Gesammelte Werke. Джек Лондон

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Gesammelte Werke - Джек Лондон

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mußte beinahe oben sein, wenn ich ihn auch nicht sehen konnte. Allein sichtbar war der Klumpen von Männern, die sich an ihn klammerten. Der Klumpen zappelte wie eine ungeheure Spinne mit vielen Beinen und schwankte hin und her mit dem Rollen des Schiffes. Aber Stück für Stück, mit langen Pausen dazwischen, hob sich der Klumpen. Einmal taumelte er und schien herabzustürzen, aber er gewann den verlorenen Halt wieder und kroch weiter.

      „Wer ist da?" rief Latimer.

      Im Schein der Laterne konnte ich sein bestürztes Gesicht herabblicken sehen.

      „Larsen", hörte ich eine gedämpfte Stimme inmitten des Klumpens. Latimer streckte die freie Hand herab. Ich sah eine andere Hand emporschnellen und die seine packen. Latimer zog, und die nächsten Stufen wurden im Sturm genommen. Dann streckte sich die andere Hand Wolf Larsens empor und umklammerte den Rand der Luke. Der Klumpen pendelte zurück, und die Treppe war frei, während die Männer noch an dem fliehenden Feinde hingen. Sie begannen abzufallen, einige wurden von dem scharfen Lukenrand abgefegt, andere mit den Füßen fortgestoßen. Leach war der letzte, der losließ. Er fiel kopfüber auf seine am Boden krabbelnden Kameraden. Wolf Larsen und die Laterne verschwanden; wir blieben im Dunkeln zurück.

      Fluchen und Jammern ertönte, als die Männer am Fuße der Treppe wieder auf die Füße zu kommen versuchten.

      „Kann nicht jemand ein Streichholz anzünden, mein Daumen ist ausgerenkt", rief einer der Leute, ein dunkelhäutiger, melancholischer Mann namens Parsons, Standishs Steuerer -in demselben Boot, dessen Puller Harrison war.

      „Die liegen irgendwo am Mastfuß herum", sagte Leach und setzte sich auf den Rand seiner Koje, in der ich mich verkrochen hatte. Man suchte nach Streichhölzern, dann wurde eines angezündet, und die Lampe flackerte auf, trübe und rauchig. In ihrem geisterhaften Schein bewegten sich barfüßige Männer und sahen nach ihren Wunden. Oofty-Oofty packte Parsons' Daumen, zog daran und ließ ihn wieder ins Gelenk schnappen. Dabei bemerkte ich, daß der Knöchel des Kanaken aufgeschlitzt und der Knochen bloßgelegt war. Er zeigte die Wunde und erklärte mit einem Grinsen, das seine prachtvollen Zähne freilegte, er hätte sie bekommen, als er Larsen auf den Mund schlug.

      „Also du warst es, du schwarzer Schurke?" fragte Kelly kriegerisch. Er war ein geborener Irländer, ein Leichtmatrose, der seine erste größere Reise machte und Kerfoots Ruderer war.

      Bei dieser Frage spuckte er eine Handvoll Blut und Zähne aus und drängte sich mit streitsüchtiger Miene an Oofty-Oofty heran. Der Kanake sprang in seine Koje, war mit einem zweiten Satz wieder da und schwang ein langes Messer.

      „Ach, leg dich nieder, sonst setzt es was", mischte Leach sich ein. Trotz seiner Jugend und Unerfahrenheit gab er offenbar in der Back den Ton an.

      „Geh, Kelly, laß Oofty in Ruhe. Wie sollte er denn im Dunkeln erkennen, daß du es warst?"

      Kelly murmelte noch etwas und beruhigte sich dann, während der Kanake dankbar lächelnd die weißen Zähne fletschte. Er war ein schönes Geschöpf und wirkte beinahe weiblich durch die angenehmen Linien seiner Gestalt. Sanftmut und Verträumtheit lagen in seinen großen Augen, die seinen wohlverdienten Ruf für Streit- und Rauflust Lügen zu strafen schienen.

      „Wie ist er entwischt?" fragte Johnson.

      Er saß auf dem Rande seiner Koje, seine ganze Stellung drückte äußerste Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit aus. Er atmete noch schwer von der Anstrengung. Das Hemd war ihm im Kampfe völlig vom Leibe gerissen, und das Blut troff ihm aus einer klaffenden Wunde in der Backe auf die nackte Brust hinab, zeichnete eine rote Bahn auf seinem weißen Schenkel und tropfte auf den Boden.

