Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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Hinterwäldler deutend, der ihnen mit seinem Stutzen gefolgt war, »damit du ihnen nicht Reißaus nimmst. Sie haben es sich nun in den Kopf gesetzt, in dir etwas von einem Spion zu sehen. Ei, Reißaus nehmen! Leicht gesagt, aber du würdest sie gleich einer Koppel Hunde hinter dir haben, und sie würden deine Spur beschnaufen und dir nachjagen, und sollte es bis auf den Plattefluß hinaufgehen. Doch komm, lieber Junge, laß dir den Port oder Madeira schmecken, beide sind echt und werden dir deinen jungen Magen nicht verderben. Wir gehen hinüber über den Mississippi, ins obere Militärdepot, und da werden sie 's weitere zu tun wissen. Unsere Leute kommen morgen nach. Wir müssen aber noch heute fort; 's alte Weib will's nun einmal nicht anders, sie hat den Narren an dir gefressen. Sie hat aber recht; ich kann leichter ein Wort einfließen lassen, als wenn die Schlingel alle beisammen sind, obwohl du mir Sorge genug machst; denn heute noch müssen zehn Männer hinüber auf den Coshattaesweg und hinauf an den Redriver und den Natchitoches. Der Teufel trau Euch Briten. So dumm Ihr im ganzen seid, habt Ihr's doch hinter den Ohren sitzen, und wo's auf Euern Vorteil ankommt, da seid Ihr wahre Teufel. – Es könnt' doch sein, daß du mit all deinen beiden Taubenaugen uns einen Pack Indianer übern Hals brächtest.«

      So zutraulich der Anfang gewesen, so wenig schmeichelhaft war der Schluß, und der junge Brite sah den Sprecher betroffen an. Das Mißtrauen, das diese Vorsichtsmaßregel beurkundete, machte ihn stutzen.

      »Und Ihr, ein so gescheiter Mann«, sprach er, »könntet wirklich solches von mir argwöhnen?«

      »Pah!« erwiderte der Squire. »Ich argwöhne nichts und vertraue auf nichts; wir tun bloß, was die öffentliche Sicherheit erfordert. Das tun wir zu unserer eigenen Beruhigung. Schläft sich besser, und unsere Männer gehen mit leichterm Herzen dem Feinde entgegen. Wir haben keine Polizei, wie bei Euch, darum machen wir sie selbst. – Sei übrigens ruhig, und laß dich das nicht anfechten.«

      Die gute Stimmung des gesprächigen Squire, unsers alten Bekannten John Copeland, war durch seine Erwählung zum Major sichtlich um ein bedeutendes erhöht worden, und das Vertrauen seiner Mitbürger in seinen Patriotismus und seinen militärischen Scharfblick kitzelte ihn nicht wenig. Übrigens hatten die sieben Jahre, seit denen wir ihn nicht mehr gesehen, eine vorteilhafte Veränderung in ihm hervorgebracht. Das grob selbstsüchtige Wesen, das früher aus jedem seiner Worte so widerlich hervorblickte, hatte bei größerm Wohlstande einer humanen Behaglichkeit Platz gemacht, der man zwar das Hinterwäldlerische noch immer ansah, das aber eben deshalb um so mehr ansprach. Es war gewissermaßen die alt gewordene Natur eines Hinterwäldlers, an dem Wohlhabenheit, Umgang und Erfahrung eine eigene Spezies von Zivilisation hervorgebracht hatten, die selbständig in jeder Richtung hinwirkte und es sich und andern wohl werden ließ. Er fühlte ganz seine Wichtigkeit; aber dieses Gefühl war nichts weniger als beleidigend für andere. Es hatte nichts vom Wesen des arroganten Herrendieners oder des reich gewordenen Handwerkers oder Trödlers an sich; es war die herzliche, herzhafte Derbheit eines männlichen Geistes, der sich seine Bedeutsamkeit sauer erworben, und die hohe Achtung, in der er bei seinen Mitbürgern stand, durch eine gemeinnützige Tätigkeit verdient hatte, dem das Wohl seines County über alles ging und der für seinen Staat und sein Land alles hingeopfert hätte, den Mund zuweilen etwas zu voll nahm, aber nie Widerwillen erregte, weil alles in ihm natürlich und gewissermaßen dem Boden seines Landes entsprossen war. Der junge Brite fühlte sich augenscheinlich ungemein wohl; er war in den wenigen Stunden ganz heimisch geworden, und die gutmütig spottende Miene, mit der er den sein Land und sein Volk immer und immer wieder preisenden Squire anhörte, hatte diesen so unerschöpflich in seiner Redseligkeit gemacht, daß jener nur selten Gelegenheit fand, ein Wort einzuschalten. Der alte Mann schien seinen Gast, den er bald du, bald Ihr anredete, und der sich oft die Seiten hielt, um nicht vor Lachen zu bersten, gleichfalls sehr liebgewonnen zu haben.

