Gesammelte Werke. Джек Лондон
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„Köchlein!" rief Wolf Larsen mit leiser Stimme. Thomas Mugridge erschien mit einer erbarmenswert kläglichen Miene. „Nimm die Focktalje und halt sie quer, und wenn die Schot glatt geht, dann ist es gut, und du kommst hübsch mit der Talje her. Und wenn du Unsinn machst, dann wird es der letzte sein, den du je gemacht hast. Verstanden? - Herr van Weyden, halten Sie sich fertig, die Vorsegel übergehen zu lassen. Dann springen Sie nach oben und breiten die Toppsegel aus, so schnell es mit Gottes Hilfe geschehen kann - je schneller Sie machen, desto leichter geht es. Und wenn der Koch nicht fix macht, dann geben Sie ihm eins zwischen die Augen."
Ich verstand das Kompliment und war froh, daß keine Drohungen meine Unterweisungen begleiteten. Wir lagen hart nach Nordwest, und es war seine Absicht, beim ersten Windstoß zu halsen.
„Wir kriegen die Brise in die Dillen", erklärte er mir. „Nach den letzten Schüssen müssen die Boote sich südwärts gewandt haben."
Er drehte sich um und schritt nach achtern ans Rad. Ich ging nach vorn und stellte mich an den Klüver. Ein zweites Lüftchen kam und ging, und noch eines. Die Leinwand schwang sich träge.
„Gott sei Dank, es kommt nicht auf einmal, Herr van Weyden!" lautete der inbrünstige Stoßseufzer des Cockneys.
Und ich war in der Tat dankbar, denn ich hatte inzwischen genug gelernt, um zu wissen, was für ein Unglück geschehen konnte, wenn in einem solchen Falle alle Segel gesetzt waren. Das Säuseln wurde zu Windstößen, die Segel blähten sich, die Ghost bewegte sich. Wolf Larsen packte das Rad, drehte es hart nach Backbord, und wir begannen abzufallen.
Der Wind kam jetzt direkt von achtern, knurrend und mit immer stärkeren Stößen, so daß meine Toppsegel lustig flatterten. Ich sah nicht, was anderswo vorging, wenn ich auch an dem plötzlichen Rollen und Überkrängen des Schoners und an dem Umstand, daß der Wind jetzt von der andern Seite kam, merkte, daß Fock- und Großsegel herumgeschwungen waren. Ich hatte alle Hände voll zu tun mit Klüver und Stagsegel, und als dieser Teil meiner Aufgabe gelöst war, sprang die Ghost nach Südwest, den Wind in den Dillen und alle Schote steuerbord. Ohne Atem zu schöpfen - obwohl mein Herz vor Anstrengung wie ein Hammerwerk schlug -, sprang ich zu dem Toppsegel hinauf, und ehe der Wind zu stark geworden war, hatten wir sie gesetzt und standen wieder auf Deck. Dann ging ich nach achtern, um weitere Befehle entgegenzunehmen. Wolf Larsen nickte beifällig und überließ mir das Rad. Der Wind nahm beständig zu, und die See stieg. Eine Stunde lang steuerte ich, und in dieser Stunde wurde es mit jedem Augenblick schwerer. Ich hatte keine Übung, bei der Schnelligkeit, mit der wir jetzt fuhren, und mit dem Wind in den Dillen, zu steuern.
„Jetzt gehen Sie mit dem Glas nach oben, und sehen Sie nach, ob Sie einige von den Booten finden. Wir haben wenigstens zehn Knoten gemacht und machen jetzt zwölf bis dreizehn. Das alte Mädchen weiß, was es zu tun hat."
Ich kletterte auf die vordere Dwarssaling, rund fünfundzwanzig Meter über Deck. Wie ich über die weite Fläche vor mir blickte, wurde mir die Notwendigkeit klar, daß wir uns beeilen mußten, wenn wir überhaupt noch jemand von der Mannschaft finden wollten. Beim Anblick der schweren See, die wir durchführen, zweifelte ich tatsächlich, daß sich noch ein Boot auf dem Meer befand. Es schien mir unmöglich, daß ein so gebrechliches Fahrzeug diesem Ansturm von Wind und Wogen widerstehen könnte.
Ich konnte die volle Gewalt des Sturmes nicht fühlen, denn wir liefen mit ihm; aber von meinem luftigen Sitz sah ich auf die Ghost hinunter und sah ihre Form sich im Fahren scharf von der schäumenden See abheben. Zuweilen hob sie sich und durchschnitt eine schwere Woge, daß die Steuerbordreling verschwand und das Deck bis zu den Luken von dem kochenden Ozean bedeckt war. Dann konnte ich infolge des Rollens nach Luv plötzlich mit schwindelerregender Schnelligkeit durch die Luft sausen, als ob ich am Ende eines ungeheuren umgekehrten Pendels hing, dessen Schwingungen zwanzig Meter oder noch mehr betrugen.
