Gesammelte Werke. Джек Лондон
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»Es ist zu ärgerlich. Aber verdient hat er's eigentlich!« versetzte Scott rasch.
Matt hatte den Fuß erhoben, um Wolfsblut einen Tritt zu versetzen. Ein Sprung, ein Aufblitzen der Zähne, ein scharfer Schmerzensschrei, und Wolfsblut zog sich, fürchterlich knurrend, mehrere Meter weit zurück, während Matt sich bückte und das gebissene Bein untersuchte.
»Er hat mich ganz ordentlich gepackt,« verkündete er und deutete auf die zerrissene Hose und das ebenfalls zerrissene Unterzeug, das sich rot färbte.
»Ich sagte Ihnen ja, es ist hoffnungslos mit ihm, Matt,« seufzte Scott. »Ich habe mir die Sache immer wieder überlegt, denn ich konnte den Gedanken nicht loswerden. Aber nun ist es so weit gekommen. Es ist das einzige, was man tun kann.«
Bei diesen Worten zog er langsam den Revolver heraus und untersuchte die Ladung.
»Sehen Sie, Herr Scott,« entgegnete Matt, »der Hund hat letzthin ein Leben wie in der Hölle geführt. Da können Sie doch nicht erwarten, daß er weiß und leuchtend wie ein Engel daraus hervorgehen sollte. Geben Sie ihm doch nur Zeit!«
»Aber sehen Sie doch Major an,« versetzte der andere.
Der Hundetreiber blickte auf den verletzten Hund, der in den blutigen Schnee hingesunken war und offenbar in den letzten Zügen lag.
»Ihm geschah recht. Das sagten Sie ja selbst, Herr Scott. Er versuchte, Wolfsblut das Fleisch wegzunehmen, und dafür machte der ihn mausetot. Das war nicht anders zu erwarten. Ich möchte nicht soviel,« und er schnippte mit den Fingern, »für einen Hund geben, der nicht sich und sein Futter verteidigt.«
»Aber Sie selber, Matt! Es ist ja alles recht schön und gut, was die Hunde betrifft, aber dies Ihnen gegenüber ist doch ein bißchen zu weit gegangen.«
»Mir geschah ganz recht,« entgegnete Matt eigensinnig. »Wozu mußte ich ihm auch den Fußtritt geben! Sie sagten selber, er wäre im Recht gewesen, dann war ich also im Unrecht, ihn mit dem Fuß zu stoßen.«
»Es wäre nur eine Barmherzigkeit, wenn man ihn totmachte,« beharrte Scott. »Er ist doch nicht zu zähmen.«
»Na, sehen Sie, Herr Scott, geben Sie erst dem armen Teufel eine Gelegenheit, sich zu zeigen. Er hat ja noch gar keine gehabt. Er kommt wie aus der Hölle, und dies ist das erstemal, daß er in Freiheit ist. Versuchen Sie es noch einmal mit ihm, und wenn er wieder nichts taugt, dann will ich selber ihn töten. Ja?«
»Gott weiß, ich will seinen Tod nicht,« erwiderte Scott, indem er den Revolver einsteckte. »Wir wollen ihn frei herumlaufen lassen und sehen, was Güte bei ihm tun kann, und ich will gleich den Anfang damit machen.«
Er ging zu Wolfsblut hin und fing an, ihm leise und freundlich zuzusprechen.
»Nehmen Sie aber einen Stock mit,« riet Matt.
Scott schüttelte den Kopf und fuhr fort, um Wolfsbluts Zutrauen zu werben. Aber dieser traute dem Frieden nicht. Ihm drohte etwas. Hatte er nicht den Hund dieses Herrn getötet, seinen Gefährten gebissen, was konnte er da anders als eine schreckliche Strafe erwarten? Allein gegen eine solche erhob er sich im Zorn. Sein Haar sträubte sich und mit gespanntem Auge und kampfbereitem Körper ließ er den Mann ganz nahe kommen, da derselbe keinen Stock hatte. Und da kam auch schon die Hand und senkte sich langsam auf seinen Kopf herab. Wolfsblut kauerte in sich zusammen, aber er blieb sprungbereit, als er sich bückte. Hier drohte Gefahr, Verräterei oder Ähnliches. Er kannte die Hände der Menschen, wie geschickt, wie schlau sie im Wehetun waren. Er knurrte drohender, während er sich tiefer bückte, aber die Hand kam näher. Er wollte nicht beißen, er ertrug bis aufs äußerste die drohende Gefahr, bis der Instinkt, das unstillbare Verlangen zum Leben, die Oberhand gewann.
Weedon Scott hatte geglaubt, daß er den Biß rasch genug vermeiden könnte, doch er sollte erst die erstaunliche Schnelligkeit Wolfsbluts kennen lernen, der so flink und so sicher wie eine Schlange biß. Scott schrie überrascht auf, indem er die verletzte Hand mit der andern ergriff, und Matt stieß einen derben Fluch aus, als er an seine Seite sprang. Wolfsblut schritt geduckt rückwärts, zähnefletschend und mit bösem, drohendem Blick, denn nun konnte er so fürchterliche Prügel erwarten, wie er sie je von dem schönen Schmitt erhalten hatte.
»Matt, was machen Sie da?« rief Scott plötzlich aus. Matt war ins Haus gestürzt und kam mit einer Büchse heraus.
»Nichts,« antwortete er langsam und mit erheuchelter Ruhe, »ich will nur das ausführen, womit ich vorhin gedroht habe. Ich denke, ich schieße ihn tot.«
»Nein, das sollen Sie nicht.«
»Ich werde es doch! Passen Sie auf.«
Allein wie Matt vorhin für Wolfsblut gebeten hatte, so plädierte für ihn jetzt Weedon Scott.
»Sie haben doch selber gesagt, wir müßten ihm Zeit lassen, und das müssen wir tun. Wir haben doch erst einen Anfang gemacht und können nicht gleich die Geduld verlieren. Auch hatte ich es diesmal verdient, und – aber sehen Sie doch nur das an!«
Wolfsblut stand dicht an der Ecke des Blockhauses, in einer Entfernung von etwa vierzig Fuß, und knurrte fürchterlich, doch nicht gegen Scott, sondern gegen den Hundetreiber gewendet.
»Na, da hol' einen doch gleich der Henker!« rief dieser erstaunt aus.
»Sehen Sie nur, wie klug er ist,« versetzte Scott hastig. »Er kennt die Feuerwaffen ebenso gut wie Sie und ich. Er hat Verstand, und wir müssen ihm Zeit lassen. Stellen Sie einmal die Flinte weg.«
»Na schön, das will ich,« sagte Matt bereitwillig, indem er die Büchse an einen Holzstoß lehnte.
»Aber sehen Sie sich das nur an!« rief er im nächsten Augenblick aus, denn Wolfsblut hatte sich beruhigt und knurrte nicht mehr. »Dies ist der Mühe wert, näher untersucht zu werden. Passen Sie einmal auf.« Er griff nach der Büchse, und im selben Augenblick zeigte Wolfsblut die Zähne. Dann trat er von derselben zurück, und sogleich senkten sich die Lippen und die Zähne verschwanden. »Jetzt, bloß zum Spaß.«
Matt ergriff die Büchse und hob sie langsam zur Schulter empor. Sogleich begann Wolfsblut zu knurren und immer lauter, je länger das Manöver dauerte. Allein kurz bevor die Büchse schußbereit war, sprang er zur Seite und verschwand hinter der vorspringenden Ecke des Blockhauses. Matt starrte auf den Schnee, wo Wolfsblut soeben gestanden hatte. Dann stellte er feierlich die Büchse weg und blickte seinen Brotherrn an.
»Ich bin Ihrer Meinung, Herr Scott. Der Hund ist viel zu klug, um totgemacht zu werden.«
6. Kapitel. Der Gebieter
Wolfsbluts Haar sträubte sich, als er sah, daß Weedon Scott sich ihm näherte, und er knurrte, um anzukündigen, daß er sich keiner Strafe gutwillig unterwerfen wolle. Vierundzwanzig Stunden waren vergangen, seitdem er die Hand des Herrn gebissen hatte, die nun verbunden in der Schlinge hing. Früher war es ihm passiert, daß Strafen aufgeschoben worden waren, und er fürchtete, es könne auch jetzt geschehen. Konnte es auch anders sein? Er hatte einen Frevel