      »Dick,« sprach er, »will auch mit, der Constable; er fürchtet, du möchtest ihm davonlaufen. Er schielt nach unserer Käthe. Kann's nicht begreifen, wie sie ihn nur um sich dulden kann.«

      Der Brite lachte laut auf, und der alte Mann stimmte ihm aus vollem Halse bei.

      »Wohl, junges Blut, komm' nun mit mir in die Dachstube hinauf. Wir wollen Schlag neun Uhr weg, du kannst noch ein paar Stunden Schlafes mitnehmen. Mach' dich bequem und merk' nicht auf die Mädchen,« sagte er, indem er auf ein leeres Bett deutete, das neben dem stand, welches er seinem Gaste anwies, »sie werden noch eine Weile plappern, ehe sie zu schnarchen anfangen.«

      »Aber,« fragte der Jüngling zaudernd, »wer soll denn eigentlich in dieses Bett kommen?«

      »Meine zwei Mädchen, meine Töchter«, versetzte der Squire.

      »Aber«, meinte der Jüngling – und kratzte sich hinterwäldlerisch hinter den Ohren.

      »Aber«, lachte der neue Major – »laß du die nur gehen, die werden dir nichts abbeißen; – mach' du nur keine Sprünge; – sie werden ruhig liegen bleiben. Wir sind hier ein bißchen gedrängt; auf der Pflanzung draußen haben wir aber mehr Platz.«

      »Besorgt nichts«, lachte der junge Mann dem abziehenden Squire nach, noch immer den Kopf über seine Schlafstelle schüttelnd, die von einer zweiten, die zwei frische Mädchen, rund wie Rebhühner im August, aufnehmen sollte, nicht ganz zwölf Zoll entfernt stand.

      Nun erwartete er nur noch die Ankunft der alten Dame, die versprochenermaßen ihm in die neue Robe der Miß Käthe zu verhelfen gedachte. Wahrscheinlich war sie jedoch durch ihren Mann eines Bessern belehrt worden; denn sie kam nicht und unser Abenteurer entschlief.

      *

      »Komm«, rief eine Stimme, nach einem Schlafe, der ihm vermutlich kaum so viele Minuten gedauert zu haben scheinen mochte, als Stunden verflossen waren; und eine Hand rüttelte ihn ziemlich derb.

      Der junge Mann blickte hinüber auf das Bett, aus dem sich eine Hand erhob, der eine Gestalt folgte, die zu derb war, um einem der beiden holden Geschöpfe angehören zu können.

      »Die Mädchen wollten mir absolut nicht herauf. Hätte mir es einbilden können. Und unsere Männer hatten beschlossen, eine Wache hereinzupostieren. Und diesem auszuweichen, habe ich mich selbst heraufgemacht. Doch mache, wir haben einen kleinen Morgenritt von dreißig bis vierzig Meilen, der uns vollauf zu tun geben wird.«

      »Meine Toilette ist fertig«, war die Antwort.

      »Wohl, lieber Hodges«, redete ihn die Frau an, die, von ihren Töchtern umgeben, die beiden noch mit einem Imbiß erwartete.

      »Macht Euch zuerst warm und übereilt Euch nicht. Hier sind ein Paar Schuhe und Strümpfe, die Euch in der kalten Nachtluft not tun werden, Käthe und Mary haben das übrige.«

      Käthe hielt eine Wolldecke in der Hand, und Mary war mit dem Hute ihres Vaters beschäftigt.

      »Was soll denn das wieder?« fragte der Squire.

      »Je nun, du brauchst doch einen Federbusch als Major. Sie hat allen Hühnern und Hähnen die Federn ausgerissen. – Und nun, lieber Hodges,« fuhr sie fort, »vergeßt nicht und seid hübsch munter drüben. Wer Euch so ansieht, kann unmöglich Arges denken. Laßt Euch nichts weismachen drüben. Sie sind nicht mehr als Ihr seid, obwohl sie gewaltig steif und stolz tun, weil sie reich sind. Und wenn Ihr glücklich davonkommt, und es geht Euch im alten Lande krumm, kommt zu uns. Es soll Euch nicht reuen.«

      Die wackere Hinterwäldlerin sah ihm so freundlich ins Gesicht, daß dem Jünglinge der Abschied schwer zu werden begann.

      »Nimm an, Junge, was sie dir sagt,« sprach der Squire; »sie hat vieles erlebt und wahrlich in Ehren.«

      »Und hier hat Mary an ihren Bruder geschrieben, der drüben bei Mister Parker Aufseher seiner Pflanzung

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