Einmal überwältigte mich das Entsetzen über dies schwindelnde Kreisen, und sekundenlang klammerte ich mich mit Händen und Füßen an, schwach und zitternd, unfähig, das Meer nach den vermißten Booten abzusuchen, und ohne etwas anderes von ihm zu wissen, als daß es brüllend unter mir die Ghost zu überwältigen suchte.
Aber der Gedanke an die Männer dort draußen rüttelte mich auf, und in der Suche nach ihnen vergaß ich mich selbst. Eine Stunde lang sah ich nichts als das öde, trostlose Meer. Da erblickte ich an einer Stelle, wo ein unsteter Lichtstrahl den Ozean traf und die Oberfläche in schäumendes Silber verwandelte, einen kleinen schwarzen Punkt, der in einem Augenblick himmelwärts geschleudert wurde und dann verschwand. Ich wartete geduldig. Wieder tauchte der schwarze Punkt in dem silbernen Gischt, ein paar Strich backbord vorm Bug, auf. Ich versuchte nicht erst zu rufen, sondern übermittelte Wolf Larsen die Nachricht durch Schwingen der Arme. Er änderte den Kurs, und als der Punkt sich jetzt gerade voraus zeigte, signalisierte ich, daß es stimmte.
Der Punkt wuchs, und zwar so schnell, daß ich erst jetzt unserer eigenen Schnelligkeit ganz inne wurde. Wolf Larsen machte mir Zeichen hinunterzukommen, und als ich neben ihm am Rade stand, unterwies er mich, wie ich backbrassen sollte.
„Machen Sie sich darauf gefaßt, daß die ganze Hölle losbricht", warnte er mich, „aber kümmern Sie sich nicht darum. Sie haben Ihre Arbeit zu tun und lassen Köchlein an der Fockschot stehen."
Ich bahnte mir meinen Weg nach vorn, aber es war kein großer Unterschied, welche Seite ich benutzte, da die Luvreling genau wie die Leeseite unter Wasser begraben wurde.
Nachdem ich Thomas Mugridge angewiesen hatte, was er tun sollte, kletterte ich ein Stück weit in die vordere Takelung. Das Boot war jetzt ganz nahe, und ich konnte genau sehen, wie es mit dem Bug gerade im Winde lag und Mast und Segel über Bord geworfen hatte und treiben ließ, um sie als Seeanker zu benutzen. Die drei Männer schöpften das Wasser aus. Jede Woge entzog sie dem Blick, und ich wartete erregt und von der Furcht gepackt, sie nie wieder auftauchen zu sehen. Das Boot konnte plötzlich auf einem schäumenden Wellenkamm in die Luft schießen, so daß der Bug himmelwärts zeigte und ich den ganzen Boden sah, bis es auf dem Heck zu stehen schien. Dann sah ich einen Augenblick die mit wahnsinniger Hast schöpfenden Männer. In der nächsten Sekunde stürzte das Boot vornüber in das gähnende Tal, und die ganze Seite mit dem Achterende stand senkrecht in der Luft. Jedesmal, wenn es wieder zum Vorschein kam, erschien es mir wie ein Wunder.
Die Ghost änderte plötzlich ihren Kurs, und mich durchfuhr der Gedanke, Wolf Larsen könne die Rettung als unmöglich aufgegeben haben. Dann aber sah ich, daß er sich fertigmachte beizudrehen, und sprang aufs Deck, um bereit zu sein. Wir lagen jetzt gerade vor dem Wind, und das Boot befand sich in der gleichen Höhe wie wir. Ich fühlte, wie wir plötzlich stillstanden, eine schnelle, drehende Bewegung, und wir fuhren gerade in den Wind hinein. Als wir im rechten Winkel lagen, packte er uns mit voller Gewalt. Unglücklicherweise kehrte ich ihm zufällig das Gesicht zu. Wie eine Mauer prallte er gegen mich an und füllte mir die Lunge mit Luft, die ich nicht imstande war auszuatmen. Ich wollte ersticken - da krängte die Ghost nach vorn über, und in diesem Augenblick sah ich, wie eine ungeheure See sich hoch über meinem Kopfe erhob. Ich wandte mich seitwärts, schöpfte tief Atem und blickte wieder hin. Die Woge überragte die Ghost, und ich blickte gerade zu ihr empor. Ein Sonnenstrahl streifte den brechenden Rand, und ich sah einen halb durchsichtigen grünen Schimmer mit milchiger Schaumkante.Dann kam sie herab. Die Hölle brach los - alles geschah auf einmal.