Betreten verboten!. Inga Jung
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Camping mit einem territorial motivierten Hund kann schwierig werden. Insbesondere dann, wenn er die Umgebung zunächst für sich hatte und nach ein oder zwei Tagen auf einmal auf einem der Nachbarstellplätze ein weiterer Hund auftaucht. Das kann unter Umständen richtig böses Blut geben, denn der Nachzügler hat aus Hundesicht überhaupt nicht das Recht, sich einfach so nebenan in dem bereits deutlich als Außenterritorium unseres Hundes markierten Bereich einzunisten. Eine Frechheit sondergleichen.
Dasselbe kann einem übrigens auch zu Hause passieren, wenn in der Nachbarschaft eines territorial denkenden Hundes ein neuer Hund einzieht.
Manche Hunde fangen nach kurzer Zeit an, jeden Ort, an dem sie sich eine Weile aufgehalten haben, nach außen zu verteidigen. Man könnte sagen, sie „ziehen einen imaginären Gartenzaun“, denn es ist wirklich so, dass sie dann um sich herum im Geiste eine Linie ziehen, die niemand übertreten darf, der nicht die Befugnis dazu hat.
Das kann schon mal zu peinlichen Situationen führen, wenn man zum Beispiel mit seinem Hund auf einer Parkbank eine Pause einlegt und ein nichtsahnender Passant sich daneben setzen möchte. Oder wenn der Hund im Restaurant unter dem Tisch hervorschießt, um diesen gegen den heraneilenden Kellner zu verteidigen.
Wie man sich in den hier geschilderten Situationen verhalten sollte und wie man sie entschärfen kann, beschreibe ich ausführlich im Praxisteil dieses Buches.
Wie sieht ein territorial denkender Hund die Welt?
Um als Mensch, der mit einem territorial denkenden Hund zusammenlebt, vorausschauend agieren zu können und Probleme zu vermeiden, muss man wissen, wie der Hund die Welt sieht. Ganz wichtig für diese Hunde sind Grenzen – sowohl verschwommene Grenzen als auch fest definierte Grenzlinien.
Nehmen wir zum Beispiel die Haustür. Das ist eine fest definierte Grenze. Geht ein Besucher einfach so durch diese Tür ins Haus hinein, dann ist das eine Grenzverletzung, die einen territorial denkenden Hund alarmiert. Je nachdem, was für einen Charakter der Hund hat, wird diese Handlung in ihm mehr oder weniger starke Emotionen hervorrufen und es sollte uns nicht wundern, wenn er nun von uns eine Handlung erwartet (nämlich dass wir den Eindringling wieder hinauskomplimentieren), oder aber er selbst aktiv wird.
Einfach nur dazustehen und nichts zu tun oder womöglich den Menschen, der da wie selbstverständlich die Grenze zum Kernterritorium übertritt, zu begrüßen, ist für einen territorial denkenden Hund keine Option. Ich glaube nicht, dass er sich überhaupt vorstellen kann, dass wir so etwas Verrücktes von ihm erwarten könnten.
Auch innerhalb des Hauses ist wieder jede Tür eine Grenze, und das Durchschreiten der Tür ruft im Hund Alarmbereitschaft hervor; insbesondere dann, wenn der Hund bereits in einem Raum ist und der Besucher ebenfalls diesen Raum betritt.
Weiterhin gibt es noch gedachte Grenzlinien bei bestimmten Arten der Raumaufteilung. Stehen zum Beispiel ein Sofa oder ein Regal mitten im Raum, der Hund liegt dahinter, und ein Besucher kommt hinter der Ecke hervor und läuft in das Blickfeld des Hundes, dann hat der Besucher auch hier wieder eine Grenze übertreten.
Die Umgebung wird auf potenzielle Eindringlinge hin gescannt.
Diese imaginären oder auch deutlich sichtbaren Grenzverläufe zu kennen ist im Zusammenleben mit einem territorial denkenden Hund sehr hilfreich, denn dadurch kann man vorausschauend handeln und schwierige Situationen von vornherein vermeiden.
Grenzlinien und die Positionen im Raum sind für territorial denkende Hunde von großer Bedeutung.
Es ist kaum zu glauben, aber ich habe schon sehr oft erlebt, dass im Zuhause eines territorial motivierten Hundes das Hundebett oder die Box, in der der Hund sich aufhalten sollte, direkt neben einer Durchgangs-Zimmertür stand. Und dann wurde sich gewundert, warum der Hund jeden Besucher, der durch diese Tür kam, in die Hacken biss. Dabei wurde ihm durch die Position seines Liegeplatzes genau diese Torwächterrolle zugeteilt. Er saß wie ein kleiner Wachposten direkt hinter der Tür und lauerte darauf, dass ein Besucher die Grenze übertrat – und das selbstverständlich im festen Glauben, dass seine Menschen ganz genau das auch von ihm erwarteten, denn warum sonst hätten sie ihm diese Position zuteilen sollen?
