Betreten verboten!. Inga Jung

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Betreten verboten! - Inga Jung

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Außenterritorium wird von vielen territorial motivierten Hunden vehement verteidigt. Dies führt häufig zu Problemen, wenn Besucher dieses Gebiet durchqueren müssen. Es gibt immer wieder Menschen, die ihr Haus komplett auf allen vier Seiten mit einem Zaun umringt haben und ihren territorial motivierten Hund im Garten frei herumlaufen lassen, und die dann allen Ernstes vom Postboten erwarten, dass dieser durch den Garten mit dem freilaufenden Hund bis zum Haus geht, um dort die Post einzuwerfen. Das ist nicht nur gedankenlos, sondern grob fahrlässig, denn selbstverständlich wird ein pflichtbewusster Hund dieses Verhalten des Postboten keineswegs tolerieren. Es kommt nach wie vor oft in solchen Situationen zu Unfällen, weil die Menschen nicht darüber nachgedacht haben, wie gefährlich diese Situation sein kann.

      Ausprägungen von Territorialverhalten und der Faktor Unsicherheit

      Territorialverhalten sieht nicht immer gleich aus. Wie genau es sich äußert, hängt vom Charakter und den individuellen Vorerfahrungen eines Hundes ab. In der Verhaltensbiologie unterscheidet man oft grob zwischen zwei Charaktertypen: Typ A und Typ B.

      Der A-Typ ist ein aktiver Hund, der immer vorne dabei ist, alles gleich erkunden will, alles als Erster mitbekommen möchte, dabei aber manchmal auch zu vorschnell ist und überstürzt handelt. Dabei verrennt er sich hin und wieder. Als territorial motivierter Hund wird der A-Typ jedes Mal einer der Ersten sein, die am Zaun stehen und die Lage checken.

      Der B-Typ hingegen schaut sich das Ganze erst einmal von weitem an. Lebt er mit einem A-Typ zusammen, dann beobachtet er zunächst, was sein Kumpel macht, bevor er sich selbst zu einer Handlung entschließt. Der B-Typ ist insgesamt zurückhaltender und neigt weniger zu überstürzten Aktionen.

      Das sind natürlich nur Grundtendenzen, die durch das Umfeld und die Gegebenheiten verwischt werden können. Hat man beispielsweise einen B-Typ, der sich von anderen Hunden leicht zum Mitmachen motivieren lässt, dann kann es sein, dass er im Zusammenleben mit einem A-Typ ebenfalls sofort zum Zaun rennt, wenn dort etwas los ist. Ist aber der A-Typ nicht zu Hause, dann wird der B-Typ im Zweifel vermutlich erst einmal liegen bleiben und die Lage in Ruhe sondieren.

      In Bezug auf das Territorialverhalten sind A-Typen tendenziell die Hunde, die um die Ecke geschossen kommen und den Postboten in die Hacken zwicken, während die B-Typen sich langsam annähern, ihm noch ein wenig Gelegenheit zum Rückzug geben und ihm dann erst in aller Ruhe zu verstehen geben, dass er sich jetzt besser nicht mehr bewegen sollte.

      Bezieht man die oben erwähnten Hunderassen mit ein, dann findet man unter den Herdenschutzhunden tendenziell mehr B-Typen, während sich die A-Typen eher unter den kleinen Terriern und einigen Hüte- und Treibhunderassen tummeln.

      Nun kommt aber noch ein weiterer Faktor hinzu, der das Verhalten eines territorial motivierten Hundes entscheidend mit beeinflusst: der Faktor Unsicherheit.

       Unsicherheit bewirkt, dass der Hund in Situationen, in denen er Entscheidungen treffen muss, aufgeregt ist und sich rasch überfordert fühlt.

      Es ist vor diesem Hintergrund nicht überraschend, dass alle Reaktionen eines unsicheren, territorial motivierten Hundes auf Besucher oder andere Hunde in seinem Territorium oder Streifgebiet sehr viel heftiger erfolgen als bei einem selbstsicheren Hund. Nehmen wir ein Beispiel, das einem im Alltag sehr häufig begegnet:

      Unser territorial motivierter Hund trifft in seinem Streifgebiet einen gleichgeschlechtlichen Artgenossen, der frontal auf ihn zuläuft und ihn direkt ansieht, was unter Hunden als Drohverhalten gewertet werden kann. Unser Hund nimmt diesen Hund als Eindringling in sein Revier wahr, der sich zu allem Überfluss auch noch ziemlich bedrohlich verhält.

      Unser Hund ist ein A-Typ. Zudem ist er nicht souverän, sondern sich seiner selbst nicht besonders sicher. Was wird wohl passieren?

