunden