Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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      Im späten Frühling brach ein großer Kummer über Wolfsblut herein. Ohne eine Ankündigung, ohne eine Warnung verschwand plötzlich der Gebieter. Zwar hatte es Anzeichen gegeben, aber Wolfsblut verstand dieselben nicht; er wußte nicht, was das Packen eines Handkoffers bedeutete. Späterhin erinnerte er sich, daß ein solcher Vorgang dem Verschwinden des Herrn vorangegangen war, aber vorderhand hatte er noch keine Ahnung davon. In der ersten Nacht wartete er vergeblich auf die Rückkehr des Herrn. Der kalte Wind trieb ihn um Mitternacht, eine geschützte Stelle hinter dem Blockhaus aufzusuchen. Dort verfiel er in einen unruhigen Schlummer, indem er mit gespitzten Ohren auf den ersten Ton der bekannten Fußtritte lauschte. Allein zwei Stunden später trieb ihn die ängstliche Sorge wieder nach vorn, wo er sich auf die kalten Stufen legte, um zu warten.

      Doch der Herr kam nicht. Am Morgen öffnete sich die Tür, und Matt erschien. Wolfsblut blickte ihn fragend an. Allein es gab keine Sprache, wodurch die beiden sich verständigen und wodurch er erfahren konnte, was er wissen wollte. Die Tage kamen und gingen, aber der Herr erschien nicht. Wolfsblut, der nie Krankheit gekannt hatte, fing an zu kränkeln, ja, er wurde so schwach, daß Matt ihn ins Blockhaus nehmen mußte. Darum widmete dieser, als er einst an seinen Brotherrn schrieb, Wolfsblut eine Nachschrift, und Weedon Scott las in Circle Town folgendes: »Der verdammte Wolf will nicht arbeiten. Frißt auch nicht mehr. Hat gar keinen Lebensmut. All die andern Hunde kriegen ihn unter. Er weiß nicht, was aus Ihnen geworden ist, und ich kann es ihm nicht beibringen. Am Ende stirbt er noch!«

      Ja, Wolfsblut hatte Appetit und Lebensmut verloren, und die Gespannhunde fürchteten ihn nicht mehr. Er lag im Blockhause nahe am Ofen auf dem Boden, ohne sich um sein Futter, um Matt und alles rings um ihn her zu kümmern. Ob Matt freundlich zu ihm sprach oder über ihn fluchte, das war ihm alles eins. Höchstens wendete er die trüben Augen nach ihm hin, ließ aber dann den Kopf wieder auf die Vorderpfoten sinken.

      Eines Abends jedoch als Matt die Lippen bewegend und leise murmelnd für sich las, überraschte ihn ein leises Gewinsel, das Wolfsblut ausstieß. Dieser hatte sich aufgerichtet, und, den Kopf nach der Tür gewendet, lauschte er aufmerksam. Einen Augenblick später hörte auch Matt Fußtritte. Die Tür öffnete sich, und Weedon Scott trat ein. Die beiden Männer schüttelten sich die Hände, dann blickte sich Scott um.

      »Wo ist Wolfsblut?« fragte er.

      Der aber stand an derselben Stelle, wo er gelegen hatte, nahe am Ofen. Er stürzte nicht wie andere Hunde vorwärts, sondern wartete.

      »Gott im Himmel!« rief Matt aus. »Sehen Sie doch nur, er wedelt ja mit dem Schwanze.«

      Weedon Scott machte ein paar Schritte auf ihn zu und rief ihn. Wolfsblut kam heran, doch nicht mit einem Satze, wenn auch schnell. Er war linkisch und verlegen, doch seine Augen hatten einen seltsamen Ausdruck. Etwas wie ein unsagbar großes und tiefes Gefühl stieg darin empor und leuchtete mit hellem Glanze daraus.

      »So hat er mich die ganze Zeit, als Sie weg waren, nie angesehen,« erklärte Matt.

      Weedon Scott hörte nicht auf ihn. Er hockte auf den Fersen, so daß er Wolfsblut Aug' in Auge anblicken konnte, und liebkoste ihn, indem er ihm die Ohren kraute, ihm Nacken und Schultern streichelte und ihm sanft auf den Rücken klopfte. Wolfsblut grollte als Antwort, und die kosende Note war deutlicher als je vernehmbar. Aber dies war noch nicht alles. In der hohen Freude fand die große Liebe, die in ihm emporquoll und nach Ausdruck rang, einen neuen Ausweg, um sich kundzutun. Plötzlich streckte er den Kopf vor und steckte ihn unter den Arm des Herrn tief, tief hinein, so daß nichts weiter als die Ohren zu sehen waren, und nun grollte er nicht mehr, sondern schmiegte sich nur immer tiefer hinein. – Die beiden Männer blickten einander an, und in Scotts Augen schimmerte es feucht.