      „Weil er der Teufel selber ist, wie ich immer gesagt habe", meinte Leach, dann sprang er, wütend über die Enttäuschung und mit Tränen in den Augen, auf.

      „Und nicht einer von euch konnte ein Messer bringen!" klagte er immer wieder.

      Aber die andern hatten große Furcht vor den zu erwartenden Folgen und achteten nicht auf ihn.

      „Wie kann er wissen, wer's war? " fragte Kelly und sah sich mit einem blutgierigen Blick um, „es sei denn, daß einer von euch aus der Schule schwatzte."

      „Er braucht euch ja nur anzusehen", entgegnete Parsons, „ein Blick genügt ihm."

      „Erzähl ihm, daß das Deck hochprellte und dir die Zähne aus dem Munde schlug", grinste Louis. Er war der einzige, der nicht aus seiner Koje herausgekommen war, und er freute sich, weil er keine Wunden hatte, die verraten konnten, daß er bei dieser Nachtarbeit beteiligt gewesen war. „Wartet nur, bis er eure Fratzen morgen gesehn hat", gluckste er.

      „Wir sagen, daß wir ihn für den Steuermann hielten", meinte einer.

      Und ein anderer erklärte: „Ich weiß, was ich sagen werde: daß ich Lärm hörte, aus der Koje sprang, zum Dank für meine Mühe eins aufs Maul kriegte und so in die Geschichte hinein-gezerrt wurde. Ich konnte nicht sehen, was und wer es war, und schlug um mich."

      „Und da hast du mich natürlich getroffen", fiel Kelly ein, und sein Gesicht hellte sich einen Augenblick auf. Leach und Johnson beteiligten sich nicht an der Unterhaltung, es war klar, daß ihre Kameraden sie als Leute ansahen, für die das Schlimmste unvermeidlich, ja, deren Lage hoffnungslos war, und die bereits als tot zu betrachten waren.

      Eine Weile hörte Leach ihre Befürchtungen und Vorwürfe mit an. Dann aber brach er los: „Ihr langweilt mich! Schöne Genossen seid ihr! Wenn ihr etwas weniger geschwatzt und etwas mehr getan hättet, dann wäre es jetzt geschafft. Warum konnte mir nicht einer, nur ein einziger, ein Messer geben, als ich danach rief? Jetzt jammert und klagt ihr, als ob er euch totschlagen würde, wenn er euch erwischte! Ihr wißt verdammt gut, daß er das nicht tun wird. Er kann es gar nicht. Hier gibt es keinen Heuerbaas, und er braucht euch bei seinem Geschäft, ihr seid ihm unentbehrlich. Wer sollte pullen und steuern und Segel setzen, wenn er euch verlöre? Ich und Johnson werden die Suppe auszulöffeln haben. Jetzt geht in eure Kojen, und haltet den Mund, ich möchte ein bißchen schlafen."

      „Das ist schon richtig, ganz richtig", meinte Parsons. „Mag sein, daß er uns nichts tut, aber denkt an meine Worte: Von heute an wird dieses Schiff ein Zuchthaus sein."

      Die ganze Zeit war ich mir über meine eigene schwierige Lage klargewesen. Was geschah, wenn die Leute meine Gegenwart entdeckten? Ich konnte mich nicht durchschlagen wie Wolf Larsen.

      Und in diesem Augenblick rief Latimer durch die Luke herab: „Hump! Der Alte braucht dich!"

      „Hier ist er nicht!" rief Parsons zurück.

      „Doch ist er hier!" sagte ich und bemühte mich, meine Stimme fest erklingen zu lassen.

      Die Matrosen blickten mich bestürzt an. Starke Furcht prägte sich auf ihren Zügen aus und daneben die Folge der Furcht: Teufelei.

      „Ich komme!" rief ich Latimer zu.

      „Nein, das wirst du nicht!" rief Kelly und trat zwischen mich und die Treppe, während seine Rechte sich in eine Klaue verwandelte, die bereit war, mich zu erwürgen. „Du verdammter kleiner Duckmäuser! Ich werde dir das Maul stopfen."

      „Laß ihn gehen!" befahl Leach.

      „Nein, und wenn es das Leben gälte", lautete die zornige Erwiderung.

      Leach blieb unverändert auf dem Rande seiner Koje sitzen. „Laß ihn gehen, sage ich!" wiederholte er; aber diesmal war seine Stimme kernig und metallisch.

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