Gesammelte Werke. Джек Лондон
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Nach einer Weile stellte das Schneehuhn den Kampf ein. Das Wölflein hielt immer noch an dem Flügel fest, und beide lagen auf der Erde und schauten einander an. Es versuchte, grimmig zu knurren. Da gab ihm jenes mit dem Schnabel einen Hieb auf die Nase, die von den früheren Abenteuern noch schmerzte. Es krümmte sich vor Schmerz, doch hielt es fest, allein das Schneehuhn hieb immer wieder nach ihm. Wieder krümmte es sich und winselte, dabei versuchte es rückwärts auszuweichen, vergaß jedoch, daß es, wenn es festhielte, das Schneehuhn nach sich zöge. Immer dichter hagelten die Hiebe auf seine schmerzende Nase herab. Die Kampfeslust verging ihm, es ließ die Beute fahren, drehte ihr den Rücken und rannte in schmachvollem Rückzuge quer über die Lichtung.
Auf der andern Seite legte es sich am Rande des Gebüsches nieder. Die Zunge hing ihm aus dem Halse, seine Brust hob und senkte sich keuchend, und es winselte, da die Nase noch immer wehe tat. Wie es so dalag, überkam es plötzlich das Gefühl, als ob etwas Schreckliches hereinbräche. Das Unbekannte mit all seinen Schrecken stürmte wieder auf es ein, und instinktmäßig kroch es in den Schutz des Gebüsches. Da traf es ein heftiger Luftzug, ein großer, beschwingter Habicht war vom blauen Himmel herabgestoßen und hatte es nur um Haaresbreite verfehlt.
Während es im Gebüsch lag, sich von dem Schreck erholte und furchtsam umblickte, flatterte das Schneehuhn aus dem verwüsteten Nest gegenüber heraus. Vertieft in seinen Verlust achtete es nicht auf den beschwingten Pfeil des Himmels. Aber das Wölflein sah alles – und es war ihm eine Lehre und eine Warnung –, es sah das rasche Niedersausen des Habichts, sah, wie er den Boden mit dem Körper streifte, die Fänge in das Schneehuhn schlug, es hörte den Schmerzensschrei desselben und sah den Habicht in die blaue Luft emporsteigen und das Schneehuhn mit sich forttragen.
Es dauerte lange, bis das Wölflein sein Versteck verließ. Es hatte viel gelernt. Lebendiges war Beute und schmeckte gut, aber, wenn es groß war, konnte es auch Schmerzen verursachen. Darum war es besser, kleine Geschöpfe wie Schneehuhnjunge zu verzehren, und die großen in Ruhe zu lassen. Dennoch fühlte es den Stachel des Ehrgeizes und den heimlichen Wunsch, noch einmal den Kampf mit dem Schneehuhn zu wagen, nur hatte der Habicht es fortgetragen. Vielleicht aber gab es noch mehr zu erleben. Es wollte hingehen und sehen.
Es kam den sanften Abhang zum Flusse hinunter. Nie zuvor hatte es eine Wasserfläche gesehen. Das sah gut aus zum Gehen, es war glatt und hatte keine Unebenheiten. Es trat kühn darauf, aber sogleich ging es unter und schrie vor Angst, denn von neuem hielt das Unbekannte es umklammert. Das Wasser war kalt und das Wölflein schnappte keuchend nach Luft, denn statt der Luft, die es sonst geatmet hatte, hatte ihm Wasser die Lungen gefüllt, und es hatte das Gefühl des Erstickens, was für es Tod bedeutete. Zwar kannte es nicht den Tod, aber wie jedes Tier der Wildnis hatte es eine instinktmäßige Furcht vor dem Tode, der für es der höchste aller Schmerzen war. Denn der Tod war das eigentliche Unbekannte, die Summe all seiner Schrecken, das höchste, gar nicht auszudrückende Unglück, das ihm passieren konnte, wovon es zwar nichts wußte, wovon es aber alles fürchtete.
Es kam wieder an die Oberfläche, und die sanfte Luft strömte ihm in den geöffneten Mund. Es ging nicht wieder unter, sondern wie aus alter Gewohnheit arbeitete es mit allen Vieren und schwamm. Das Ufer, von dem es gekommen, war kaum einen Meter weit entfernt, aber es lag hinter ihm, und so schwamm es nach dem gegenüberliegenden, das ihm vor Augen lag. Das Flüßchen war nur schmal, aber es bildete hier ein Becken von etwa zwanzig Fuß Breite.
