Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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bevor.

      Der Mann setzte sich einige Fuß weit von ihm entfernt nieder. Das sah allerdings nicht gefährlich aus. Wenn die Menschen straften, so standen sie aufrecht, auch hatte dieser weder Stock, noch Peitsche, noch ein Gewehr. Er selber aber war frei; keine Kette, keine Fessel hinderte ihn. Er konnte sich in Sicherheit bringen, ehe der andere sich auf die Füße stellte. Mithin wollte er abwarten und zusehen. Als Scott ruhig dasaß und keine Bewegung machte, verwandelte sich Wolfsbluts Knurren langsam in Grollen, das tief unten aus der Kehle heraufklang. Dann fing der Mann an zu sprechen und beim ersten Ton der Stimme schoß das Grollen im Halse empor und das Haar auf Wolfsbluts Nacken richtete sich auf. So grollte Wolfsblut eine Zeitlang im Takt mit der Stimme des Mannes. Aber diese redete ohne Aufhören und so, wie noch nie jemand zu Wolfsblut gesprochen hatte. Es klang sanft und so freundlich, daß Wolfsblut davon irgendwo in seinem Innern angenehm berührt wurde. Unwillkürlich fing er an, trotz der scharfen Warnungen des Instinkts zu diesem Manne Vertrauen zu fassen. Er hatte ein Gefühl der Sicherheit, das die Erfahrungen, die er bisher mit den Menschen gemacht hatte, Lügen strafen mußte.

      Das währte eine lange Weile, dann stand Scott auf und ging ins Haus hinein. Als er herauskam, betrachtete Wolfsblut ihn scheu und prüfend. Er hatte weder Peitsche, noch Stock, noch irgend eine Waffe bei sich. Auch war die gesunde Hand nicht auf dem Rücken versteckt. Er setzte sich auf denselben Fleck, nur wenige Schritte von Wolfsblut entfernt, nieder und hielt ihm ein Stückchen Fleisch hin. Wolfsblut spitzte die Ohren und besah es mißtrauisch, indem er Scott nicht aus den Augen ließ. Er war auf einen Angriff gefaßt, denn sein ganzer Körper war gespannt und auf das erste Zeichen einer Feindseligkeit sprungbereit. Doch die Züchtigung kam immer noch nicht. Scott hielt ihm immer nur das Stück Fleisch vor die Nase, an dem nichts Unrechtes zu sein schien. Dennoch blieb Wolfsblut argwöhnisch, obgleich ihm das Fleisch mit einladender Handbewegung dargeboten wurde. Die Menschen waren so schlau, man konnte nie wissen, was hinter solch einem harmlosen Stückchen Fleisch lauerte! Er dachte an frühere Erfahrungen, besonders mit Indianerinnen, wobei ein Stückchen Fleisch und eine Züchtigung in merkwürdig nahem Zusammenhang gestanden hatten.

      Endlich warf Scott das Fleisch dicht vor Wolfsbluts Füße auf den Schnee hin. Wolfsblut beroch es sorgfältig, ohne ein Auge von dem Manne zu wenden. Da ihm nichts passierte, verschlang er den Bissen. Wieder geschah nichts, als daß noch ein Stück Fleisch ihm hingehalten wurde, und da er sich wieder weigerte, es zu nehmen, wurde es abermals hingeworfen. Das wiederholte sich mehrere Male. Endlich aber kam der Augenblick, wo Scott sich weigerte, ihm das Fleisch hinzuwerfen, und es ihm in der Hand hinreichte. Das Fleisch schmeckte gut, und Wolfsblut war hungrig. Schritt für Schritt mit unendlicher Vorsicht näherte er sich der Hand. Zuletzt mußte er sich dazu entschließen, das Fleisch zu nehmen, aber er ließ den Mann nicht aus den Augen und streckte den Kopf mit zurückgelegten Ohren und gesträubtem Nackenhaar vor, während ein leises Grollen als Warnung aus seiner Kehle emporstieg. Er verzehrte das Fleisch, ein Stück nach dem andern, ohne daß eine Züchtigung kam. Dann leckte er sich das Maul und wartete, während Scott zu ihm redete. Die Stimme war gütig, es lag etwas darin, wovon Wolfsblut noch keine Erfahrung gehabt hatte, und sie erweckte in ihm Empfindungen, die er noch nicht gekannt hatte. Es überkam ihn eine seltsame Zufriedenheit, es war, als ob ein Mangel in seinem Innern befriedigt, eine Leere in ihm ausgefüllt würde. Dann wurde jedoch die Stimme des Instinkts in ihm laut und erinnerte ihn an frühere Erfahrungen. Die Menschen waren so klug! Sie erreichten auf so überraschende Weise ihren Zweck!