Die Positionen im Raum sind auch in Bezug auf uns Menschen wichtig. Stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrem Hund im Garten und ein Fremder kommt an das Tor und macht Anstalten, Ihren Garten zu betreten. Wenn Ihr Hund direkt am Tor bei dem Fremden ist, während Sie noch weit hinten im Garten stehen, wird seine Reaktion auf diesen vermutlich weit heftiger ausfallen, als wenn Sie selbst direkt am Tor stehen und Ihr Hund hinter Ihnen ist. Denn durch Ihre Position direkt vor der „Bedrohung“ signalisieren Sie Ihrem Hund, dass Sie sich selbst um die Gefahrenabwehr kümmern. Ist er hingegen „an vorderster Front“ und Sie im Hintergrund, dann fühlt er sich natürlich zuständig und wird schneller aktiv werden. Ist er von dieser Aufgabe auch noch überfordert, wird seine Reaktion unter Umständen sogar sehr heftig sein. Wie man dieses Wissen um die Bedeutung der Positionen im Raum im Alltag anwendet, bespreche ich noch ausführlicher im Praxisteil.
Immer wieder erlebe ich, dass Menschen jahrelang mit einem territorial denkenden Hund zusammen leben und trotzdem nicht verstehen, wie ihr Hund die Welt sieht. Zum Beispiel erzählte mir einmal eine Bekannte ganz aufgebracht, ihr Australian Shepherd habe nach einem ihrer Besucher geschnappt. Dabei habe sie den Hund doch extra angeleint.
Ich fragte, ob der Besucher denn zum Hund hingegangen sei. Daraufhin meinte sie: „Naja, wir waren draußen am Grillen und da war eine Treppe, über die die Besucher alle rausgehen mussten. An dem Geländer hab ich ihn angebunden.“
Ich kannte den Hund als sehr pflichtbewussten Aufpasser, der seine Wohnung notfalls ernsthaft verteidigen würde. Ich hatte daher meiner Bekannten im Vorfeld empfohlen, ihn nicht frei herumlaufen zu lassen, wenn Besuch kam. Sie hatte aber offenbar nicht den Sinn dahinter verstanden, nämlich dass der Hund auf Abstand zum Besuch gehalten werden sollte. Stattdessen hat sie ihn an der einzigen Engstelle, an der alle Besucher vorbei mussten, angebunden. Was anderes sollte der Hund denn wohl daraus entnehmen als den eindeutigen Auftrag: „Ich soll aufpassen, dass hier niemand vorbeikommt. Ich bin der Wächter der Treppe.“
Ich erzähle das, um darauf hinzuweisen, wie wichtig es ist, sich im Voraus Gedanken darüber zu machen, wo man in Situationen, die schwierig werden könnten, seinen Hund platziert und wie man sich selbst verhält. Dabei muss immer beachtet werden, welche möglichen Aktionen der Menschen oder Hunde, mit denen man es zu tun hat, den eigenen Hund in Alarmbereitschaft versetzen könnten. Auch das kann sehr individuell sein, daher sind eine gute Beobachtung des eigenen Hundes und das Wissen über seine Eigenschaften unerlässlich. Beispielsweise reagieren manche Hunde auf Männer misstrauischer als auf Frauen. Wenn das bei Ihrem Hund der Fall ist, müssen Sie bei Männern eben mehr aufpassen und Ihren Hund gegebenenfalls, je nach Situation, vielleicht auch durch eine Leine sichern. Das Wissen darum, was der Hund als nächstes tun könnte, ist die beste Versicherung gegen unwillkommene Überraschungen. Das erlangen Sie nur, indem Sie immer ein Auge auf Ihren Hund haben und lernen, seine feinen Signale zu deuten, die einer Handlung grundsätzlich vorausgehen. Und wenn es nur ein aufmerksames Aufstellen der Ohren ist – irgendein Signal gibt es immer, man muss es nur sehen.
Eine weitere Grenzlinie ist die Grenze zum Außenterritorium, also in der Regel der Gartenzaun oder die Hecke. Ist keine solch sichtbare Begrenzung vorhanden, gibt es aber auf jeden Fall eine imaginäre Grenze, über deren genauen Verlauf