Mitten im Wasser ergriff es die Strömung und zog es stromabwärts in eine winzige Stromschnelle unterhalb des Beckens. Hier war wenig Aussicht auf Schwimmen, denn das bisher ruhige Wasser wurde auf einmal ganz toll. Es drehte es bald auf den Rücken, bald auf den Bauch, es hielt es immer in heftiger Bewegung und schleuderte es bald gegen einen Stein, bald gegen einen Felsen, wobei das Wölflein jedesmal kläglich aufschrie. Die ganze Fahrt war eine Reihenfolge solch kläglicher Schreie, was auf eine große Anzahl Steine schließen ließ. Unterhalb der Stromschnelle befand sich wieder ein Becken, und hier wurde es durch die kreisende Bewegung des Wassers ans Ufer getragen und sanft auf ein Kieslager gebettet. Es kroch in wahnsinniger Angst von dem Wasser hinweg und legte sich nieder. Es hatte von der Welt etwas mehr kennen gelernt. Das Wasser war zwar nicht lebendig, aber es bewegte sich dennoch. Es sah so fest aus wie die Erde und besaß doch keine Festigkeit. Also waren die Dinge nicht immer das, was sie schienen. Zwar war seine Furcht vor dem Unbekannten nur ererbtes Mißtrauen, doch nun durch die Erfahrung verstärkt. Darum mußte man fortwährend gegen den Schein auf der Hut sein. Man mußte die Beschaffenheit eines Dinges erst kennen lernen, ehe man sich darauf verlassen konnte.
Noch ein Abenteuer war ihm für diesen Tag vorbehalten. Es fiel ihm plötzlich ein, daß es eine Mutter habe, und das Gefühl überkam es, daß es sie mehr als irgend etwas in der Welt herbeiwünschte. Nicht nur war sein Körper von all den durchlebten Abenteuern ermattet, sondern sein kleines Hirn war auch müde. Nie zuvor hatte es in seinem ganzen Leben so schwer gearbeitet wie an diesem einen Tage. Auch schläferte es, also machte es sich auf, zur Höhle und zur Mutter zurückzukehren, da das Gefühl der Einsamkeit und Hilflosigkeit es zu überwältigen begann.
Es schritt breitbeinig zwischen den Büschen dahin, als es einen scharfen, drohenden Schrei vernahm. Etwas Gelbliches schoß blitzschnell an seinen Augen vorüber, und es sah ein Wiesel hinwegspringen. Da es nur ein kleines Geschöpf war, so hatte es keine Furcht. Dann erblickte es dicht vor seinen Füßen ein noch viel kleineres Wiesel, ein nur einige Zoll langes Junges, das ebenso ungehorsam wie das Wölflein auch auf Abenteuer ausgegangen war. Es versuchte zu fliehen, und der junge Wolf drehte es mit der Pfote um und um. Es gab drollige, schrille Töne von sich, als abermals der gelbliche Blitz vor den Augen des Wölfleins vorüberschoß. Abermals hörte es den drohenden Schrei, empfing zu gleicher Zeit einen heftigen Schlag am Halse und fühlte die scharfen Zähne der Wieselmutter in seinem Fleische.
Das Wölflein schrie gellend auf und kroch rückwärts, während es sah, wie das Wiesel auf das Junge zusprang und im nahen Dickicht verschwand. Der Biß am Halse schmerzte, aber tiefer noch war es in seinen Gefühlen verletzt, und es setzte sich hin und winselte kläglich. Das Wiesel war doch nur so klein, und dennoch war es so wild. Das Wölflein hatte noch zu lernen, daß ein Wiesel trotz seiner Kleinheit und seines geringen Gewichtes der blutdürstigste, rachsüchtigste und schrecklichste Mörder der Wildnis ist; und diese Erkenntnis sollte ihm bald zuteil werden.
Es winselte noch, als die Wieselmutter wieder erschien. Sie schoß diesmal nicht auf den Feind los, da ihr Junges in Sicherheit war. Sie näherte sich ihm vorsichtig, und das Wölflein hatte Zeit, den dünnen, schlangenartigen Leib und den hocherhobenen spitzen, ebenfalls schlangenhaften Kopf zu betrachten. Das durchdringende, drohende Geschrei des Wiesels machte, daß dem Wölflein das Haar zu Berge stand, und es knurrte warnend. Aber das Wiesel kam immer näher, endlich machte es einen Satz, schneller als das ungeübte Auge des Wölfleins demselben folgen konnte, und der dünne, gelbe Körper, der einen Augenblick seinen Augen entschwunden war, hing im nächsten ihm an der Kehle, wo die Zähne desselben sich durch sein Fell tief ins Fleisch bohrten.
Zuerst knurrte das Wölflein und setzte sich zur Wehr, aber es war noch sehr jung, und dies war sein erster Tag draußen in der Welt, und so wurde das Knurren zum Gewinsel, und der Kampf endigte in einem Fluchtversuch. Doch das Wiesel ließ nicht locker; es hielt fest und mühte sich, mit den Zähnen die große Schlagader zu erreichen, wo das