      »Donnerja!« sagte Matt leise und fast ehrfurchtsvoll. Dann, als er sich von seinem Staunen erholt hatte, setzte er hinzu: »Ich hab' es ja immer gesagt, der Wolf ist eigentlich ein Hund, und nun sehen Sie es ja selbst.«

      Von dem Augenblick an, da der Gebieter zurückgekehrt war, erholte sich Wolfsblut rasch. Zwei Nächte und einen Tag blieb er noch drinnen, dann rannte er hinaus. Die Schlittenhunde hatten seinen Mut und seine Stärke vergessen und erinnerten sich nur noch seiner Schwäche und Krankheit. Als sie ihn aus dem Blockhaus kommen sahen, stürzten sie über ihn her.

      »Wie die Verrückten!« murmelte Matt, der in der Tür stand und lächelnd zuschaute. »Nimm sie, Wolf! Gib es ihnen ordentlich!«

      Aber Wolfsblut brauchte keine Ermutigung. Die Rückkehr des Gebieters hatte ihm neuen Lebensmut eingeflößt. Er raufte sich aus reiner Freude, denn er fand darin einen Ausdruck dessen, was ihn erfüllte, und was sonst keinen Ausweg fand. Das Ende vom Liede war, daß die Hunde einen schmachvollen Rückzug einschlugen und erst nach Dunkelwerden einzeln zurückgeschlichen kamen und demütig und unterwürfig ihren Gehorsam bezeigten.

      Nachdem Wolfsblut gelernt hatte, den Kopf unter den Arm des Herrn zu schmiegen, machte er sich dessen oft schuldig. Es war seine höchste Liebkosung, alles was er geben konnte. Sein Kopf war dasjenige gewesen, was er immer eifersüchtig behütet hatte. Er hatte es nie gemocht, daß derselbe berührt wurde. Das war noch die Wildnis in ihm, die Furcht vor der Falle gewesen, daß er sich jeder Berührung desselben wie wahnsinnig widersetzt hatte. Der Instinkt hatte ihm zugeflüstert, daß der Kopf frei bleiben müßte. Jetzt war dies Verbergen des Kopfes unter dem Arm des Gebieters eine überlegte Handlung, durch die er sich in eine völlig hilflose Lage brachte. Es war der Ausdruck vollkommenen Vertrauens, gänzlicher Hingabe, wie wenn er damit sagen wollte: »Ich gebe mich in deine Hand, mache mit mir, was du willst.«

      Eines Abends, nicht lange nach Scotts Heimkehr, saß dieser mit Matt vor dem Zubettegehen beim Kartenspiele. Matt zählte gerade die Stiche, als draußen ein gellender Schrei, von einem lauten Knurren gefolgt, ertönte. Die beiden Männer blickten sich an und sprangen auf.

      »Wolf hat einen gepackt!« rief Matt aus.

      Ein wilder Schrei, wie der eines Menschen in Todesangst, beschleunigte ihre Schritte.

      »Bringen Sie Licht!« rief Scott, während er hinauseilte. Matt folgte mit der Lampe, und bei ihrem Schein sah er einen Menschen im Schnee auf dem Rücken liegen. Er hatte das Gesicht und den Hals mit den Armen bedeckt, um sich vor Wolfsbluts Zähnen zu schützen, was auch notwendig war, denn dieser versuchte immer wieder, ihm an die Kehle zu kommen. Der Ärmel des Rockes sowie der blauen Unterjacke aus Flanell und der des Hemdes waren in Fetzen gerissen und die Arme schrecklich zerbissen und blutüberströmt. Dies alles sahen die beiden Männer in einem Augenblick, und im nächsten hatte Weedon Scott Wolfsblut an der Kehle gepackt und zerrte ihn hinweg. Wolfsblut widersetzte sich zwar, machte jedoch keinen Versuch zu beißen und beruhigte sich auf ein scharfes Wort des Herrn hin schnell.

      Matt half dem Manne auf. Als dieser auf den Beinen stand und die Arme sinken ließ, kam das bestialische Antlitz des schönen Schmitt zum Vorschein. Der Hundetreiber ließ ihn geschwind los, wie wenn er Feuer angefaßt hätte. Schmitt schaute mit zwinkernden Augen in das Licht und blickte dann um sich. Als er Wolfsblut erblickte, schoß ihm ein jäher Schreck ins Gesicht. In dem Augenblick bemerkte Matt zwei Gegenstände, die im Schnee lagen. Er leuchtete mit der Lampe dahin und wies mit dem Fuße darauf. Es war eine stählerne Kette und ein derber Knüttel. Auch Weedon Scott sah die Sachen und nickte. Kein Wort wurde dabei gesprochen, nur die Hand legte der Hundetreiber dem schönen Schmitt auf die Schulter und drehte ihn rechts um. Schmitt verstand den Wink und machte sich aus dem Staube.

      Unterdessen streichelte der Gebieter Wolfsblut und sprach zu ihm. »Der wollte versuchen, dich zu stehlen, he? Und du wolltest das nicht zulassen? Ja ja, der hat sich geirrt, nicht wahr?«

      Fünfter Teil

      

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