      Aha! Da war es, was er gefürchtet hatte! Da streckte sich die Hand, die so listig Schmerzen austeilen konnte, aus und senkte sich auf seinen Kopf herab. Dabei redete aber der Mann immer noch weiter, und die Stimme klang sanft und vertrauenerweckend. Gefühle widerstreitender Art bemächtigten sich Wolfsbluts; einerseits beruhigte die Stimme trotz der drohend erhobenen Hand, andrerseits flößte die Hand Mißtrauen ein trotz der sanften Stimme. So furchtbar war der Streit der in ihm tobenden Empfindungen, die um die Oberherrschaft rangen, daß ihm zumute war, als müßte er in Stücke gehen. Am Ende wählte er den Mittelweg; er knurrte, er sträubte das Haar, er legte die Ohren zurück, aber er biß nicht und sprang auch nicht fort. Die Hand kam immer näher, jetzt berührte sie die Spitzen der zu Berge stehenden Haare. Er duckte sich, aber die Hand folgte ihm und preßte sich dicht an ihn. Bebend, fast schaudernd, bezwang er sich. Die Berührung war ihm eine Qual, denn sie tat seinem Instinkt Gewalt an. Nicht an einem Tage konnte er all das Böse vergessen, das Menschenhände ihm angetan hatten. Aber es war der Wille dieses neuen Herrn, und er zwang sich zur Unterwerfung. Dann erhob sich die Hand und senkte sich wieder und klopfte ihn liebkosend. Dies dauerte eine Weile, aber jedesmal, wenn sie sich emporhob, richtete sich das Haar darunter empor, und wenn sie sich herabsenkte, legten sich die Ohren zurück und stieg ein Grollen röchelnd aus der Kehle herauf. Dies Grollen war eine Warnung. Es kündigte an, daß jeder ihm zugefügte Schmerz heimgezahlt werden würde, denn nie konnte man wissen, wann die Absichten eines Menschen sich enthüllten. Die sanfte, Vertrauen weckende Stimme konnte plötzlich in ein Wutgebrüll ausbrechen, die weiche, liebkosende Hand sich in den Griff eines Schraubstockes verwandeln und ihn hilflos der Züchtigung preisgeben!

      Aber Scott sprach freundlich weiter, und die Hand hob und senkte sich immer wieder und klopfte ihn liebkosend. Wolfsbluts Empfindungen waren zwiespältiger Natur, denn seinem Instinkt war es unbehaglich, daß er geliebkost wurde, da es seine persönliche Freiheit beschränkte, andrerseits war die Liebkosung angenehm, ja, als das Klopfen sich langsam in ein Kraulen der Ohren verwandelte, war es ein wirkliches, körperliches Vergnügen. Dennoch blieb er auf der Hut, indem er eine ungeahnte Bosheit fürchtete und litt und freute sich abwechselnd, je nachdem ein oder das andere Gefühl die Oberhand gewann.

      »Na, da soll doch gleich ein Donnerwetter dreinschlagen!«

      Also sprach Matt, der mit aufgekrämpten Ärmeln eine Schüssel mit Aufwaschwasser in der Hand aus dem Blockhaus kam, und bei dem Anblick des Wolfsblut streichelnden Weedon Scott das Ausgießen des schmutzigen Wassers vergaß. Bei dem Ton der Stimme sprang Wolfsblut zurück und knurrte den Mann grimmig an.

      »Wenn Sie's nicht übelnehmen, daß ich meine Meinung so frei heraussage, Herr Scott, so erlaube ich mir zu behaupten, daß Sie ein verdammt närrischer Kauz sind.«

      Weedon Scott lächelte überlegen, stand auf und trat dicht an Wolfsblut heran. Er sprach sanft zu ihm, aber nicht sehr lange und legte dann langsam die Hand auf Wolfsbluts Kopf, indem er ihn wieder streichelnd liebkoste. Wolfsblut ließ es geschehen, heftete die Augen jedoch mißtrauisch nicht auf den ihn tätschelnden Mann, sondern auf den andern, der noch in der Türe des Blockhauses stand.

      »Sie mögen wohl Ihre Sache bei den Goldgruben aus dem Grunde verstehen,« ließ sich der Hundetreiber weiter vernehmen, »aber Ihren eigentlichen Lebensberuf haben Sie doch verfehlt, als Sie in der Jugend nicht wegliefen und als Tierbändiger in einen Zirkus eintraten.« Diesmal knurrte wohl Wolfsblut wieder, aber er sprang nicht unter der Hand weg, die ihm Kopf und Rücken mit langen Strichen liebkoste.

      Dies war für Wolfsblut der Anfang vom Ende seines alten Lebens und der Herrschaft des Hasses. Ein neues, unendlich schöneres Leben dämmerte herauf. Zwar erforderte es viel Nachdenken und endlose Geduld von seiten Weedon Scotts, um es fertig zu bringen; denn für Wolfsblut war es nichts Geringeres als eine vollständige Umwälzung seines Wesens. Er mußte sich den Mahnungen des Instinkts und des Verstandes verschließen, mußte der Erfahrung gegenüber treu bleiben, kurz, sein bisheriges Leben Lügen strafen. Sein früheres Leben bot nicht nur wenig Ähnlichkeit mit dem jetzigen dar, sondern es war diesem direkt entgegengesetzt, und er hatte sich in viel höherem Grade darin zurecht zu finden als damals, da er freiwillig aus der Wildnis zu dem Grauen Biber zurückgekehrt war und diesen wieder zu seinem Herrn erkoren hatte. Damals war er noch ein junges Hündchen gewesen, weich und formlos, das sich willig der Hand der Verhältnisse überlassen hatte, damit sie ihm Form verliehe. Nun war das anders. Die äußern Umstände hatten ihr Werk getan, hatten ihn hart und grimmig, unliebenswürdig und unbeliebt gemacht, kurz, zu Wolf, dem Preiskämpfer. Eine Umwandlung seines Lebens mußte darum eine völlige Wiedergeburt sein, und das zu einer Zeit, wo die Formbarkeit der Jugend vorüber, wo die Fibern

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