      Richtig: Unser Hund schießt wild bellend und knurrend mit gesträubtem Nackenfell in Angriffshaltung auf den Gegner los.

      Dessen Mensch ist entsetzt, denn sein Hund „wollte doch nur mal guten Tag sagen“. Die bedrohliche Körperhaltung seines Hundes hat er nicht wahrgenommen.

      Dass unser Hund von diesem Treffen nicht begeistert war, ist klar, aber warum hat er so heftig reagiert? Weil er sich durch die Anwesenheit und das Auftreten des anderen Hundes provoziert und gleichzeitig überfordert fühlte.

      Da er sich in seinem Revier befand, war in seinen Augen das bedrohliche Verhalten des anderen Hundes eine Herausforderung, die er nicht ignorieren durfte. Als A-Typ denkt er nicht lange nach, sondern handelt impulsiv seinen aktuellen Gefühlen entsprechend. Und die Unsicherheit verstärkt seine Reaktion, so dass sie unangemessen heftig ausfällt. Alltag in deutschen Wohngebieten. Und eigentlich halb so wild, durchaus nachvollziehbar und vor allem auch vermeidbar, wenn man um die Hintergründe Bescheid weiß.

      Unsichere Hunde fühlen sich schneller unwohl, gestresst und überfordert. Das kann sich unterschiedlich auswirken. Es kann zum Beispiel sein, dass ein territorial motivierter und zugleich unsicherer Hund bereits gelernt hat, mit Besuchern im Haus klarzukommen und sich dann normalerweise auch einigermaßen entspannen kann. Diesmal dauert ein Besuch aber ungewöhnlich lange. Ein Verwandter ist aus weiter Ferne angereist und im Gegensatz zur sonstigen Gewohnheit fährt er nicht nach zwei bis drei Stunden wieder weg, sondern er bleibt über Nacht. Das stresst unseren unsicheren Hund dermaßen, dass er am zweiten Tag nach dem Frühstück plötzlich aufspringt und dem Besucher in die Fersen schnappt, als der auf dem Weg zur Toilette ist.

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      Unsicherheit und Aufregung führen oft zu besonders heftigen Reaktionen.

      Auch wenn ein Hund bereits gelernt hat, mit Besuchersituationen umzugehen, darf man den Druck nicht unterschätzen, der unter Umständen auf ihm lastet, wenn er den Wunsch, den Fremden aus seinem Haus zu vertreiben, für längere Zeit zurückdrängt. Impulskontrolle ist nicht in unendlichem Maße vorhanden, irgendwann ist sie aufgebraucht, und dann kann ein kleiner Auslöser das Fass zum Überlaufen bringen. Da Unsicherheit mit Aufregung einhergeht, ist es leicht verständlich, dass unsichere Hunde hier mehr Schwierigkeiten haben als selbstsichere und in sich ruhende Persönlichkeiten.

      Wird aggressives Verhalten besonders schnell und unangemessen heftig gezeigt, dann ist – sofern der Hund körperlich gesund ist – ebenfalls fast immer Unsicherheit mit im Spiel. Unsicheren Hunden kann und sollte man auf jeden Fall helfen, indem man ihnen sowohl Vertrauen in sich selbst vermittelt als auch das Vertrauen in ihre Bezugspersonen und deren Fähigkeiten, sie zu beschützen. Viele der von mir im Praxisteil beschriebenen Tipps sind unter anderem auch gut dafür geeignet, unsicheren Hunden mehr Sicherheit zu geben.

      Manchmal liegt, wie oben beschrieben, eine Mischmotivation vor, in dem Sinne, dass der Hund territorial denkt, aber gleichzeitig auch noch unsicher Fremden gegenüber ist. Hier haben wir zwei Motivationen, die beide zum Ziel haben, den Fremden möglichst schnell wieder aus der Wohnung zu vertreiben, und die sich gegenseitig verstärken. Entsprechend heftig fällt in diesen Fällen die Reaktion des Hundes aus. Das gibt es recht häufig.

      Hin und wieder sieht es aber auch nur so aus, als sei ein Hund territorial motiviert, und in Wirklichkeit ist ausschließlich die Unsicherheit die Ursache seines Verhaltens. Dies habe ich schon häufig bei Hunden gesehen, die generell, auch draußen auf den Spaziergängen, Fremden gegenüber unsicher waren. Meist weichen diese Hunde auf der Straße fremden Menschen aus oder versuchen alternativ, sie durch Gebell und Scheinangriffe von sich fernzuhalten. Manchmal haben sie auch vor anderen Dingen Angst, die ihnen draußen begegnen, z. B. vor bestimmten Geräuschen, Autos oder anderen Hunden. Die Liste kann unter Umständen lang sein.

      Für diese Hunde

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